Leitsatz
Reicht ein Gewerbetreibender mit seiner Einkommensteuererklärung eine nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums erstellte Eröffnungsbilanz, eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und eine Übergangsrechnung ein, kann er erst im folgenden Gewinnermittlungszeitraum zur Einnahmen-Überschussrechnung übergehen. Durch die Erstellung der Eröffnungsbilanz hat er sich für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich entschieden.
Sachverhalt
Ein Gewerbetreibender erstellte am 30.4.1994 eine Eröffnungsbilanz zum 1.1.1993. Im Februar 1995 reichte er die Eröffnungsbilanz, eine Einnahmen-Überschussrechnung und die Übergangsrechnung zur Einnahmen-Überschussrechnung beim Finanzamt ein. Aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart resultierte ein Verlust 1,5 Mio. DM. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, das Gewerbe erfordere einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb und ermittelte den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, was zu einem deutlich niedrigeren Verlust führte. Zudem habe sich der Steuerpflichtige mit der Aufstellung der Eröffnungsbilanz und der Erfassung der Einnahmen und Ausgaben über Konten für den Betriebsvermögensvergleich entschieden. Eine nachträgliche Ausübung des Wahlrechts sei nicht möglich.
Unabhängig davon, ob das Unternehmen einen nach kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte, war der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, weil der Steuerpflichtige sich hierfür freiwillig entschieden hatte. Die Wahl zwischen Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Überschussrechnung wird durch schlüssiges Verhalten, insbesondere durch die Einrichtung bzw. Nichteinrichtung einer Buchführung – und damit zu Beginn eines Veranlagungszeitraums (VZ) – ausgeübt. Ein Steuerpflichtiger, der tatsächlich Bücher führt und Abschlüsse macht, kann nicht mehr die Einnahmen-Überschussrechnung wählen. Daraus, dass der Steuerpflichtige seiner Steuererklärung eine Eröffnungsbilanz beigefügt und erklärt hat, er wolle zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG übergehen, ergibt sich, dass er sich zu Beginn des VZ für den Betriebsvermögensvergleich entschieden hatte. Daran muss er sich bis zum folgenden VZ halten. Auf den Zeitpunkt der Erstellung der Eröffnungsbilanz kommt es nicht an.
Hinweis
Solange keine Buchführungspflicht besteht, kann der Steuerpflichtige zwischen den beiden Gewinnermittlungsarten wählen, ist aber an eine einmal getroffene Entscheidung für 3 Jahre gebunden, sofern keine gewichtigen Gründe für einen erneuten Wechsel vorliegen. Will er von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Betriebsvermögensvergleich übergehen, muss er zeitnah zum Beginn des Wirtschaftsjahres eine Eröffnungsbilanz erfstellen, eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung einrichten und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss machen.
Weniger eindeutig ist die Rechtslage im Fall des Wechsels vom Bestandsvergleich zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass dieser Wechsel noch nach Ablauf des Wirtschaftsjahres bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung durchgeführt werden kann. Der BFH hat es im Urteil v. 9.11.2000, IV R 18/00, BStBl II 2001 S. 102, zunächst offen gelassen, ob dies abweichend von der bisherigen Rechtsprechung möglich ist. Im Beschluss v. 9.12.2003, IV B 68/02, BFH/NV 2004 S. 633, hat er den rückwirkenden Übergang vom Betriebsvermögensvergleich zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zugelassen. Hiermit hat sich das FG jedoch nicht auseinandergesetzt.
Wer beim Wechsel der Gewinnermittlungsart sicher gehen will, sollte dies dem Finanzamt zum Geschäftsjahresbeginn mitteilen und beim Übergang zum Bestandsvergleich eine Eröffnungsbilanz einreichen.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 29.8.2007, 12 K 1027/04 B.