Leitsatz
Ein Ehepaar errichtete ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung. Die Einliegerwohnung wurde steuerfrei an Dritte vermietet, für den selbstgenutzten Teil des Hauses begehrten die Steuerpflichtigen den Vorsteuerabzug bei gleichzeitiger Besteuerung der Eigennutzung. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, da die Eigennutzung nicht steuerbar sei, da der Gegenstand nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hatte. Das Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an.
Sachverhalt
Die Eheleute errichteten 1996 und 1997 ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung. Die Einliegerwohnung wurde – rechtlich unstrittig – steuerbar aber nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei vermietet, eine Option kam nicht in Betracht.
Nachdem der EuGH (EuGH, Urteil v. 8.5.2003, C-269/00, Wolfgang Seeling, BStBl 2004 II S. 378) festgestellt hatte, dass die Eigennutzung einer Wohnung in einem, dem Unternehmen zugeordneten Gebäude ein nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreier Umsatz ist und dem Unternehmer damit ein Vorsteuerabzug für diese Eigennutzung zusteht, reichten die Eheleute für die Jahre 1996 und 1997 Steuererklärungen ein, in denen für den selbstgenutzten Teil (60 % des Gebäudes) der Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten vorgenommen wurde und die anteilige Abschreibung als Eigenverbrauch der Besteuerung unterworfen wurde.
Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug und betrachtete die Eigennutzung als nicht steuerbar. Die Eigennutzung des Gebäudes nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (für die Klagejahre eigentlich noch § 1 Abs. 1 Nr. 2b UStG, aber über die Regelungen des Gemeinschaftsrecht war dies schon so zu beurteilen, wie nach § 3 Abs. 9a UStG) ist dann steuerbar, wenn der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hatte. Da die Fremdvermietung steuerfrei ist und den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausschließt, hat der Gegenstand nicht zum Vorsteuerabzug geführt, womit die Eigennutzung nicht steuerbar ist. Damit kann die nicht steuerbare Eigennutzung auch keinen Vorsteuerabzug begründen.
Hinweis
Bei dem Urteil des Finanzgerichts handelt es sich um ein Folgeurteil zum Seeling-Urteil des EuGH. Wie schon die Finanzverwaltung in 2004 festgestellt hatte (BMF, Schreiben v. 13.4.2004, BStBl 2004 II S. 469), kann die Steuerbarkeit (und dann die Steuerpflicht) der Eigennutzung nur dann gegeben sein, wenn die Verwendung des Gegenstands (ohne Berücksichtigung der nichtunternehmerischen Verwendung) den Vorsteuerabzug ganz oder teilweise zugelassen hatte (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG). Damit kann es nur dann zu einer steuerpflichtigen Nutzung für nichtunternehmerische Zwecke bei einer unternehmerisch und nichtunternehmerisch genutzten Immobilie kommen, wenn der für Leistungen Dritten gegenüber genutzte Teil des Gebäudes zu besteuerten, den Vorsteuerabzug nicht ausschließenden Umsätzen führt. Soweit bei einer auch selbstgenutzten Immobilie der andere Teil für steuerfreie Vermietungsumsätze (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG), oder andere steuerfreie Umsätze (z. B. als Arzt – § 4 Nr. 14 UStG, oder als Versicherungsvertreter – § 4 Nr. 11 UStG) genutzt wird, ist die Eigennutzung immer nicht steuerbar und damit ist insgesamt kein Vorsteuerabzug möglich.
Durch das Urteil ist der Anwendungsbereich der Seeling-Rechtsprechung weiter eingeschränkt worden. Allerdings ist zu beachten, dass die Vorteile des Sofortabzugs der Vorsteuer und die Besteuerung der Eigennutzung der Immobilie durch ein weiteres Urteil des EuGH (EuGH, Urteil v. 14.9.2006, C-75/02, Hausgemeinschaft Wollny, DStR 2006 S. 1746) schon so weit eingeschränkt worden sind, dass in vielen Fällen dieses "Steuersparmodell" dem Unternehmer sowieso nur noch sehr eingeschränkt (wenn überhaupt) zu empfehlen ist.
Kommentar
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage der Unternehmer nicht statt. Es übernahm die Begründung des Finanzamts und stellte fest, dass die Eheleute zwar Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG geworden sind und das Gebäude – insgesamt – auch dem Unternehmen zuordnen konnten. Es stellte aber weiterhin fest, dass ein steuerbarer Eigenverbrauch, der in der Nutzung eines Gegenstands nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG besteht, immer zumindest den teilweisen Vorsteuerabzug bei der unternehmerischen Nutzung voraussetzt. Dabei ist die nichtunternehmerische Nutzung für die eigenen Wohnzwecke nicht mit heranzuziehen. Damit war auch bei Berücksichtigung der Vorgaben aus dem Seeling-Urteils des EuGH den Steuerpflichtigen kein Vorsteuerabzug für die nichtunternehmerisch genutzte Wohnung zuzurechnen.
Link zur Entscheidung
FG des Landes-Sachsen-Anhalt, Urteil v. 7.4.2006, 3 K 253/05.FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 07.04.2006, 3 K 253/05