Leitsatz

Nach der Lebenserfahrung nutzt ein Steuerpflichtiger ein ihm zur Verfügung stehendes Betriebs-Fahrzeug auch für private Fahrten. Dies gilt insbesondere, wenn kein weiterer privater Pkw vorhanden ist. Wird eine Privatnutzung durch den Anstellungsvertrag ausdrücklich ausgeschlossen, liegt es bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nahe, die Privatnutzung nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzuordnen, sondern den Nutzungsvorteil als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen. Auch wenn auf der Ebene der Gesellschaft die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für die Bewertung des Nutzungsvorteils gerade nicht einschlägig ist, erscheint es sachgerecht, die dem Gesellschafter durch die private Nutzung zufließenden Einnahmen nach der 1%-Regelung zu ermitteln.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war mehrheitlich an einer GmbH beteiligt. Der zum Geschäftsführer bestellte Steuerpflichitge hatte, ebenso wie der nicht an der GmbH beteiligte Mitgeschäftsführer A, mit der GmbH einen Dienstvertrag geschlossen, in dem ihm eine private Pkw-Nutzung des ihm überlassenen Dienstwagens untersagt war. Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Steuerpflichtige für den Pkw ein Bordbuch führte, welches allerdings nicht den Anforderungen nach R 31 Abs. 7 Nr. 2 LStR entspricht. Da die GmbH keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher vorlegte, ging der Prüfer davon aus, dass der Steuerpflichtige das Fahrzeug auch privat genutzt hat. Wegen der Pkw-Nutzung wurde der Bruttoarbeitslohn erhöht.

Die Klage ist teilweise begründet. Das Finanzamt hat in zutreffender Weise berücksichtigt, dass der Steuerpflichtige das betriebliche Fahrzeug auch privat genutzt hat. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ist davon auszugehen, dass er als Gesellschafter-Geschäftsführer den Pkw regelmäßig auch privat genutzt hat, nachdem ihm kein vergleichbares privates Fahrzeug zur Verfügung gestanden hat.

Die private Mitnutzung des Betriebs-Pkw führte bei dem Steuerpflichtigen zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 EStG. Die vertragswidrige Nutzung erfüllt die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung, denn die GmbH hat die private Nutzung zugelassen, obgleich diese vertraglich ausgeschlossen hatte. Diese Vermögenszuwendung sieht das FG im Bereich des Gesellschaftsverhältnisses und nicht durch den Dienstvertrag verwirklicht. Die Berechnung der verdeckten Gewinnausschüttung ist richtig. Um die Einnahmen nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG zu bestimmen, sind die Vorgaben des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu beachten. Folglich ist der Wert einer privaten Pkw-Nutzung nach der 1%-Regelung zu ermitteln.

Das FG verkennt nicht, dass die Bewertung der verdeckten Gewinnausschüttung mit dem Fremdvergleichswert auf der Ebene der Gesellschaft, durchaus eine vergleichbare Bewertung auch auf der Ebene des Gesellschafters nahe legt. Dennoch erscheint es dem FG zweckmäßig, auf der Ebene des Gesellschafters für die Bewertung § 8 Abs. 2 Satz 2 heranzuziehen. Zum einen sind die Einkünfte auf der Ebene des Gesellschafters zu erfassen, so dass die Bewertung nach den diesbezüglichen Vorgaben des EStG nahe liegt, während § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auf der Ebene der Kapitalgesellschaft gerade nicht einschlägig ist. Gegen dieses Urteil wurde die Revision zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Brandenburg, nicht rechtskräftiges Urteil v. 26.10.2005, 2 K 1763/02; Az. des BFH: noch nicht bekannt.

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