27.12

Ein Einbringungsgewinn II, der auf die Einbringung von einbringungeborenen Anteilen i. S. d. § 21 UmwStG 1995 entfällt, die erst nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist des alten Rechts veräußert werden, ist voll steuerpflichtig und nicht nach den Regelungen des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens voll oder teilweise steuerfrei, wenn der Einbringungszeitpunkt innerhalb der für die einbringungsgeborenen Anteile alten Rechts geltenden siebenjährigen Sperrfrist liegt.

 
Praxis-Beispiel

A ist Inhaber eines Einzelunternehmens, das er in 2002 in eine neu gegründete GmbH 1 (Buchwert 100.000 EUR, gemeiner Wert 800.000 EUR) einbringt. Die GmbH 1 setzt das übernommene Vermögen mit dem Buchwert an. Die neuen Anteile an der GmbH 1 sind einbringungsgeborene Anteile i. S. d. § 21 Absatz 1 UmwStG 1995. Im Januar 2007 bringt A die Anteile an der GmbH 1 in die GmbH 2 gegen Gewährung von neuen Anteilen ein. Die übernehmende GmbH 2 setzt die eingebrachten Anteile an der GmbH 1 mit dem bisherigen Buchwert an (Buchwert 100.000 EUR, gemeiner Wert 900.000 EUR). Im Juni 2010 veräußert die GmbH 2 die eingebrachten einbringungsgeborenen Anteile an der GmbH 1 für 1.100.000 EUR.

Lösung:

Die von der GmbH 2 veräußerten Anteile an der GmbH 1 sind zwar gem. § 23 Absatz 1 UmwStG Anteile i. S. v. § 21 UmwStG 1995. Der erzielte Veräußerungsgewinn ist jedoch nach § 8b Absatz 2 KStG steuerfrei, da die siebenjährige Sperrfrist nach § 8b Absatz 4 KStG a. F. zum Zeitpunkt der Veräußerung in 2010 abgelaufen ist. Da somit kein Anwendungsfall von § 8b Absatz 4 KStG a. F. vorliegt, kommen nach § 27 Absatz 4 UmwStG die §§ 22 und 23 UmwStG zur Anwendung. Im Beispielsfall muss A gem. § 22 Absatz 2 UmwStG im Veranlagungszeitraum 2007 rückwirkend einen Einbringungsgewinn II nach § 16 EStG i. V. m. § 21 UmwStG a. F. versteuern. Dieser Gewinn unterliegt nicht der teilweisen Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 40 EStG, da die Weitereinbringung der einbringungsgeborenen Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist alten Rechts erfolgt ist.

Die Einbringung im Januar 2007 ist ein entgeltlicher Vorgang, der aufgrund der Buchwertfortführung zunächst nicht zum Entstehen eines Einbringungsgewinns führt. Aufgrund der Veräußerung der eingebrachten Anteile durch die GmbH 2 in 2010 entsteht rückwirkend im Jahr 2007, d. h. innerhalb von sieben Jahren nach der ersten Einbringung, ein Einbringungsgewinn II aufgrund der nunmehr rückwirkend vorzunehmenden höheren Bewertung. Damit ergibt sich hinsichtlich der vollen Steuerpflicht des Einbringungsgewinns das gleiche Ergebnis, wie wenn die Einbringung in 2007 von vornherein zum gemeinen Wert oder Zwischenwert erfolgt wäre. Die nachträgliche Besteuerung der im Zeitpunkt der Einbringung vorhandenen stillen Reserven soll durch die Systemumstellung des Einbringungsteils nicht verloren gehen. Die nachträgliche Besteuerung umfasst daher auch die Nichtgewährung der 40 %igen Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 40 Satz 3 und 4 EStG a. F.

 

Zu Randnr. 27.12

Besonders komplizierte Fragen treten auf, wenn das neue und das alte Recht bei einem Veräußerungsvorgang zusammentreffen. Das kann der Fall sein, wenn die übernehmende Körperschaft nach einer Weitereinbringung von einbringungsgeborenen Anteilen nach dem 12.12.2006 diese eingebrachten Anteile außerhalb der ursprünglichen Sperrfrist von 7 Jahren veräußert. Dann hat die Veräußerung der weiter eingebrachten Anteile unter dem UmwStG 1995 keine steuerliche Wirkung, da sie außerhalb der ursprünglichen Sperrfrist erfolgt. Gleichzeitig liegt aber eine schädliche Veräußerung nach neuem Recht vor, da die Weitereinbringung nach dem 12.12.2006 eine Sperrfrist nach neuem Recht auslöst, die allerdings nur zum Tragen kommt, soweit die Sperrfrist nach altem Recht im Zeitpunkt der Veräußerung der weiter eingebrachten Anteile abgelaufen ist. Ist das der Fall, löst die Veräußerung der weiter eingebrachten Anteile den Einbringungsgewinn II nach § 22 Abs. 2 UmwStG auf den Zeitpunkt der Weitereinbringung aus.[1] Die Besteuerung erfolgt bei dem Einbringenden der Weitereinbringung. War im Zeitpunkt der Weitereinbringung die Sperrfrist nach altem Recht noch nicht abgelaufen, wird der Einbringungsgewinn II nach altem Recht versteuert, d. h., es tritt keine Minderung des Einbringungsgewinns um jeweils 1/7 pro Jahr ein. Außerdem ist die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 S. 3 EStG a. F. ausgeschlossen. Es tritt damit die gleiche Rechtsfolge ein, als wenn der Einbringende der Weitereinbringung die Anteile im Zeitpunkt der Weitereinbringung nicht eingebracht, sondern veräußert hätte.

[1] A. A. Pinkernell, FR 2011, S. 568.

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