Leitsatz
Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, ob den Klägern für ihren verheirateten Sohn, der seinerseits Vater ist, die Freibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG zustehen.
Sachverhalt
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bezogen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahr 2004 bezogen sie für die am 30.1.1986 geborene Tochter Kindergeld i.H.v. 1.848,00 EUR und für den am 17.12.1980 geborenen Sohn ebenfalls Kindergeld in dieser Höhe. Der Sohn ist seinerseits seit dem 30.12.2002 verheiratet und hat einen am 31.5.2003 geborenen Sohn. Für diesen bezog der Sohn der Kläger im Streitjahr ebenfalls Kindergeld i.H.v. 1.848,00 EUR. Darüber hinaus erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. brutto 18.100,00 EUR. Nach Abzug der Werbungskosten verblieb ein Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 12.326,00 EUR. Die Ehefrau des Sohnes hatte keine eigenen Einkünfte. Die Kläger unterstützten ihn mit monatlichen Zahlungen i.H.v. 650,00 EUR. In Ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 beantragten sie u.a. die Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages und eines Freibetrages zur Abgeltung eines Sonderbedarfs bei Berufsausbildung eines volljährigen Kindes. Im Rahmen der Veranlagung nahm der zuständige Bearbeiter des Finanzamts mit den Klägern Kontakt auf und teilte mit, dass die Freibeträge aufgrund der eigenen Einkünfte ihres Sohnes nicht gewährt werden könnten. Bei dieser Gelegenheit wurde ihnen mitgeteilt, dass die Kläger das Kindergeld wegen der Einkünfte des Sohnes zurückzahlen mussten.
Mit Bescheid vom 12.5.2005 wurde die ESt der Kläger auf 21.148,00 EUR festgesetzt. Dabei wurde ein Freibetrag für die Tochter i.H.v. 5.808,00 EUR berücksichtigt und bei der Berechnung der ESt das gezahlte Kindergeld i.H.v. 1.848,00 EUR hinzugerechnet. Für den Sohn wurden weder Freibeträge noch außergewöhnliche Belastungen noch das Kindergeld berücksichtigt. In dem Bescheid war hierzu aufgeführt, dass Unterhaltsleistungen wegen der Einkünfte und Bezüge der unterstützten Personen nicht berücksichtigt worden seien.
Gegen diesen Bescheid haben die Kläger Einspruch eingelegt, der als unbegründet zurückgewiesen wurde. Hierauf erhoben die Kläger Klage und beantragten, den Einkommensteuerbescheid für 2004 dahingehend zu ändern, dass die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG für den Sohn zuerkannt werden.
Entscheidung
Das FG hielt die Klage für begründet und vertrat die Auffassung, der Einkommensteuerbescheid für 2004 sei dahingehend zu ändern, dass der Kinderfreibetrag sowie der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsaufwand des Kindes gemäß § 32 Abs. 6 S. 1 und 2 EStG i.H.v. insgesamt 5.808,00 EUR zu berücksichtigen sei.
Nach dieser Vorschrift werde bei der Veranlagung zur ESt für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 1.824,00 EUR für das sächliche Existenzminimum des Kindes sowie ein Freibetrag von 1.080,00 EUR für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen. Bei Ehegatten, die nach §§ 26, 26b zusammen zur ESt veranlagt würden, verdoppelten sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis stehe. Letzteres sei bei dem Sohn der Fall.
Gemäß § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG sei jedes Kind zu berücksichtigen, das das 18. Lebensjahr vollendet und das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet habe und für einen Beruf ausgebildet werde. Weitere Voraussetzung gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG sei, dass die Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt und geeignet seien, nicht mehr als 7.680,00 EUR betrügen. Auch diese Voraussetzungen seien bei dem Sohn der Kläger erfüllt.
Die ihm nach Abzug diverser Positionen verbleibenden Einkünfte i.H.v. 10.568,00 EUR seien um die Unterhaltsleistungen an seinen Sohn (Enkelkind der Kläger) zu vermindern. Dabei sei das steuerliche Existenzminimum heranzuziehen. Es errechne sich aus dem Unterhaltsbedarf des Kindes mit dem durch das EStG festgesetzten Betrag für das sächliche Existenzminimum i.H.v. 3.648,00 EUR und dem Betreuungsbedarf i.H.v. 2.160,00 EUR, somit insgesamt 5.808,00 EUR. Hiervon sei das für das Enkelkind gezahlte Kindergeld abzuziehen.
Nach Auffassung des FG war dieser Differenzbetrag in vollem Umfang beim Sohn der Kläger anzusetzen, da seine Ehefrau keinerlei Einkünfte erziele. In ihrer Person könne daher keine Barunterhaltspflicht bestehen, da sie insoweit leistungsunfähig sei.
Der von ihr ggü. dem Enkel gewährte Naturalunterhalt führe nicht zu einer wirtschaftlichen Entlastung des Sohnes der Kläger, bei dem insoweit die volle Belastung liege. Aus diesem Grunde sei es gerechtfertigt, den vollen Kinderfreibetrag abzüglich des Kindergeldes in die Berechnung des Grenzbetrages mit einzubeziehen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 29.04.2008, 6 K 3889/05 E