Leitsatz

Ein echter Gewinnvorab setzt voraus, dass die Gesellschafter bei Verfehlen der Gewinnziele zur Rückzahlung verpflichtet sind. Anderenfalls liegt eine Tätigkeitsvergütung (und damit Einkünfte aus (nicht)selbständiger Arbeit) vor.

 

Sachverhalt

Eine GmbH war Komplementärin einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG, die ihre Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Immobilien erzielte. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass die Komplementärin eine jährliche Vergütung als Ausgleich für die Übernahme der persönlichen Haftung bekommen sollte. Bis Ende 2006 blieb die Auszahlung der Vergütung aus. Bei der Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung für 2006 erhöhte die GmbH & Co. KG ihren Verlust jedoch um die vereinbarte Haftungsvergütung.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg musste die Frage klären, wie die Haftungsvergütung steuerlich zu behandeln war.

 

Entscheidung

Das FG Berlin-Brandenburg erkannte die geltend gemachte Zahlungspflicht nicht als verlustmindernd an. Die Rechtsprechung zur Unterscheidung vom Gewinnvorab und Sondervergütung für bestimmte Tätigkeiten gelte zwar auch für die vermögensverwaltende Personengesellschaft. Danach seien Sondervergütungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Leistungsaustausches zu versteuern, während die Entnahme auf den Gewinnanteil nichtsteuerbar sei. Bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sei die Haftungsvergütung aber unabhängig von ihrer Qualifikation aber steuerlich nicht anzuerkennen, wenn die Personengesellschaft weder einen Überschuss noch Einnahmen in Höhe der vereinbarten Vergütung erzielt habe und die Vergütung tatsächlich auch nicht ausgezahlt worden sei. Ansonsten werde wegen einer vertraglichen Verpflichtung ein Zufluss unterstellt und besteuert, den es gar nicht gab.

 

Hinweis

Das Urteil des FG bedeutet für vermögensverwaltende GmbH & Co. KG, dass die Haftungsvergütung sicherheitshalber tatsächlich ausbezahlt werden muss. Eine bloße Verrechnung wird nach diesem Urteil kritisch zu sehen sein. Interessant ist das Urteil aber vor allem deshalb, weil es die Abgrenzung zwischen Gewinnvorab und Tätigkeitsvergütung betont. Die Beteiligung von Gesellschaftern am Gewinn ihrer Gesellschaft ist möglich in Form (i) einer gewinnabhängigen Auszahlung, die auch als Vorabentnahme gestaltet werden kann (sog. Gewinnvorab) oder (ii) als gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütung.

Während ein Gewinnvorab als Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb nach § 15 EStG zu besteuern sind, handelt es sich bei der Tätigkeitsvergütung um Einkünfte aus (nicht)selbstständiger Tätigkeit gemäß §§ 18 oder 19 EStG, die zudem umsatzsteuerpflichtig sein kann.

Je nach Fallgestaltung bietet der Gewinnvorab Vorteile gegenüber der Tätigkeitsvergütung. Bei der Abgrenzung kommt es, wie das FG hier im Einklang mit älterer Rechtsprechung betont hat, nicht entscheidend auf die Bezeichnung im Gesellschaftsvertrag an. Für eine Tätigkeitsvergütung sprechen (i) die Zahlung der Vergütung auch im Verlustfall, (ii) die Behandlung als Aufwand in der Überschussrechnung der Personengesellschaft und (iii) indiziell auch die Bezeichnung der Vergütung als Entgelt. Ein Gewinnvorab liegt hingegen vor, wenn dieser (i) nicht als Aufwand in der Überschussrechnung der Personengesellschaft erfasst wurde und (ii) im Verlustfall Rückzahlungsansprüche bilanziert werden oder (iii) die Rückzahlung tatsächlich erfolgte.

Wie im Personengesellschaftsrecht üblich, ist die vertragliche Gestaltung gut auf die beabsichtigten steuerlichen Folgen abzustimmen. Weicht die tatsächliche Durchführung von der vertraglichen Regelung ab, ändern sich die Steuerfolgen. Gesellschafter, Geschäftsführer und beteiligte Berater sollten hierauf achten.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.01.2013, 6 K 6188/08

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