Prof. Dr. Gerrit Frotscher
18.06
Das Vorliegen einer Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ist nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Daher erfasst § 18 Absatz 3 UmwStG auch die Veräußerung gegen wiederkehrende Bezüge. Das Wahlrecht nach R 16 Absatz 11 EStR 2010 besteht für Zwecke des § 18 UmwStG nicht. § 18 Absatz 3 Satz 2 UmwStG erfasst auch die Veräußerung des Teils eines Mitunternehmeranteils.
Zu Randnr. 18.06
Die Randnrn. 18.06–18.08 erläutern die Anwendung der Missbrauchsregelung für besondere Fälle der Aufgabe und Veräußerung. Der Begriff "Veräußerung" erfasst jede entgeltliche Übertragung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, unabhängig davon, ob das Entgelt in einer Einmalzahlung oder in wiederkehrenden Bezügen besteht. Bei einer Veräußerung gegen wiederkehrende Bezüge schließt die Finanzverwaltung das Wahlrecht nach R 16 Abs. 11 EStR aus. Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn ist daher nach bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen durch Ermittlung des Barwerts der wiederkehrenden Bezüge zu bestimmen. Die Alternative, die wiederkehrenden Bezüge zuerst mit dem Kapitalkonto zu verrechnen und nur den übersteigenden Betrag als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern, ist daher nicht anwendbar. Bei dieser Alternative läge keine Veräußerung vor.
Der Erlass lässt offen, ob der Tatbestand der Veräußerung auch dann vorliegt, wenn bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft der Mitunternehmeranteil der Obergesellschaft veräußert wird. In Randnr. 22.02 vertritt die Finanzverwaltung die Ansicht, dass eine solche mittelbare Veräußerung der unmittelbaren Veräußerung gleichzustellen sei, da damit wirtschaftlich eine Veräußerung des Anteils an der Untergesellschaft verbunden sei. Es muss erwartet werden, dass die Finanzverwaltung auch im Rahmen des § 18 UmwStG solche mittelbaren Veräußerungen erfassen wird (hierzu und zur Kritik an der Ansicht der Finanzverwaltung Randnr. 22.02).
18.07
Eine Veräußerung des auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangenen Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils liegt z. B. auch dann vor, wenn der übergegangene Betrieb in eine Kapital- oder Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht wird (vgl. Randnr. 00.02).
Wird der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nach §§ 20, 24 UmwStG zum Buch- oder Zwischenwert eingebracht, tritt die übernehmende Gesellschaft in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers ein und ist daher für den Rest der Fünfjahresfrist der Vorschrift des § 18 Absatz 3 UmwStG unterworfen (vgl. § 23 Absatz 1, § 24 Absatz 4 UmwStG). Kommt es bei Einbringung zum Zwischenwert zu einem Übertragungsgewinn, unterliegt dieser Gewinn ungeachtet des Eintritts in die steuerliche Rechtsstellung insoweit der Anwendung des § 18 Absatz 3 UmwStG.
Wird der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nach §§ 20, 24 UmwStG zum gemeinen Wert eingebracht, findet § 18 Absatz 3 UmwStG auf einen Übertragungsgewinn Anwendung. Anders als in den Fällen der Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge (vgl. § 23 Absatz 4 erster Halbsatz UmwStG) wird die Fünfjahresfrist in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge auch bei Einbringung zum gemeinen Wert vom übernehmenden Rechtsträger fortgeführt (§ 23 Absatz 4 zweiter Halbsatz UmwStG).
Zu Randnr. 18.07
Randnr. 18.07 behandelt die Anwendung des § 18 Abs. 3 UmwStG für den Fall der Einbringung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapital- oder Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Hierin ist grundsätzlich eine Veräußerung zu sehen.
Erfolgt die Einbringung zu Buchwerten, greift zwar § 18 Abs. 3 UmwStG dem Grunde nach ein, es ergibt sich aber kein Veräußerungsgewinn. § 18 Abs. 3 UmwStG ordnet nur die Besteuerung des tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinns an, bestimmt aber nicht, dass der Veräußerungsgewinn auch dann anhand des gemeinen Werts zu berechnen ist, wenn nach anderen Vorschriften der Buchwert zugrunde zu legen ist. Das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 UmwStG bzw. § 24 Abs. 2 UmwStG wirkt daher auch für die Besteuerung nach § 18 Abs. 3 UmwStG. Folge ist jedoch, dass die steuerliche Bindung des übergehenden Vermögens nach § 18 Abs. 3 UmwStG auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, da dieser in die steuerliche Rechtstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt. Die für den übertragenden Rechtsträger geltende Frist wird bei dem übernehmenden Rechtsträger fortgeführt. Die Besteuerung nach § 18 Abs. 3 UmwStG greift daher ein, wenn der übernehmende Rechtsträger einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgibt oder veräußert.
Erfolgt die Einbringung zum Zwischenwert, gilt grundsätzlich das Gleiche wie bei der Buchwertfortführung. Zusätzlich entsteht bei dem übertragenden Rechtsträger aus dem Zwischenwertansatz ein Veräußerungsgewinn, der nach § 18 Abs. 3 UmwStG steuerpflichtig ist. Die Fortsetzung der steuerlichen Bindung bei dem übernehmenden Rechtsträger trotz der Besteuerung aus dem Zwischen...