Leitsatz

Der Zufluss des geldwerten Vorteils aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten liegt erst dann vor, wenn die Aktien in das Depot des Arbeitnehmers eingebucht werden oder ihm übergeben bzw. zugeschickt worden sind. Die für den Zuflusszeitpunkt maßgebende wirtschaftliche Verfügungsmacht hat der Arbeitnehmer nicht schon bei Ausübung der Option erlangt.

 

Sachverhalt

Im Urteilsfall ging es darum, in welchem Monat der geldwerte Vorteil aus der Ausübung von Aktienoptionsrechten zu versteuern ist. Der Steuerpflichtige war Vertriebsbeauftragter einer GmbH mit Sitz in Deutschland, an der eine Aktiengesellschaft mit Sitz in England (E plc) mehrheitlich beteiligt war. Im März 2000 übte er seine Aktiensoptionsrechte aus, die ihm von der E plc im November 1996 gewährt worden waren. Der Kaufpreis wurde im März 2000 gezahlt. Die Aktien wurden dem Wertpapierdepot des Steuerpflichtigen jedoch erst im Mai 2000 gutgeschrieben. Bei der Steuerfestsetzung für 2000 wurde der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der Aktienoptionsrechte mit dem Kurswert vom 13.3.2000 bewertet, da der Steuerpflichtige an diesem Tag seine Option ausgeübt hatte und das Finanzamt zu diesem Zeitpunkt den Zufluss des geldwerten Vorteils bejahte. Der Einspruch, für den der Zufluss erst im Zeitpunkt der Gutschrift der Aktien auf seinem Wertpapierdepot am 29.5.2000 gegeben war, hatte keinen Erfolg.

Das FG gab der Klage statt. Bezugnehmend auf die ständige Rechtsprechung des BFH zum Zufluss eines geldwerten Vorteils ist auf die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht abzustellen. Da der Steuerpflichtige die Aktien wirtschaftlich erst im Zeitpunkt der Einbuchung in sein Depot verwerten konnte, lag der Zufluss erst zu diesem Zeitpunkt vor. Demnach sind die Aktien mit dem Kurswert zum Zeitpunkt der Einbuchung zu bewerten. Ohne Bedeutung ist, dass der Steuerpflichtige die Aktienoption bereits zwei Monate zuvor ausgeübt hatte, denn zu diesem Zeitpunkt hatte er noch keine Verwertungsmöglichkeit. Bei der Gewährung von Aktien setzt die Verwertungsmöglichkeit das zivilrechtliche Eigentum und das damit verbundene Stimm- und Dividendenrecht voraus.

Der BFH muss sich erneut mit der Frage des Zuflusszeitpunkts bei Ausübung von Aktienoptionsrechten beschäftigen. In allen Fällen geht es um die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die ihm übertragenen Aktien bekommt. Betroffenen Arbeitnehmer sollten ihre Steuerfestsetzungen bis zur Entscheidung des BFH durch Einspruch offen halten.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 05.10.2005, 5 K 4396/03Az. des BFH: VI R 1/06.

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