Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG bei organschaftlicher Innenfinanzierung
Leitsatz (redaktionell)
Das teilweise Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG für Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Beteiligungserwerb ist auch dann anzuwenden, wenn Zinsaufwendungen von einer Organgesellschaft an den Organträger gezahlt werden (organschaftliche Innenfinanzierung).
Normenkette
KStG § 15 S. 1 Nr. 2, §§ 14, 17, 8b; EStG § 3c
Tatbestand
Mit Blick auf eine organschaftliche Innenfinanzierung ist streitig, ob das teilweise Abzugsverbot nach § 3c Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit § 15 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf solche Zinsaufwendungen anzuwenden ist, die die Klägerin als Organgesellschaft im Streitjahr (2016) an die Beigeladene als Organträgerin für ein Darlehen gezahlt hat, das dem Erwerb einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung diente.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), an der im Streitjahr allein die Beigeladene, eine Kommanditgesellschaft, beteiligt war. Die Beigeladene erzielt im Rahmen ihrer eigenen Tätigkeit ausschließlich gewerbliche Einkünfte.
Zwischen der Beigeladenen als Organträgerin und der Klägerin als Organgesellschaft bestand eine körperschaftsteuerliche Organschaft. An der Beigeladenen waren im Streitjahr nur natürliche Personen beteiligt.
Im Jahr 2014 erwarb die Klägerin X % der Anteile an der L S.A.S. (im Folgenden: S.A.S.) mit Sitz in N, einem französischen Überseegebiet. Zur Finanzierung des Beteiligungserwerbs stellte die Beigeladene der Klägerin per Verrechnungskonto am 17.04.2014 ein verzinsliches Termingeld mit jährlicher Verlängerung in Höhe von X. Euro zur Verfügung.
Im Streitjahr vereinnahmte die Klägerin X Euro aus der Beteiligung an der S.A.S. und zahlte an die Beigeladene Zinsen in Höhe von X Euro.
Steuerlich erklärte sie (in der Anlage OG) unter „Werte, die für die Besteuerung des Organträgers von Bedeutung sind” die Einnahmen als solche im Sinne des § 3 Nr. 40 EStG; unter „Betriebsvermögensminderung, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten und weitere Beträge im Sinne des § 3c Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG” erklärte sie die Zinsen nicht.
Mit Bescheid vom 11.05.2018 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer gegenüber der Klägerin mit 0 Euro fest. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom selben Tag stellte der Beklagte für das Streitjahr das dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft nach § 14 Abs. 5 KStG einheitlich und gesondert fest, wobei er die Einnahmen aus der Beteiligung an der S.A.S. in voller Höhe (X Euro) ansetzte; Feststellungen zu Beträgen nach § 3c Abs. 2 EStG enthielt der unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheid nicht.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) die Auffassung, dass der Zinsaufwand eine Betriebsausgabe im Sinne des § 3c Abs. 2 EStG darstelle. Dieser stehe im Zusammenhang mit dem Ertrag aus der Beteiligung der S.A.S.; Ertrag und Aufwand seien nach dem Teileinkünfteverfahren nur zu 60 % steuerlich zu berücksichtigen (Prüfungsbericht vom 28.06.2019, Textziffer 2.2 und Anlage 2). Daher seien auf Ebene der Beigeladenen (40 % von X Euro =) X Euro nicht abziehbar. Zur Begründung führte die GKBP aus:
- Das Einkommen der Klägerin sei nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln, bevor es der Beigeladenen als Organträgerin zugerechnet werde. Eine abweichende Regelung enthalte (jedoch) § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG. Danach werde die Freistellung von Beteiligungserträgen verhindert; das Einkommen sei insoweit unbereinigt zuzurechnen. Die steuerliche Behandlung erfolge auf Ebene der Organträgerin nach den für diese geltenden Vorschriften; für Beteiligungseinkünfte gelte also das Teileinkünfteverfahren und für damit zusammenhängende Betriebsausgaben die Vorschrift des § 3c Abs. 2 EStG.
- Die körperschaftsteuerliche Organschaft führe nicht dazu, dass von einem einheitlichen Unternehmen auszugehen sei. Die Organgesellschaft bleibe eigenständiges Steuersubjekt. Auf Ebene des Organträgers werde der zugerechnete Gewinn nicht als steuerlicher Gewinn der Organträgerin gezählt. Die gewerbesteuerlichen Besonderheiten ließen aber keine Übertragung auf den Streitfall zu. Gleiches gelte für die Regelungen zur Zinsschranke; hier sei in § 15 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG normiert, dass die Organträger und Organgesellschaft als ein Betrieb gelten.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ am 16.09.2019 auf Grundlage des § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) einen entsprechend geänderten Bescheid und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Dagegen legte die Beigeladene (am 11.10.2019 mit einem von einem Mitarbeiter der Steuerabteilung und am 14.10.2019 durch ein durch den Bevollmächtigten der Beigeladenen und der Klägerin unterzeichnetes Schreiben) Einspruch ein. Der Beklagte behandelte den Einspruch als solchen der Klägerin und der Beigeladenen (vg...