Leitsatz
Die Klägerin hatte neben weiteren Nachlassteilen betriebliches Vermögen (KG) geerbt und 3 Jahre lang teilweise unter Einsatz eigenen Vermögens versucht, die Fortführung der KG zu sichern. Nach dieser Zeit wurde die Gesellschaft jedoch wegen Insolvenz aufgelöst. Die Klägerin begehrt einen Teilerlass der Erbschaftssteuer für das untergegangene Betriebsvermögen aus sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen. Dies hat das Finanzamt zu Recht abgelehnt, da die Motive für die Betriebsaufgabe nicht beachtlich sind und die Klägerin auf Grund des weiteren ererbten Vermögens nicht erlassbedürftig ist.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Alleinerbin ihres 1996 verstorbenen Ehemannes. Zum Nachlass gehörte u.a. die Beteiligung an einer KG, die die Klägerin zunächst fortführte. Auf Grund eines eingeleiteten Insolvenzverfahrens wurde die Gesellschaft jedoch 1999 aufgelöst. Zur Rettung des Betriebes hatte die Klägerin in den Jahren 1996 bis 1999 Einlagen in Höhe von ca. 4,6 Mio. DM in die KG eingebracht, wofür der Grundbesitz größtenteils habe verkauft werden müssen. Ferner hatte sie eigenes vorhandenes Vermögen mit eingesetzt. Nunmehr besitzt die Klägerin lediglich noch zwei Immobilien, die unverkäuflich und daher relativ wertlos seien.
Mit Erbschaftssteuerbescheid von 2001, wonach die Klägerin Erbschaftssteuer von ca. 275.000 DM zu zahlen hat, bewertete das Finanzamt die Beteiligung an der KG mit ca. 520.000 DM (Betriebsvermögen) und ca. 136.000 DM für das Sonderbetriebsvermögen. Der zu Grunde gelegte Reinnachlass betrug ca. 3,5 Mio. DM.
Im Jahre 2003 beantragte die Klägerin den teilweisen Erlass der Erbschaftssteuer in Höhe von ca. 50.000 € aus Billigkeitsgründen gemäß § 13 a ErbStG; Erlassbedürftigkeit und -würdigkeit der Klägerin, die den Betrieb auf Grund der Insolvenz verloren habe, seien gegeben. Der beantragte Teilerlass wurde mit der Begründung abgelehnt, dass alle Fälle der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe, einerlei, ob freiwillig oder erzwungen, nach § 13 a Abs. 5 ErbStG gleich zu behandeln seien. Welche Beweggründe zur Aufgabe geführt hätten, sei nach dem Gesetzeszweck unmaßgeblich. Auch ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen scheide aus, da die Klägerin noch über teilweise unbelasteten Grundbesitz sowie Bankguthaben von 459.000 € verfüge.
Entscheidung
Das beklagte Finanzamt hat den beantragten Steuererlass ermessensfehlerfrei abgelehnt. Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach der Lage des einzelnen Falls unbillig wäre, unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden, § 227 AO.
Eine Unbilligkeit kann aus sachlichen Gründen gegeben sein, wenn die Geltendmachung dem Gesetzeszweck zuwiderliefe. Dies ist anzunehmen, wenn nach dem Willen des Gesetzgebers die Frage im Sinne der Billigkeitsmaßnahme entschieden worden wäre. Umstände, die der Gesetzgeber jedoch bei der Ausgestaltung einer Vorschrift bewusst in Kauf genommen hat, stehen einem Erlass entgegen.
Im Streitfall führt der Verlust des Betriebsvermögens nicht zu einer Unbilligkeit des Steueranspruchs aus sachlichen Gründen. Der Wegfall der Steuerbefreiung tritt unabhängig davon ein, aus welchen Gründen der Betrieb aufgegeben worden ist, d.h. die Nachversteuerung ist auch im Falle der Insolvenz vom Gesetzeszweck bzw. dem gesetzgeberischen Willen gedeckt. Die Insolvenz ist regelmäßig mit einem Vermögensverlust verbunden. Jede unternehmerische Entscheidung bewegt sich zudem in einem Spannungsfeld zwischen Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit des Selbständigen und der Bindung an Marktmechanismen. Es ist zudem nicht mit hinreichender Sicherheit möglich zu überprüfen, ob unternehmerische Entscheidungen "erzwungen" worden sind. Die von der Klägerin getroffenen Entscheidungen hinsichtlich weiterer Kapitalzuführungen sind vom Finanzamt weder auf ihre "Freiwilligkeit" noch Zweckmäßigkeit hin prüfbar, was auch für die weiteren, zur Insolvenz führenden Umstände gilt. Der Verlust der Einlagen ist nicht als sachlicher Billigkeitsgrund anzusehen.
Das Förderungsziel der Vorschrift, die Erleichterung der Betriebsfortführung, wird objektiv verfehlt, wenn der Betrieb innerhalb der festgelegten Fünf-Jahres-Frist veräußert oder aufgegeben wird. Der Gesetzgeber darf dabei die Motive für die objektive Zielverfehlung außer acht lassen; diese sind bewusst nicht geregelt und folglich unbeachtlich. Sind die Motive jedoch bei Anwendung des § 13 a Abs. 5 ErbStG außer acht zu lassen, so können solche Umstände auch nicht als sachliche Billigkeitsgründe im Erlassverfahren Berücksichtigung finden.
Auch ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen kommt nicht in Betracht. Eine persönliche Unbilligkeit liegt nur dann vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichtet oder ernstlich gefährden würde. Das ist nur der Fall, wenn der Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr ...