Dipl.-Finw. (FH) Thomas Rupp
Rz. 101
Bereits nach der Protokollerklärung zum Zollkodex-Anpassungsgesetz sollte Ende des 2. Quartals 2015 mit dem Beginn eines Gesetzgebungsverfahrens zur Reform der Investmentbesteuerung die Behandlung von Veräußerungsgewinnen bei Streubesitz geregelt werden. Während der erste Referentenentwurf eine Regelung der Steuerpflicht in Ergänzung des § 8b Abs. 4 KStG enthielt, war dies im Kabinettsentwurf der Bundesregierung nicht mehr der Fall.
Der Bundesrat hat hingegen mit Beschluss vom 22.04.2016 die Regelung der Steuerpflicht gefordert.
Die Bundesregierung hatte hierzu am 04.05.2016 die Gegenäußerung beschlossen, die insoweit folgende Aussage enthält: "… innerhalb der Ressorts der Bundesregierung wird weiterhin nach einer zufriedenstellenden Lösung für die Vermeidung neuer Belastungen im Wagniskapitalbereich gesucht, die mit den beihilferechtlichen Anforderungen des Unionsrechts vereinbar ist, um eine mögliche Einführung der Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen zu einem späteren Zeitpunkt erneut ergebnisoffen aufzugreifen."
Die Endfassung des Gesetzes enthält daher nicht die im ersten Diskussionsentwurf vorgesehene Ausdehnung der Steuerpflicht auf Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen (Beteiligungshöhe geringer als 10 %) von Kapitalgesellschaften (§ 8b Abs. 4 KStG).
Das am 09.06.2016 vom Bundestag beschlossene Gesetz enthält somit auch keine Veränderung bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz. Es bleibt aber erklärtes Ziel der Bundesregierung, eine Regelung zur Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz zu schaffen, die keine neue steuerliche Belastung bei der Finanzierung junger, innovativer Unternehmen schafft. Dafür muss sichergestellt sein, dass die Regelungen für junge, innovative Unternehmen aus Sicht der EU-Kommission europarechtlich zulässig sind. Die Arbeiten an einer solchen Lösung gehen weiter.
Aus Investorensicht ist daher dieses Thema weiter zu überwachen und zu prüfen, ob die betroffenen Beteiligungen vor einem möglichen neuen Stichtag zu veräußern sind oder die Beteiligungsquote vor dem Stichtag auf mindestens 10 % zu erhöhen ist.