Leitsatz

Im Fall des Erwerbs von Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung mindert – anders als beim rechtsgeschäftlichen Erwerb – eine bestehende Instandhaltungsrückstellung die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht. Bei Zwangsvollstreckungen gibt es keinen erkennbaren Teil des Meistgebots, der sich auf die Instandhaltungsrückstellung bezieht.

 

Normenkette

§§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 2 Abs. 1, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG

 

Das Problem

  1. K ersteigert mehrere Wohnungseigentumsrechte. Das Finanzamt setzt jeweils Grunderwerbsteuer fest, ohne dabei eine Instandhaltungsrückstellung von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. K's Einspruch weist das Finanzamt zurück. K klagt jetzt. Er meint, die Instandhaltungsrückstellung gehöre nicht zur Gegenleistung, da sie beim Verkauf nicht ausgezahlt werde, sondern zum gemeinschaftlichen Eigentum gehöre. Sie sei in den Meistgeboten enthalten gewesen, da keine zusätzlichen Zahlungen über die Meistgebote hinaus geleistet worden seien. Er habe sich im Vorfeld der Versteigerungen bei den Hausverwaltungen über die Höhe der Instandhaltungsrückstellungen erkundigt, da es preisbestimmend sei, ob bei einem Reparaturstau etwas "nachzuschießen" sei. Man habe auch immer eine bestimmte Vorstellung vom Wert des Objekts, die unabhängig von dem vom Gericht eingeholten Verkehrswertgutachten sei. Er nehme daher vor dem Erwerb immer eine interne Bewertung vor.
  2. Das Finanzamt ist der Auffassung, aus den Zuschlagsbeschlüssen gehe nicht hervor, ob es Teile des Meistgebots gebe, die nicht der Grunderwerbsteuer unterlägen. Nach Auskunft des Amtsgerichts seien die Instandhaltungsrückstellungen nicht in die Verkehrswerte eingeflossen. Daher entfalle das Meistgebot auch nicht teilweise auf die Instandhaltungsrückstellung. Eine Aufteilung sei nicht möglich. Das Meistgebot umfasse allein die Leistung für das Grundstück.
 

Die Entscheidung

  1. Die Klage hat keinen Erfolg! Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG unterliege das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren der Grunderwerbsteuer.

    § 1 GrEStG (Erwerbsvorgänge)

    (1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

    4. das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren;

    Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG würden dabei als Gegenleistung das Meistgebot einschließlich der Rechte gelten, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben.

    § 9 GrEStG (Gegenleistung)

    (1) Als Gegenleistung gelten

    4. beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren: das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben;

  2. Beim rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Wohnungseigentums sei das Entgelt für den Erwerb eines in der Instandhaltungsrückstellung nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG angesammelten Guthabens durch den Erwerber nicht in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage (§ 8 Abs. 1 GrEStG) einzubeziehen. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG würden bei einem Kauf der Kaufpreis für das Grundstück einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung gelten. Der auf die Übernahme des in der Instandhaltungsrückstellung angesammelten Guthabens entfallende Teil des Kaufpreises stelle keine Gegenleistung i.S.v. §§ 8, 9 GrEStG dar. Dieser sei nicht als "Entgelt für den Grundstückserwerb" erbracht; er stelle vielmehr Aufwand für den Erwerb einer geldwerten Vermögensposition dar, die nicht unter den Grundstücksbegriff des GrEStG falle.
  3. Für die Frage, ob Leistungen Entgelt für den Grundstückserwerb darstellen, sei vom grunderwerbsteuerrechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen. Dieser knüpfe an den Grundstücksbegriff des bürgerlichen Rechts an (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). In bestimmter Hinsicht seien aber der Besteuerung engere Grenzen gezogen. Das folge aus dem Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, wonach nur der Rechtsverkehr mit Grundstücken der Steuer unterliegen soll und der Erwerb von Geldforderungen oder anderen vergleichbaren Vermögenspositionen selbst dann grunderwerbsteuerrechtlich unerheblich ist, wenn solche Rechte gemäß § 96 BGB als Bestandteile des Grundstücks bürgerlich-rechtlich dessen Schicksal teilen. Würden zusammen mit einem Grundstück mit diesem verbundene Rechte, die gemäß § 96 BGB als Bestandteile des Grundstücks gelten, erworben, sei deshalb der hierauf entfallende Aufwand des Grundstückserwerbers nicht zwingend und in jedem Fall als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung anzusehen. Umgekehrt ergebe sich daraus aber noch nicht, dass der Aufwand für solche Rechte generell nicht zur Gegenleistung zu rechnen sei. Entscheidend und in jedem Einzelfall zu prüfen sei, ob solche mit dem Eigentum verbundene und deshalb gemäß § 96 BGB als Grundstücksbestandteile geltende Rechte geldwerte Vermögenspositionen vermitteln, die nicht unter den Grundstücksbegriff des GrEStG fallen.
  4. Das Guthaben aus der Instandhaltungsrückstellung stelle eine mit einer Geldforderung vergleichbare Vermögensposition dar. Sinn der Instand...

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