1 Zweck und Konzeption des Optionsmodells

1.1 Einführung des Optionsmodells

 

Rz. 1

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts[1] ist in § 1a KStG die Möglichkeit geschaffen worden, dass bestimmte Personengesellschaften zur Besteuerung als Körperschaft optieren können. Diese Option ist unabhängig von der zivilrechtlichen Rechtsform, d. h. die Personengesellschaft bleibt zivilrechtlich Personengesellschaft, wird steuerlich aber wie eine Kapitalgesellschaft behandelt. Das Optionsmodell ähnelt damit der US-amerikanischen "check-the-box-Regelung", unterscheidet sich aber dadurch, dass steuerlich ein Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft fingiert wird. Damit wird die Regelung sehr viel stärker formalisiert als es im US-amerikanischen Steuerrecht der Fall ist. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass nur die Option einer Personengesellschaft zur intransparenten Besteuerung möglich ist, nicht umgekehrt die Option einer Kapitalgesellschaft zur transparenten Besteuerung.

 

Rz. 2

Die Einführung des Optionsmodells führt, ungeachtet des administrativen Aufwandes, den der fiktive Formwechsel verursacht, zu einer erheblichen Flexibilisierung des Steuerrechts. Den in Form einer Personengesellschaft organisierten Unternehmen stehen damit drei Optionen zur Verfügung. Sie können die Rechtsform der Personengesellschaft handels- und steuerrechtlich beibehalten, sie können handelsrechtlich eine Personengesellschaft bleiben, sich aber steuerlich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern lassen, und sie können sich schließlich durch eine reale Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich dem Regime für Kapitalgesellschaften unterwerfen. Das Optionsmodell bietet den Unternehmen daher die Möglichkeit, die flexible Rechtsform der Personengesellschaft beizubehalten, also die stärker formalisierten Regelungen der Körperschaft zu vermeiden, andererseits aber die von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängigen Vorteile der Besteuerung als Körperschaft in Anspruch zu nehmen. Andererseits besteht für Körperschaften nicht die Möglichkeit, aufgrund einer Option und eines fiktiven Formwechsels als Personengesellschaft besteuert zu werden.

 

Rz. 3

§ 1a KStG enthält für die Option zur KSt keine umfassende eigenständige materielle und formelle Regelung, sondern greift in starkem Maße auf bestehende Regelungen zurück. § 1a KStG enthält daher in materieller Hinsicht im Wesentlichen Verweisungen auf das Umwandlungsrecht und Umwandlungssteuerrecht sowie auf Verfahrensregelungen. Materiell knüpft § 1a KStG an das steuerliche Umwandlungsrecht an und ordnet die Option in § 1a Abs. 2 S. 1 KStG als (fiktiven) Formwechsel nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwG ein. Die Verweisung auf das handelsrechtliche UmwG dient lediglich der Definition des fiktiven Formwechsels, hat aber handelsrechtlich keine materielle Wirkung, da die Rechtsform der Personengesellschaft unverändert bleibt. Rechtswirkungen treten lediglich für das Steuerrecht ein. Auch hinsichtlich der Rechtswirkungen enthält § 1a KStG keine umfassende Regelung. Stattdessen wird die optierende Gesellschaft in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG als Kapitalgesellschaft fingiert. Damit sind alle die Kapitalgesellschaften betreffenden Regelungen des KSt anwendbar. Andererseits hat der Gesetzgeber versucht, alle notwendigen Regelungen in § 1a KStG zusammenzufassen, auch soweit sie das EStG betreffen. Dies dient der Gesetzesklarheit und vermeidet verstreute Einzelregelungen.[2] Darüber hinaus enthält das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts für das Optionsmodell lediglich Anpassungen des GewStG in § 2 Abs. 8 GewStG, des EStG in §§ 17, 20 und 50d EStG, des BewG, des ErbStG, des GrEStG sowie einiger anderer Gesetze.

 

Rz. 4

Das Optionsmodell beseitigt nicht die rechtsformabhängige Besteuerung, da die unterschiedlichen Besteuerungsregime der transparenten Personengesellschaft und der intransparenten Körperschaft weiter bestehen. Obwohl eine rechtsformneutrale Besteuerung lediglich ein volks- und betriebswirtschaftliches Postulat ist, sind gegen die Unterschiede in der Besteuerung der verschiedenen Rechtsformen verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden. Betroffen sein können Art. 9 GG (Zwang zur Wahl einer nicht gewünschten Rechtsform), Art. 12 GG (Freiheit der Berufswahl und -ausübung), aber auch Art. 2 GG (allgemeine Handlungsfreiheit).[3] Nachteilig an der bisherigen nicht rechtsformneutralen Besteuerung ist, dass sich das Unternehmen die (erwarteten) Vorteile einer Besteuerung als Körperschaft nur durch eine reale Umwandlung verschaffen kann. Die Freiheit der Rechtsformwahl wird also durch das Steuerrecht praktisch eingeschränkt. Erwartete Vorteile der Besteuerung als Körperschaft muss mit der Aufgabe der flexiblen und wenig formalisierten Struktur der Personengesellschaft erkauft werden. Insoweit schafft das Optionsmodell Abhilfe, da die Besteuerung als Körperschaft nicht mehr die gesellschaftsrechtliche Umwandlung voraussetzt. Das Optionsmodell wird daher den Bedarf an einer rechtsformneutralen Besteuerung erheblich verminder...

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