1 Allgemeines

 

Rz. 1

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts ist § 27 KStG in Abs. 1 und 6 geändert worden.[1]

Die Änderungen stehen zwar im Zusammenhang mit der Einführung der Optionsmöglichkeit für Personengesellschaften nach § 1a KStG, gelten aber allgemein, also nicht nur für die optierende Gesellschaft. Durch die Änderungen werden zwei Lücken in dem Gesetz geschlossen. Zwar wurde auch bisher schon so verfahren, wie es jetzt die Neuregelung vorsieht, doch ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber die von dem Wortlaut des Gesetzes im strengen Sinne nicht gedeckte Handhabung durch eine Ergänzung des Gesetzes legitimiert hat.

 

Rz. 2

Nach § 34 Abs. 6e S. 5 KStG ist die Neuregelung erstmals auf Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 erfolgen. Das Gesetz legt sich also keine Rückwirkung bei, obwohl es die bisherige Handhabung legitimieren will. Erfolgt ist die Minder- oder Mehrabführung nach § 34 Abs. 6e S. 6 KStG mit dem Ende des Wirtschaftsjahres, in das die Minder- oder Mehrabführung fällt. Endet dieses Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2021, ist die Neuregelung anwendbar, auch wenn der Vorgang, auf dem die Minder- oder Mehrabführung beruht, bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft vor dem 1.1.2022 eingetreten ist.[2]

[1] G. v. 25.6.2021, BGBl I 2021, 2050; hierzu Himmer/Liedgens, DB 2021, 1221.
[2] Zu dem Zeitpunkt der Minder- und Mehrabführungen § 1a KStG Rz. 20.

2 Änderung der Regelungen für das steuerliche Einlagekonto

 

Rz. 3

§ 27 Abs. 1 S. 3 KStG bestimmt, dass Leistungen der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter das steuerliche Einlagekonto nur mindern, soweit sie den ausschüttbaren Gewinn übersteigen. Die Leistungen werden also zuerst gegen den ausschüttbaren Gewinn verrechnet. Das führt bei den Gesellschaftern zu steuerpflichtigen Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Erst wenn kein ausschüttbarer Gewinn mehr vorhanden ist, kann die Auskehrung aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden, was bei den Gesellschaftern zu grundsätzlich nicht steuerbaren Einnahmen führt. Die Regelung gibt daher steuerpflichtigen Einnahmen Vorrang vor der nicht steuerbaren Kapitalrückzahlung. Dies gilt unabhängig davon, ob handelsrechtlich eine Gewinnausschüttung oder eine Einlagenrückgewähr vorliegt. Das Steuerrecht weicht damit von dem Handelsrecht ab und schließt einen Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto aus. Nach der bisherigen Regelung gilt das lediglich nicht bei der Rückzahlung von Nennkapital. Das zurückzuzahlende Nennkapital ist in einem ersten Schritt nach § 28 Abs. 2 S. 1 KStG in das steuerliche Einlagekonto einzustellen, soweit es nicht zu dem Sonderausweis gehört. Der den Sonderausweis übersteigende Rückzahlungsbetrag ist dann nach § 28 Abs. 2 S. 3 KStG aus dem steuerlichen Einlagekonto zu finanzieren. Dabei ist der Direktzugriff möglich, d. h. die Finanzierung ist nicht davon abhängig, dass kein ausschüttbarer Gewinn mehr vorhanden ist. Nach der Formulierung des § 27 Abs. 1 S. 3 KStG war dies der einzige Fall des Direktzugriffs auf das steuerliche Einlagekonto. Damit entstand eine Divergenz zu § 27 Abs. 6 KStG, der bestimmt, dass Mehrabführungen einer Organgesellschaft das steuerliche Einlagekonto mindern. Auch dies sollte nach der Praxis einen Direktzugriff ermöglichen.[1]

Die Neuregelung beseitigt diese Divergenz zwischen den beiden Vorschriften, indem in Abs. 1 S. 3 bestimmt wird, dass auch Mehrabführungen nach Abs. 6 den Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto ermöglichen. Das korrespondiert mit der Regelung des § 27 Abs. 1 S. 4 KStG, wonach der Bestand des steuerlichen Einlagekontos durch den Direktzugriff bei Mehrabführungen auch negativ werden kann, wenn sein positiver Bestand nicht ausreicht, die Mehrabführung zu finanzieren.[2]

 

Rz. 4

Durch die Ergänzung des § 27 Abs. 6 KStG durch die Anfügung des S. 2 wird die bisher offene Frage geregelt, in welcher Reihenfolge Mehrabführungen und sonstige Entnahmen aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden. Da Mehrabführungen zu einem negativen Bestand des steuerlichen Einlagekontos führen können, sonstige Entnahmen aus dem Konto aber nicht, wäre es für den Gesellschafter günstiger, dass zuerst die sonstigen Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden, da dann hierfür noch ein positiver Bestand vorhanden sein wird. Wenn erst danach die Mehrabführungen verrechnet würden, könnte dies trotz eines fehlenden Bestandes aus dem steuerlichen Einlagekonto finanziert werden, da dieses insoweit negativ werden kann, was für andere Auskehrungen nicht der Fall ist. Abs. 6 S. 2 bestimmt jedoch, dass Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vor anderen Leistungen vermindern. Dadurch kann der Bestand des Einlagekontos vor der Finanzierung der anderen Leistungen negativ werden oder der Bestand sich so verringern, dass er für die Finanzierung der anderen Leistungen nicht mehr ausreicht. Insoweit ist eine Finanzierung der anderen Leistungen aus dem Einlagekonto nicht mehr möglich.[3]

Solange der Bestand des steuerlichen E...

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