Allgemeines

 

(1) 1Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung sind Rückstellungen zu bilden für

 

1.

ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB ),

 

2.

im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB ), und

 

3.

Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB ),

soweit steuerliche Sondervorschriften, z. B. § 5 Abs. 3, 4 und 6, § 6 a EStG und § 50 Abs. 2 Satz 4 und 5 DMBilG, dem nicht entgegenstehen. 2Besteht handelsrechtlich ein Wahlrecht zur Bildung einer Rückstellung (§ 249 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 HGB ), darf die Rückstellung steuerrechtlich nicht gebildet werden (→BFH vom 25. 8. 1989 - BStBl II S. 893).

Ungewisse Verbindlichkeiten

Grundsätze

 

(2) Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten darf nur gebildet werden, wenn

 

1.

es sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten oder eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt (→Absatz 3),

 

2.

die Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag verursacht ist (→Absatz 4) und

 

3.

mit einer Inanspruchnahme aus einer nach ihrer Entstehung oder Höhe ungewissen Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist (→Absatz 5).

Rechtliches Entstehen

 

(3) 1Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt eine Verpflichtung gegenüber einem anderen voraus (→BFH vom 13. 11. 1991 - BStBl 1992 II S. 177). 2Eine Verpflichtung, z. B. eine Abrechnungsverpflichtung, die nur einen geringen Aufwand erfordert, führt unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit nicht zur Rückstellungsbildung (→BFH vom 25. 2. 1986 - BStBl II S. 788). 3Aufwandsrückstellungen können nicht in der Steuerbilanz gebildet werden (Ausnahmen →Absatz 12). 4Auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen können Grundlage für eine Rückstellung sein; zur Abgrenzung von nicht zulässigen reinen Aufwandsrückstellungen ist jedoch Voraussetzung, daß die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, d. h. es muß regelmäßig ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben und an die Verletzung der Verpflichtung müssen Sanktionen geknüpft sein (→BFH vom 25. 3. 1992 - BStBl II S. 1010). 5Allgemeine öffentliche Leitsätze, z. B. die Verpflichtung der Wohnungsbauunternehmen, im Interesse der Volkswirtschaft die errichteten Wohnungen zu erhalten, rechtfertigen keine Rückstellungen (→BFH vom 26. 5. 1976 - BStBl II S. 622). 6Rückstellung für Leistungen auf Grund eines Sozialplans nach den §§ 111, 112 des Betriebsverfassungsgesetzes sind im allgemeinen ab dem Zeitpunkt zulässig, in dem der Unternehmer den Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung nach § 111 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes unterrichtet hat. 7Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung liegen am Bilanzstichtag auch vor, wenn der Betriebsrat erst nach dem Bilanzstichtag, aber vor der Aufstellung oder Feststellung der Bilanz unterrichtet wird und der Unternehmer sich bereits vor dem Bilanzstichtag zur Betriebsänderung entschlossen oder schon vor dem Bilanzstichtag eine wirtschaftliche Notwendigkeit bestanden hat, eine zur Aufstellung eines Sozialplans verpflichtende Maßnahme durchzuführen. 8Soweit vorzeitig betriebliche Pensionsleistungen bei alsbaldigem Ausscheiden infolge der Betriebsänderung erbracht werden, richtet sich die Rückstellungsbildung ausschließlich nach § 6 a EStG. 9Die vorstehenden Grundsätze gelten sinngemäß für Leistungen, die auf Grund einer auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruhenden vergleichbaren Vereinbarung zu erbringen sind.

Wirtschaftliche Verursachung

 

(4) 1Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind erstmals im Jahresabschluß des Wirtschaftsjahrs zu bilden, in dem sie wirtschaftlich verursacht sind. 2Die Annahme einer wirtschaftlichen Verursachung setzt voraus, daß der Tatbestand, an den das Gesetz oder der Vertrag die Verpflichtung knüpft, im wesentlichen verwirklicht ist (→BFH vom 12. 12. 1991 - BStBl 1992 II S. 600). 3Die Erfüllung der Verpflichtung darf nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern muß auch Vergangenes abgelten (→BFH vom 25. 8. 1989 - BStBl II S. 893). 4Aus diesem Grund ist bei Verpflichtungen, die eng mit der künftigen Gewinnsituation des Unternehmens verknüpft sind, eine Rückstellung erst in den Jahren zulässig, in denen die Gewinne entstehen, aus denen die Verbindlichkeit zu tilgen ist (→BFH vom 30. 3. 1993 - BStBl II S. 502).

Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme

 

(5) 1Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen in tatsächlicher Hinsicht voraus, daß die Verbindlichkeiten, die den Rückstellungen zugrunde liegen, entstanden sind oder mit einiger Wahrscheinlichkeit entstehen werden und der Steuerpflichtige ernsthaft damit rechnen muß, in Anspruch genommen zu werden, z. B. weil er am Bilanzs...

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