Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 2
Nach § 34 Abs. 6e S. 5 KStG ist die Neuregelung erstmals auf Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die in einem Wirtschaftsjahr erfolgen, das nach dem 31.12.2021 endet. Vorher erfolgte Minder- und Mehrabführungen werden noch in Ausgleichsposten abgebildet. Letztmalig sind daher Ausgleichsposten in der Steuerbilanz auf das Ende des letzten Wirtschaftsjahres zu bilden, das vor dem 1.1.2022 endet. Jedoch werden diese Ausgleichsposten in dem nächsten Wirtschaftsjahr des Organträgers aufgelöst und dem Buchwert der Beteiligung zugeschlagen, also dem Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.2021 endet.
Zum Inkrafttreten der Einlagelösung bezieht sich § 34 Abs. 6e S. 5 KStG dem Wortlaut nach auf das Kalenderjahr, daher in erster Linie nicht auf ein Wirtschaftsjahr. Die Einlagelösung ist danach erstmals anzuwenden, wenn die Minder- oder Mehrabführungen nach dem 31.12.2021 erfolgen. Der Anwendungszeitpunkt ist also unabhängig von dem Wirtschaftsjahr des Organträgers. § 34 Abs. 6e S. 6 KStG enthält eine besondere Bestimmung, welchem Kalenderjahr die Minder- und Mehrabführungen zuzuordnen sind. Dabei ist auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft abzustellen. Dies entspricht der allgemein für die Zurechnung des Organeinkommens geltende Regelung, bei der auf das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft abzustellen ist. Dem Organträger ist das Einkommen in dem Vz zuzurechen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet. Die Minder- und Mehrabführungen erfolgen daher mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft und unterliegen der Einlagelösung, wenn dieses Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2021 endet.
Rz. 3
Entsprechen sowohl das Wirtschaftsjahr des Organträgers als auch das der Organgesellschaft dem Kalenderjahr, entstehen durch die Regelung zum Inkrafttreten keine Abweichungen zwischen den beiden Gesellschaften. Die Einlagelösung ist erstmals auf die Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die im kalendergleichen Wirtschaftsjahr 2022 erfolgen. Ebenfalls keine Abweichungen treten ein, wenn Organträger und Organgesellschaft das gleiche vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr haben.
Organträger und Organgesellschaft haben ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. – 30.6.
Die Einlagelösung gilt erstmals für Minder- und Mehrabführungen des Wirtschaftsjahres 1.7.2021-30.6.2022. Dass ein Teil des Wirtschaftsjahres vor dem 1.1.2022 liegt, ist unbeachtlich, da es auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zum 30.6.2022 ankommt.
Rz. 4
Bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist zu berücksichtigen, ob der Organträger oder die Organgesellschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat. Jedoch ist in beiden Fällen die Einlagelösung erstmals für den Vz 2022 anzuwenden. Es kommt nur darauf an, wann das Wirtschaftsjahr endet. Wann es begonnen hat, ist dagegen ohne Bedeutung. Daher kann die Einlagelösung auch für vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahre anwendbar sein, die vor dem 1.1.2022 begonnen haben.
(1) Der Organträger hat ein dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr, die Organgesellschaft ein Wirtschaftsjahr vom 1.7. – 30.6.
Die Einlagelösung ist erstmals für Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die im abweichenden Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft erfolgen, also für das Wirtschaftsjahr 2021/2022. Die Minder- und Mehrabführungen dieses Wirtschaftsjahres erfolgen zum 30.6.2022 und damit nach dem 31.12.2021. Der Organträger hat die Minder- und Mehrabführungen in seiner Bilanz auf den 31.12.2022 als Einlage bzw. Einlagerückgewähr bei dem Bilanzansatz für die Beteiligung an der Organgesellschaft zu berücksichtigen.
(2) Der Organträger hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. – 30.6. Die Organgesellschaft hat ein Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht.
Die Einlagelösung ist erstmals für den Vz 2022 anzuwenden. Die Minder- und Mehrabführungen sind zum Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft erfolgt, also zum 31.12.2022, und damit nach dem 31.12.2021. Der Organträger hat die Minder- und Mehrabführungen in seiner Bilanz auf den 30.6.2022 bei dem Bilanzansatz für die Beteiligung an der Organgesellschaft zu berücksichtigen. Dass die Minder- und Mehrabführungen nach § 34 Abs. 6e S. 6 KStG erst zum 31.12.2022 und damit nach dem Bilanzstichtag des Organträgers erfolgt sind, ändert hieran nichts. Es ist nur entscheidend, dass die Minder- und Mehrabführungen nach dem 31.12.2021 erfolgen. Dass sie vor dem Bilanzstichtag des Organträgers erfolgt sein müssen, sagt das Gesetz nicht.
(3) Organträger und Organgesellschaft haben ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.2.-31.1. Die Einlagelösung ist erstmals für Minder- und Mehrabführungen in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres 2021/2022 anzuwenden, obwohl der größte Teil dieses Wirtschaftsjahres vor dem 1.1.2022 liegt.