Leitsatz
Die Kläger hatten in ihren Einkommenssteuererklärungen die Gewährung von Freibeträgen für die Abfindung weichender Erben beantragt, die zunächst auch gewährt wurden. Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass der Hof als betrieblicher Organismus in seinem Kern nicht erhalten blieb, so dass die steuerlichen Vergünstigungen rückwirkend und für den aktuellen Bescheid versagt worden sind.
Sachverhalt
Streitig ist die Frage, ob ein Freibetrag nach § 14a Abs. 4 EStG im Zusammenhang mit der Abfindung weichender Erben zu gewähren ist. Die Kläger sind verheiratet und haben drei Kinder. Der Kläger betrieb bis 1991 einen landwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. Höfeordnung. In den Folgejahren gab er den größten Teil seiner Flächen ab. Neben der Veräußerung an Dritte übertrug er Flächen in der Größe von 1.400 qm bzw. 918 qm an die Tochter bzw. den Sohn. Der Hofvermerk nach der Höfeordnung ist gelöscht worden.
Die Kläger haben sich in einem 2005 errichteten Testament gegenseitig zu Erben und den weiteren Sohn H zum Schlusserben eingesetzt. Der Längstlebende sollte die Schlusserbenfolge jedoch noch ändern dürfen. Der Sohn H sollte den landwirtschaftlichen Betrieb als Landgut i.S.d. Höfeordnung erhalten.
In den Steuererklärungen 1997 bis 1999 beantragten die Kläger jeweils die Berücksichtigung von Freibeträgen für die Abfindung weichender Erben nach § 14a Abs. 4 EStG. Mit den Einkommenssteuerbescheiden für 1997 und 1998 berücksichtigte der Beklagte die Freibeträge erklärungsgemäß. Im Rahmen der Veranlagung für 1999 meinte der Beklagte, es sei eine Betriebsaufgabe erfolgt, und setzte für 1999 keinen Freibetrag an. Außerdem wurden die bisher gewährten Freibeträge für 1997 und 1998 wieder aberkannt. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage.
Entscheidung
Der Gewinn aus der Veräußerung oder Entnahme von Grund und Boden eines landwirtschaftlichen Betriebes wird nur dann zur Einkommenssteuer herangezogen, wenn er den Betrag von 120.000 DM übersteigt und innerhalb der nächsten 12 Monate zur Abfindung weichender Erben verwendet wird.
Die Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrages liegen in diesem Falle jedoch nicht vor, da der Hof nicht als betrieblicher Organismus in seinem Kern erhalten blieb und daher nicht auf den Hoferben übertragen werden konnte. Ziel des § 14a Abs. 4 EStG ist es, den Fortbestand eines landwirtschaftlichen Betriebs bei der Generationennachfolge dadurch zu sichern, dass durch die Abfindungen für weichende Erben nicht noch stärker in die Substanz des verbleibenden Betriebs eingegriffen werden muss, um die anfallenden Steuern auf die Gewinne zu begleichen. Dieser Begünstigungszweck der Norm wird dann verfehlt, wenn der verkleinerte Restbetrieb nicht in seinem Kern bestehen bleibt und nicht mehr als Existenzgrundlage dienen kann. Den Abfindungen muss demnach eine Tendenz zur Betriebserhaltung zugrunde liegen und es muss die Identität des Betriebes gewahrt bleiben, was vorliegend nicht der Fall ist, da von den ursprünglichen Eigentumsflächen nach den Übertragungsvorgängen weniger als 9 % verblieben sind. Rechnet man die Zupachtflächen noch hinzu, so sind 98 % des vormaligen Bestandes aufgegeben, so dass die die Identität des bisherigen Betriebes prägenden Betriebsgrundlagen weggegeben worden sind. Darüber hinaus bestreitet der Hoferbe H seinen Lebensunterhalt durch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass eine Fortführung des bisherigen Betriebs nicht angestrebt wird.
Darüber hinaus wird der Freibetrag nur im Zusammenhang mit einer Abfindung der weichenden Erben gewährt. Diese Abfindung erfolgt entweder in Geld oder aber mit einem geringeren Flächenbestand, als ihn der Hoferbe erhält. Vorliegend erhielt der weitere Sohn als weichender Erbe jedoch eine Abfindung in Form einer Ackerfläche von ca. 3,8 ha Größe. Die Kläger können an den Hoferben H aber maximal noch eine Fläche von knapp 1 ha übertragen. Damit ist der Abfindungscharakter nicht gewahrt.
Schließlich fehlt es bei den Flächenübertragungen auch an einem sachlichen Zusammenhang mit der Hoferbfolge. Dieser muss zum Zeitpunkt der Übertragungen vorliegen, und es muss Klarheit darüber herrschen, dass der Empfänger sich diese Zuwendung als Abfindung bei der Hofübergabe anrechnen lassen muss. Daran fehlt es vorliegend, da die Kläger zum Zeitpunkt der Übergabe weder testiert noch sonstige erbrechtliche Vereinbarungen mit den Kindern, die einen Verzicht auf die Hoferbfolge bewirken, getroffen hatten.
Bei der Einkommenssteuerveranlagung 1999 war daher kein Freibetrag nach §14a Abs. 4 EStG zu gewähren. Die Änderung der Einkommenssteuerbescheide 1997 und 1998 ist gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zulässig, da ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit vorliegt.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.12.2005, 16 K 20238/03