Leitsatz
Die zinslose Stundung eines Pflichtteilsanspruchs stellt eine freiwillige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar.
Sachverhalt
Die Klägerin gab u.a. folgende notarielle Erklärung ab: Mit Rücksicht auf die erfolgte Erbeinsetzung nach dem Tode des Längstlebenden meiner Eltern stunde ich hiermit gegenüber meinen Eltern unwiderrufllich meinen Pflichtteilsanspruch dem Überlebenden gegenüber bis zu dessen Tode. Die Beklagte sah dies als freiwillige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an und erhob entsprechend Steuern nach dem Tod des letzten Elternteils. Hiergegen wendet sich die Klägerin.
Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Nach § 7 I Nr. 1 ErbStG gilt eine Schenkung unter Lebenden als freiwillige Zuwendung, soweit der Bedachte hierdurch auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Ebenso ist die Zuwendung eines zinslosen Darlehens eine solch freiwillige Zuwendung. Gegenstand der Zuwendung ist hierbei das Recht, das überlassene Kapital unentgeltlich zu nutzen, in diesem Fall also die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das in Form des Pflichtteilsanspruchs überlassene Kapital zu nutzen.
Teile der Literatur verneinen diese Auffassung. Sie sind der Ansicht, dass der Rechtsgedanke, ein unverzinsliches Darlehen unter Angehörigen als freiwillige Zuwendung anzusehen, nicht ohne weiteres auf Pflichtteilsschulden übertragbar sei. Der erkennende Senat tritt dem entgegen; nicht die Gewährung zinsloser Darlehen "unter Angehörigen", sondern grundsätzlich jede zinslose Darlehensgewährung stellt eine freiwillige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Auch folgt der Senat nicht der Auffassung, dass aus der Steuerfreiheit des Verzichts auf die Geltendmachung des Pflichtteils (§ 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG) und der Steuerfreiheit der Nichtgeltendmachung eines Teilanspruchs folgt, dass der viel geringere wirtschaftliche Vorteil eines bloß zinsfreien Aufschubs des Zahlungstermins nicht der Schenkungsteuer unterliegen könnte, da es sich hierbei um zwei völlig verschiedene rechtliche Vorgänge mit unterschiedlichen Rechtsfolgen handelt.
Die Auffassung des Senats wird zudem dadurch getragen, dass nach § 2317 Abs. 1 BGB der Pflichtteilsanspruch erst mit dem Erbfall entsteht; es handelt sich damit um eine künftige Forderung auf die eine Anwartschaft besteht und die bereits vor ihrer Entstehung abgetreten werden kann. Auch der BGH hat bereits anerkannt, dass das Pflichtteilsrecht u.a. der Abkömmlinge ein Rechtsverhältnis ist, welches schon zu Lebzeiten des Erblassers besteht, rechtliche Wirkungen äußert und gerichtlich festgestellt werden kann.
Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs ist nicht erforderlich für die Stundung eines erst noch entstehenden Pflichtteilsanspruchs. Auch ist es unerheblich, dass dieser Anspruch erst mit Verzug oder Rechtshängigkeit verzinslich ist, da die Frage der Verzinslichkeit im Falle der Stundung hiervon zu unterscheiden ist. Und selbst wenn man die Stundung des Anspruchs hier als Gegenleistung für die Schlusserbeneinsetzung ansehen sollte, wäre dies unerheblich, da jedenfalls die Frage der Zinslosigkeit der Stundung hiervon getrennt zu beurteilen wäre.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 08.12.2008, 3 K 2849/06 Erb