Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 80
Hinsichtlich der Besteuerung der Gewinne der optierenden Personengesellschaft treten bei Bestehen eines DBA keine Verwerfungen durch Qualifikationskonflikte ein. Ist die optierende Gesellschaft in Deutschland ansässig, und erkennt der ausländische Staat die Option nicht an, hat Deutschland sowohl aus Sicht Deutschlands als Ansässigkeitsstaat einer fiktiven Kapitalgesellschaft als auch aus Sicht des ausländischen Staates als Betriebsstättenstaat der Personengesellschaft das Besteuerungsrecht an den Gewinnen der Gesellschaft. Besteht ein DBA, wird eine Doppelbesteuerung durch Freistellung oder Anrechnung der deutschen Steuer im ausländischen Staat vermieden. Besteht kein DBA, kann es zwar zur Doppelbesteuerung kommen, das wäre aber auch der Fall ohne Option, da dann die Gewinne der Personengesellschaft in Deutschland im Rahmen der beschr. Stpfl. der Gesellschafter und im ausländischen Staat im Rahmen ihrer unbeschr. Stpfl. besteuert würden. Es ist Sache des ausländischen Staates, die Doppelbesteuerung ggf. durch Anrechnung zu vermeiden. Diese Anrechnung kann sich aber schwierig gestalten, da die in Deutschland entstandene Steuer eine KSt, keine ESt, ist, und Stpfl. die inländische fiktive Kapitalgesellschaft, nicht der ausl. Gesellschafter, ist. Außerdem würde Deutschland auf die Auskehrungen der optierenden Gesellschaft KESt als Steuer des ausl. Gesellschafters erheben, aus Sicht des ausl. Staates würde aber keine Gewinnausschüttung, sondern nur eine steuerlich neutrale Entnahme vorliegen. Es entscheidet sich nach dem Recht des ausl. Staates, ob trotz dieser Verwerfungen eine Anrechnung der KSt und der KESt auf die ESt des Gesellschafters möglich ist. Auch die Frage, ob der ausl. Staat für Auskehrungen der fiktiven Kapitalgesellschaft das internationale Schachtelprivileg gewähren wird, ist nach ausl. Recht zu beurteilen. Erkennt der ausl. Staat die Option und damit die KSt-Pflicht der optierenden Gesellschaft an, entstehen weder bei Bestehen eines DBA noch bei dessen Fehlen Verwerfungen, da in beiden Fällen die betroffenen Staaten Deutschland das Besteuerungsrecht für die Gewinne der fiktiven Kapitalgesellschaft zuerkennen.
Rz. 81
Bezieht die inländische optierende Gesellschaft steuerabzugspflichtige Bezüge aus dem Ausland, erfolgt die Anrechnung bzw. der Abzug ausländischer Steuern nicht mehr auf der Ebene der Gesellschafter, sondern der fiktiven Kapitalgesellschaft. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG sind die §§ 34c Abs. 1 – 3, 5 – 7 EStG entsprechend anwendbar. Das gilt auch für § 34d EStG. Insoweit hat die Option, abgesehen von der Verlagerung der Anrechnungsberechtigung auf die Gesellschaft, keine Auswirkungen. Eine Auswirkung ergibt sich jedoch bei der Höchstbetragsberechnung der ausländischen Steuer. So können Kapitaleinkünfte bei der fiktiven Kapitalgesellschaft nach § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei sein, sodass mangels einer auf diese Einkünfte entfallenden deutschen Steuer die Anrechnung ins Leere geht. Bei natürlichen Personen als Gesellschafter einer Personengesellschaft wären die Einkünfte im Teileinkünfteverfahren zu besteuern gewesen, sodass eine Anrechnung möglich gewesen wäre. Besteht nach § 8b Abs. 4 KStG Steuerpflicht oder handelt es sich um andere abzugsteuerpflichtige Einkünfte, die nicht unter § 8b Abs. 1 KStG fallen, können infolge der mit 15 % niedrigen KSt-Belastung Anrechnungsüberhänge entstehen, während bei natürlichen Personen die deutsche Steuer höher und daher die Anrechnung in vollem Umfang möglich sein kann. Zu beachten ist auch, dass die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Steuer nach § 26 Abs. 2 KStG im Verhältnis der ausländischen Einkünfte zu der Summe der Einkünfte zu ermitteln ist, während nach § 34c Abs. 1 S. 2 EStG der sich für das zu versteuernde Einkommen ergebende durchschnittliche Steuersatz anzuwenden ist. Dadurch kann sich für natürliche Personen ein höherer Anrechnungsbetrag ergeben.
Rz. 82
Besteht ein DBA, stellt sich die Frage, ob die optierende Gesellschaft abkommensberechtigt ist. Nach Art. 1 OECD-MA muss die Gesellschaft eine "Person" und in einem Staat oder in beiden Staaten ansässig sein. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA sind alle Gesellschaften "Personen", und zwar sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften. Hat die optierende Gesellschaft ihre Geschäftsleitung in Deutschland, ist sie aufgrund der Option selbst steuerpflichtig und unterliegt der unbeschränkten Steuerpflicht. Daher ist sie nach Art. 4 OECD-MA auch in Deutschland ansässig und daher abkommensberechtigt. Handelt es sich bei der optierenden Gesellschaft um eine ausländische Gesellschaft, ist die Option nach § 1a Abs. 1 S. 6 Nr. 2 KStG nur möglich, wenn sie auch in dem ausländischen Staat der KSt unterliegt. In diesem Fall wird die optierende Gesellschaft also in beiden Staaten als Körperschaft besteuert. Sie ist daher in dem ausländischen Staat ansässig und ebenfalls abkommensberechtigt.
Rz. 83
Schüttet die inländische fiktive Kapitalgesellschaft Gewinne an einen im Aus...