Leitsatz
In dem Verfahren war streitig, ob bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften eine Einstufung in die Steuerklasse I oder III stattfindet.
Sachverhalt
Der am 24. März 2001 verstorbene Erblasser setzte testamentarisch seine Lebensgefährtin als Erbin ein. Die Besteuerungsgrundlagen wurden entsprechend den Angaben in der eingereichten Erbschaftsteuererklärung angesetzt. Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 24. Juni 2002 wurde die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse III festgesetzt.
Hiergegen wandte sich die Erbin und trug vor, sie sei mit dem Erblasser verlobt gewesen. Aus diesem Grunde sei die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I zu berechnen bzw. entsprechend der Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg aus sachlichen Billigkeitsgründen nach der Steuerklasse II. Wegen eines Pflichtteilsanspruchs in Höhe von 783.611,00 DM setzte das Finanzamt mit Änderungsbescheid vom 20. Februar 2003 die Erbschaftsteuer auf 216.108,00 DM fest. Mit Schreiben vom 11. März 2003 beantragte die Erbin und spätere Klägerin, aus sachlichen Billigkeitsgründen die Steuer unter Anwendung der Steuerklasse II festzusetzen, da sie und der Erblasser jahrelang in einer gemeinsamen Wohnung gewohnt und die Aufwendungen für den Lebensunterhalt gemeinsam getragen hätten. Nur wegen des Verlusts einer Rente im Fall einer Eheschließung hätten der Erblasser und sie nicht geheiratet. Diesen Antrag auf abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO lehnte das Finanzamt ab, der hiergegen von der Erbin eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
In der daraufhin erhobenen Klage trug die Erbin und Klägerin vor, dass sie mit dem Erblasser wie ein Ehepaar mehr als 20 Jahre zusammengelebt habe und sie sich durch ihre Verlobung ein Heiratsversprechen gegeben hätten. Sie beantragte, unter Änderung des Erbschaftsteuer-Änderungsbescheides vom 20. Februar 2003, die Erbschaftsteuer auf 57.067,84 EUR herabzusetzen, hilfsweise im Billigkeitsweg die Steuerklasse II anzusetzen.
Entscheidung
Das FG hielt die Klage für unbegründet, soweit sie sich gegen die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung richtete.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten liege hier kein Verlöbnis vor, weil ein solches ein ernsthaftes Eheversprechen voraussetze. Ein eheähnliches Verhältnis ohne ein solches Versprechen sei kein Verlöbnis (s. BayObLG in MDR 84, 145). Die Klägerin und der Erblasser hätten jedoch gerade nicht heiraten wollen, weil anderenfalls die Klägerin ihren Anspruch auf eine Betriebsrente verloren hätte.
Auch die lange nichteheliche Lebensgemeinschaft rechtfertige keine Einstufung in die Steuerklasse I oder II. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dies nicht. Es liege innerhalb der Grenzen der dem Gesetzgeber obliegenden Gestaltungsbefugnis, wenn er an die eigenverantwortliche Entscheidung der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, keine Ehe miteinander eingehen zu wollen, andere Folgerungen knüpfe als an eine formwirksam geschlossene Ehe mit ihren vielfältigen Rechten und Pflichten der Ehepartner.
Auch eine Herabsetzung der Steuer im Billigkeitsweg gem. § 163 AO kam nach Auffassung des FG nicht in Betracht.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 18.01.2006, 4 K 3072/03