Leitsatz

Die Klägerin streitet mit dem Finanzamt, ob eine wirksame Aussetzung der Versteuerung einer nießbrauchsbelasteten Erbschaft allein durch den Antrag der Klägerin zustande gekommen ist, wobei die Klägerin die Antragstellung in ihrem Namen durch den zum Testamentsvollstrecker benannten Rechtsanwalt bestritten hat. Zum Wirksamwerden der Aussetzung der Besteuerung bedarf es keines ausdrücklichen Verwaltungsaktes, sondern die Antragstellung auf Aussetzung löst bereits die begehrte Rechtsfolge aus. Für die Höhe der Steuer ist es unmaßgeblich, ob das hinterlassene Vermögen nach dem Stichtag teilweise aus Surrogaten besteht.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres 1976 verstorbenen Vaters. Dieser hatte in seinem Testament ein Vermächtnis zugunsten seiner Ehefrau ausgesetzt, welches den lebenslangen Nießbrauch an den Wertpapieren des Erblassers vorsah.

Im Rahmen der Errichtung der Erbschaftssteuererklärung fragte das Finanzamt an, ob die Klägerin die Sofortversteuerung oder die Aussetzung der Versteuerung hinsichtlich der Wertpapiere wähle. Der als Testamentsvollstrecker eingesetzte Rechtsanwalt teilte "im Auftrag der Klägerin" mit, dass sie die Aussetzung der Versteuerung wähle. Mit einfachem Schreiben erklärte das Finanzamt gegenüber der Klägerin, dass die Versteuerung der Erbschaft zunächst ausgesetzt werde.

1981 schloss die Klägerin mit deren Mutter einen Vertrag, wonach die Mutter auf das Nießbrauchsrecht verzichtete und statt dessen eine den Erträgen des Nießbrauchs entsprechende Rente erhalten sollte. Die Klägerin sollte die Wertpapiere bzw., deren Surrogate gesondert verwalten und eine jährliche Abrechnung der Erträge vornehmen.

Nach dem Tod der Mutter im Jahre 1998 teilte das Finanzamt mit, dass die Erbschaftssteuer nunmehr entstanden sei und forderte die Klägerin zur Mitteilung des Werts der Wertpapiere zum Todestag der Mutter auf. Nachdem die Klägerin keine Mitteilung machte, schätzte das Finanzamt den Wert.

Die Klägerin meint, sie habe keinen Aussetzungsantrag an das Finanzamt gestellt, ferner sei die Erbschaftssteuer für den Erwerb nach ihrem Vater bereits verjährt. Darüber hinaus habe sie den Bescheid über die Aussetzung der Versteuerung nicht erhalten, so dass dieser nicht wirksam geworden sei. Hilfsweise sei ein geringerer Wert der Erbschaft zu Grunde zu legen.

 

Entscheidung

Der Erbschaftssteuerbescheid ist rechtmäßig und die Klage unbegründet. Die Zahlung der Steuer für die ererbten Wertpapiere war bis zum Tod der Mutter 1998 wirksam ausgesetzt, so dass eine Verjährung nicht eingetreten ist.

Das Finanzgericht hat sich durch Vernehmung des Rechtsanwalts und Testamentsvollstreckers als Zeugen davon überzeugt, dass dieser den Aussetzungsantrag für die Klägerin abgegeben hat. Die Anfrage des Finanzamtes war an die Klägerin persönlich gerichtet. Aus dem Umstand, dass der Rechtsanwalt sich für die Klägerin gemeldet hat, ergibt sich, dass diese den Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker aufgesucht und die Angelegenheit mit diesem besprochen haben muss. Ferner geht der Zeuge davon aus, er werde ohne vorherige Besprechung mit der Klägerin die Erklärung nicht "im Auftrag" abgegeben haben.

Es ist überdies ausreichend, dass das Finanzamt die Aussetzung der Besteuerung der Klägerin mit einfachem Brief mitgeteilt hat, denn die Aussetzung stellt keinen Verwaltungsakt dar, der der Bekanntgabe bedarf, sondern nur die Wiedergabe der geltenden Rechtslage. Die Klägerin hat durch die Ausübung ihres Wahlrechts bereits die sich aus § 25 Abs. 1 a ErbStG a.F. ergebende Rechtslage ausgelöst, so dass es einer ausdrücklichen Regelung durch das Finanzamt in Form eines Verwaltungsaktes nicht mehr bedurfte. Es ging dabei ausschließlich um die Versteuerung der mit dem Nießbrauch belasteten Wertpapiere, die für sich bereits zweifelsfrei steuerpflichtiges Vermögen darstellten. Der Aussetzungsantrag bewirkte damit allein die Entstehung der Steuer im Zeitpunkt des Erlöschens der Belastung. Der sonstige Erbfall war mit der Aussetzungsentscheidung nicht angesprochen.

Die Aussetzung der Besteuerung endete auch nicht durch den 1981 geschlossenen Vertrag mit der Mutter der Klägerin. Die Höhe der Rentenzahlung entsprach den zuvor aus dem Nießbrauchsrecht erzielten Erlösen. Ferner erlaubte die vereinbarte gesonderte Verwaltung der Wertpapiere bzw. deren Surrogate auch den Ersatz von Wertpapieren, ohne dass die Surrogate dem Vermögen hätten entnommen werden dürfen.

Aber auch auf Grund des Rechtsgedankens des § 1068 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1079 BGB folgt, dass die Klägerin und deren Mutter verpflichtet waren, den Nießbrauch an erlangten Surrogaten fortzusetzen. Auch der zu versteuernde Erwerb erstreckte sich nach §§ 25 Abs. 1 a ErbStG a.F., 9 Abs. 2 ErbStG auf etwaige Surrogate. Nachträgliche Veränderungen des belasteten Vermögens bleiben bis zum Zeitpunkt der Steuerentstehung demnach unberücksichtigt, da die Erbschaftssteuer stichtagsbezogen ist.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2004, 4 K 438/02 Erb

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