Leitsatz
Die Mutter eines minderjährigen Kindes verlangte für den Zeitraum von März bis einschließlich August 1999 Gewährung des staatlichen Kindergeldes für ihre Tochter an sich, obgleich das Kind während dieses Zeitraums in Griechenland bei ihrer dort lebenden Mutter untergebracht war. Die Kindesmutter absolvierte während dieser Zeit stationär eine Entgiftungstherapie und führte an, sie habe zum Unterhalt für ihre Tochter durch kleinere Geld- und Sachzuwendungen beigetragen.
Die Familienkasse wies den Antrag der Mutter zurück und hielt den Vater nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG für vorrangig anspruchsberechtigt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe.
Die hiergegen von der Klägerin eingereichte Klage war teilweise begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das FG vertrag die Auffassung, die Familienkasse habe die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum von März 1999 bis einschließlich Juli 1999 ggü. der Klägerin zu Unrecht aufgehoben. Soweit die Kindergeldfestsetzung für den Monat August 1999 aufgehoben worden sei, sei dies zu Recht erfolgt.
Gemäß § 64 Abs. 1 EStG werde nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Bei mehreren Berechtigten werde das Kindergeld an denjenigen gewährt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe. Sei das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, erhalte das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahle. Zahlten mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrente, so erhalte das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahle. Werde eine Bestimmung nicht getroffen oder zahle keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimme das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Berechtigten.
Vorliegend bestimme sich der vorrangig Berechtigte für den Zeitraum von März bis Juli 1999 nach § 64 Abs. 3 EStG, da die Mutter der Klägerin nicht anspruchsberechtigt sei und die Tochter zu dieser Zeit weder in ihren Haushalt noch in den Haushalt des geschiedenen Ehemannes aufgenommen gewesen sei. Die gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG anspruchsberechtigte Klägerin habe für den Zeitraum von März bis Juli 1999 vorrangig Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter ggü. dem geschiedenen Ehemann, da das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 25. Oktober 2007 sie zur Kindergeldberechtigten bestimmt habe.
Anspruchsberechtigt seien für den Zeitraum März bis Juli 1999 sowohl die klagende Mutter als auch der Vater, da beide über einen Wohnsitz im Inland verfügten. Die Mutter der Klägerin sei nicht anspruchsberechtigt, da sie im streitigen Zeitraum weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe und die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt gewesen seien.
Die Tochter sei in der Zeit von März bis Juli 1999 weder in den Haushalt der Mutter noch in den des Vaters aufgenommen gewesen. Sie habe vielmehr über längere Zeit bei der Mutter der Klägerin in Griechenland gelebt, die die Tochter alleine versorgt habe. Die Klägerin sei aufgrund einer Entgiftungstherapie im streitigen Zeitraum nicht in der Lage gewesen, die Tochter zu versorgen und zu betreuen. Auch laufender Unterhalt sei von ihr nicht gezahlt worden. Die Großmutter habe somit in dieser Zeit die materielle und immaterielle Versorgung der Tochter übernommen. Folglich habe es sich bei dem Aufenthalt der Tochter der Klägerin bei ihrer Großmutter nicht nur um einen bloßen Besuch gehandelt, sondern sie sei während ihres Aufenthalts bei der Großmutter in Griechenland in deren Haushalt aufgenommen gewesen.
Da in der Zeit von März bis Juli 1999 weder die Klägerin noch ihr geschiedener Ehemann eine Unterhaltsrente geleistet hätten, sei der vorrangig Berechtigte durch das Vormundschaftsgericht zu bestimmen. Dies sei durch den Beschluss des AG vom 25. Oktober 2007 geschehen, in dem die Klägerin zur Kindergeldberechtigten bestimmt worden sei.
Für den Monat August 1999 sei die Klägerin trotz der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts nicht vorrangig anspruchsberechtigt, da die Tochter ab Ende August 1999 beim Vater gelebt habe und in seinen Haushalt aufgenommen worden sei.
Link zur Entscheidung
FG München, Gerichtsbescheid vom 21.02.2008, 9 K 2096/07