Zu Randnr. 04.16
In Randnr. 04.16 wird die Ansicht der Finanzverwaltung wiederholt, dass die Bilanzansätze und die Bewertung nach den Vorschriften des UmwStG nur für die Übertragungsbilanz und die etwaige Übernahmebilanz gelten, in den Folgebilanzen des übernehmenden Rechtsträgers aber § 5 EStG uneingeschränkt anzuwenden, abweichende Bilanzansätze also entsprechend den Regeln des § 5 EStG anzupassen sind. Randnr. 04.16 knüpft an Randnr. 03.06 an, wonach in der Übertragungsbilanz beim Ansatz des gemeinen Werts oder von Zwischenwerten auch Wirtschaftsgüter und Passivpositionen anzusetzen sind, für die steuerlich ein Ansatzverbot gilt.
Da der Erlass davon ausgeht, dass die Umwandlung eine Anschaffung darstellt (Randnr. 00.02), gilt diese Regelung nicht für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter und einen selbstgeschaffenen Firmenwert des übertragenden Rechtsträgers, da insoweit angeschaffte, keine selbstgeschaffenen Wirtschaftsgüter vorliegen.
Bedeutung hat diese Regelung aber für den Ansatz von Rückstellungen, für die nach § 5 EStG ein Passivierungsverbot besteht, insbesondere für Drohverlustrückstellungen, und für die Passivierung sonstiger stiller Lasten.
Diese Ansicht der Verwaltung ist problematisch. Zwar gilt die gegenteilige Regelung des § 3 Abs. 1 UmwStG nur für die Übertragungsbilanz und nach § 4 Abs. 1, 2 UmwStG nur für eine etwaige steuerliche Übernahmebilanz. Die Ansicht der Verwaltung widerspricht jedoch dem Anschaffungskosten- und Realisationsprinzip. Die Umwandlung, jedenfalls wenn sie zum gemeinen Wert erfolgt, stellt für den übernehmenden Rechtsträger einen Anschaffungsvorgang dar, sodass die übernommenen Wirtschaftsgüter mit den Anschaffungskosten zu bewerten sind. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die übernommenen Verbindlichkeiten und Rückstellungen. Werden Rückstellungen nach der Übertragung des Vermögens aufgelöst, bedeutet dies, dass die Anschaffungskosten verändert werden, also der Bilanzansatz über die Anschaffungskosten hinausgeht. Auch können die Bilanzierung der aktiven Wirtschaftsgüter und der Ansatz der Rückstellungen als Teil der Gegenleistung nicht voneinander getrennt werden. "Angeschaffte" Rückstellungen sind daher ohne Berücksichtigung der Ansatzverbote weiterhin zu passivieren.
Offen ist dies für die Passivierung von Drohverlustrückstellungen. Der BFH hat den Fall entschieden, dass der Steuerpflichtige im Rahmen eines Kaufvertrags Verpflichtungen, die aus einem schwebenden Geschäft stammen und bei dem Veräußerer als drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nicht passiviert werden durften, übernimmt. Dann liegt bei dem Erwerber ein Anschaffungsgeschäft vor, das mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Erwerber nicht in den schwebenden Vertrag eintritt, sondern den Veräußerer nur von den Verpflichtungen aus dem Vertrag freistellt. In diesem Fall bleibt der Veräußerer im Außenverhältnis Schuldner, während der Erwerber nur im Innenverhältnis zur Freistellung verpflichtet ist. Der Grundsatz der erfolgsneutralen Bilanzierung hat dann Vorrang vor dem Bilanzierungsverbot des § 5 Abs. 4a EStG. Das bedeutet, dass die aus dem schwebenden Vertrag übernommene Verpflichtung mit den Anschaffung...