Leitsatz
Von einer gemischten Grundstücksschenkung kann nicht ausgegangen werden, wenn ca. 80 % des ermittelten Verkehrswerts vom Käufer zu erbringen sind, der Veräußerer dem Käufer auch nichts schenkungsweise übereignen wollte und sich dieser Wille im Nachhinein nachweisen lässt.
Sachverhalt
Der Käufer eines Gebäudes nebst Erbbaurechtsanteils streitet mit dem Finanzamt im Rahmen der Festsetzung einer Schenkungssteuer darum, ob überhaupt eine gemischte Grundstücksschenkung vorliegt.
Mit notariellem Vertrag übertrug der Verkäufer seinen ideellen Hälfteanteil an einem Erbbaurecht an den Kläger gegen Zahlung von 120.000 DM und behielt sich auf Lebensdauer das Nießbrauchsrecht an dem Erbbaurechtsanteil vor. Die Kaufvertragsparteien sind von einem Wert des Nießbrauchs von 60.000 DM ausgegangen.
Vor dem Verkauf hatte der Gutachterausschuss des Landkreises den Wert des aufstehenden Gebäudes mit 353.722 DM ausgewiesen. Das beklagte Finanzamt hatte den sog. Bedarfswert zunächst auf 493.500 DM festgestellt, war von einer gemischten Schenkung ausgegangen und hatte gegen den Kläger Schenkungssteuer in Höhe von 82.616 DM festgesetzt. Im Einspruchsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, dass nicht von einem groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auszugehen sei und der Verkäufer nicht im Bewusstsein einer freigebigen Zuwendung gehandelt habe. Daraufhin setzte das beklagte Finanzamt die Schenkungssteuer auf 41.311 DM herab und den Bedarfswert bestandskräftig mit 293.000 DM an. In einem weiteren Sachverständigengutachten wird der Wert des übertragenen Hälfteanteils mit 293.000 DM bemessen.
Entscheidung
In dem zugrunde liegenden Fall liegt keine gemischte Schenkung vor, von der grundsätzlich bei einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auszugehen ist. Dem Zuwendenden muss jedoch der Wertunterschied auch bekannt und bewusst gewesen sein.
Hier ist bereits das Vorliegen des Missverhältnisses äußerst fraglich. Legt man den ermittelten Verkehrswert von 293.000 DM zu Grunde und berücksichtigt, dass es sich nur um den Erwerb eines Hälfteanteils handelt, so sind ferner noch die mit dem Erwerb verbundenen Beeinträchtigungen, die einen 25%-igen Abschlag vom Wert rechtfertigen, einzubeziehen, so dass sich ein Wert von 219.750 DM errechnet. Ins Verhältnis hierzu sind die tatsächlichen Gegenleistungen des Klägers zu setzen, d.h. der Kaufpreis von 120.000 DM, der Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs von ca. 50.000 DM und der Wert der übernommenen Erbbauzinsverpflichtung mit ca. 5.000 DM, so dass sich eine Gesamtgegenleistung von 175.000 DM ergibt. Dies macht ca. 80% des Verkehrswerts aus, so dass ein grobes Missverhältnis zu verneinen ist.
Ferner lag ein Wille des Veräußerers zu einer unentgeltlichen Zuwendung nicht vor. Aus dem Umstand, dass dieser vor der Veräußerung ein Verkehrswertgutachten einholte, ergibt sich bereits, dass er dem Kläger nichts schenken wollte. Ferner war er der Auffassung, dass er nur für den Gebäudewert einen Kaufpreis verlangen könne, weil der Kläger ja die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses übernehmen musste. Die Übernahme dieser Verpflichtung ist schließlich auch steuerrechtlich als Gegenleistung anzusehen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 29.03.2006, 4 K 306/06