Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Überschusserzielungsabsicht bei Ferienwohnungen
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten, ist nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 30. September 1997 IX R 80/94 (BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771) ohne weitere Prüfung von der Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen auszugehen. Dabei ist es unerheblich, ob dieser die Ferienwohnung in Eigenregie vermietet oder mit der Vermietung einen Dritten beauftragt (Anschluss an BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705).
2. Wird eine Ferienwohnung teils selbst genutzt und teils an wechselnde Feriengäste vermietet, ist die Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen zu bejahen, wenn sich anhand der für einen Prognosezeitraum von 30 Jahren geschätzten Einnahmen und Ausgaben ein Totalüberschuss ergibt. Hat der Steuerpflichtige bereits beim Erwerb einer Ferienwohnung deren später vorgenommenen Verkauf ernsthaft in Betracht gezogen, ist der Prognose der kürzere Zeitraum der tatsächlichen Vermögensnutzung zugrunde zu legen.
3. Wird eine Ferienwohnung teils selbst genutzt und teils an wechselnde Feriengäste vermietet, sind die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen (Änderung der Rechtsprechung).
4. Lässt sich der Umfang der ―neben einer tatsächlichen Fremdvermietung gegebenen― Selbstnutzung nicht feststellen, sind die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen zu je 50 v.H. der Selbstnutzung und der Vermietung zuzuordnen.
5. Durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte des Steuerpflichtigen in der Ferienwohnung (z.B. zur Endreinigung, Schlüsselübergabe, Beseitigung von Schäden) sind keine Selbstnutzung.
Normenkette
EStG §§ 2, 9, 21; FGO § 118 Abs. 2
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 2001, 212) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, waren Eigentümer einer im Jahre 1990 erworbenen und im Jahre 1999 wieder verkauften Ferienwohnung, die sie durch eine Verwalterin an wechselnde Feriengäste vermieten ließen. In der hierzu geschlossenen Verwaltungsvereinbarung hatten die Kläger sich vier Wochen jährlich zur Selbstnutzung und Renovierung vorbehalten; die übrige Zeit stand die Wohnung ausschließlich der Verwalterin zur Vermietung zur Verfügung. Die Ferienwohnung war in den Streitjahren (1990 und 1991) an 174 Tagen (1990) und 185 Tagen (1991) vermietet.
In ihren Einkommensteuererklärungen der Streitjahre machten die Kläger aus der Vermietung der Ferienwohnung ―durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der (gesamten) Aufwendungen ermittelte― Werbungskostenüberschüsse von 10 496 DM (1990) und 8 252 DM (1991) geltend; in den Folgejahren erklärten die Kläger Werbungskostenüberschüsse von 7 471 DM (1992), 10 108 DM (1993), 14 057 DM (1994) und 7 709 DM (1995).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ließ in den Streitjahren die (der Vermietung nicht direkt zuordenbaren) Werbungskosten nur mit einem nach den Vermietungstagen berechneten Anteil zum Abzug zu und ermittelte so positive Einkünfte von 98 DM (1990) und 1 736 DM (1991).
Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) insoweit statt, als es keine Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnung ansetzte: Nach dem mit der Verwalterin abgeschlossenen Vertrag habe den Klägern die Ferienwohnung für eine bestimmte Zeit zur Selbstnutzung zur Verfügung gestanden; nur in diesem Umfang seien die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zuzurechnen. Die sich hiernach ergebenden Werbungskostenüberschüsse seien aber nicht zu berücksichtigen, weil die Vermietungstätigkeit der Kläger als sog. Liebhaberei anzusehen sei. In der Zeit vom Erwerb der Ferienwohnung bis zu ihrem Verkauf im Jahre 1999 sei ein Totalüberschuss der Einnahmen über die Ausgaben weder erzielt worden noch nach den bei Beginn der Vermietungstätigkeit bekannten objektiven Umständen zu erwarten gewesen. Nähere Einzelheiten über die Umstände und Motive der Veräußerung seien nicht bekannt. Selbst wenn man aber zu Gunsten der Kläger davon ausgehe, dass der (baldige) Verkauf der Ferienwohnung in den Streitjahren noch nicht vorgesehen gewesen sei, sei bei einem ―mangels anderer Anhaltspunkte― mit 20 Jahren anzunehmenden Prognosezeitraum deren Überschusserzielungsabsicht zu verneinen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 212 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen (§ 76 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und materiellen Rechts (§ 21 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―).
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und aus der Vermietung der Ferienwohnung Werbungskostenüberschüsse in Höhe von 10 496 DM (1990) und 8 252 DM (1991) zu berücksichtigen. Sie beantragen ferner, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die bisherigen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend zu entscheiden, ob das FG zu Recht die Überschusserzielungsabsicht der Kläger verneint hat.
1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.
a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Überschusserzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).
b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dabei ist es unerheblich, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie vermieten (s. dazu BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.) oder mit der Vermietung einen Dritten beauftragen.
Haben die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung indes auch selbst genutzt oder haben sie sich (z.B. bei der Vermietung durch einen Dritten) vorbehalten, die Ferienwohnung auch selbst zu nutzen, sind die Grundsätze des Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 nicht anwendbar. Dies gilt ―im Fall des Selbstnutzungsvorbehalts― unabhängig davon, ob die Ferienwohnung in der zur Selbstnutzung vorbehaltenen Zeit tatsächlich zur privaten Erholung genutzt wurde oder leer stand.
Ist in späteren Veranlagungszeiträumen eine Selbstnutzung gegeben oder wird eine Selbstnutzung vorbehalten, entfällt ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, i.S. des Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 ohne Prüfung von der Überschusserzielungsabsicht auszugehen.
Kurzfristige Aufenthalte in der Ferienwohnung anlässlich eines Mieterwechsels (z.B. Endreinigung, Schlüsselübergabe) oder zur Erhaltung der Mietsache (z.B. Beseitigung von Schäden, die Mieter verursacht haben) sind keine Selbstnutzung (vgl. dazu auch Schuler, Der Betrieb ―DB― 1993, 1318, 1319 f.; Schempp/ Urbahns, Die Information über Steuer und Wirtschaft ―Inf― 1998, 422, 426). Das Gleiche gilt grundsätzlich z.B. für das Durchführen von Schönheitsreparaturen (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 25. November 1993 IV R 37/93, BFHE 173, 327, BStBl II 1994, 350). Findet jedoch eine Selbstnutzung statt, dienen Schönheitsreparaturen im Ergebnis sowohl der Selbstnutzung als auch der Vermietung; in einem solchen Fall sind die auf diese Zeiten entfallenden Aufwendungen ―wie bei den Leerstandszeiten (siehe dazu nachfolgend, unter e bb)― im zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen.
Ob eine Selbstnutzung vorliegt oder die Ferienwohnung ohne jegliche Selbstnutzung dauernd zur Vermietung angeboten und bereitgehalten worden ist, hat das FG nach seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Die Steuerpflichtigen tragen insoweit die Feststellungslast.
c) Werden Ferienwohnungen teilweise selbstgenutzt und teilweise vermietet, ist diese Art der Nutzung der Immobilie schon für sich allein Beweisanzeichen für eine (auch) private, nicht mit der Erzielung von Einkünften zusammenhängende Veranlassung der Aufwendungen (Urteil in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, unter 2. d; vgl. dazu auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ―BVerfG― vom 29. Juni 1995 1 BvR 1800/94, 1 BvR 2480/94, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1995, 749, und Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 10. Oktober 1995 8 C 40.93, BVerwGE 99, 303 = BStBl II 1996, 37, jeweils zur Erhebung der Zweitwohnungssteuer). Der Umstand, dass die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung auch zur privaten Erholung nutzen oder vorhalten, lässt den Schluss zu, dass sie Werbungskostenüberschüsse auch aus privaten Motiven in Kauf nehmen. Deshalb ist in derartigen Fällen zu prüfen, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung gleichwohl mit Überschusserzielungsabsicht vermietet haben.
d) Diese Absicht (einen Totalüberschuss zu erzielen) kann als sog. innere Tatsache, wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge, nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden (z.B. Urteil in BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2. a (3), m.w.N.). Entscheidend ist, ob die Vermietungstätigkeit bei objektiver Betrachtung einen Totalüberschuss erwarten lässt. Ist dies zu verneinen, können die Steuerpflichtigen gleichwohl nachweisen, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt (Beginn der Vermietung) die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet haben, zunächst angefallene Werbungskostenüberschüsse würden im Laufe der Tätigkeit durch Einnahmeüberschüsse ausgeglichen und insgesamt werde ein positives Gesamtergebnis erzielt (vgl. BFH-Beschluss vom 28. März 2000 X B 82/99, BFH/NV 2000, 1186, unter 2.). Die Steuerpflichtigen, die für das Vorhandensein der Überschusserzielungsabsicht die Feststellungslast tragen, müssen hierzu die objektiven Umstände vortragen, aufgrund derer sie im Beurteilungszeitraum erwarten konnten, einen Gesamtüberschuss zu erzielen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999 VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825, unter II. 3., m.w.N.); schon das Streben nach einem nur "bescheidenen Überschuss" reicht aus (z.B. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 3. c).
e) Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und anfallenden Werbungskosten ab (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660, unter A. I. 3. a, m.w.N.). Zukünftig eintretende Faktoren sind in die Beurteilung nur einzubeziehen, wenn sie bei objektiver Betrachtung vorhersehbar waren (Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 4. a cc). Die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums können wichtige Anhaltspunkte liefern (Urteil in BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660, unter A. I. 3. a, m.w.N.). Dies gilt umso mehr, wenn die zukünftige Bemessung eines Faktors unsicher ist (Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 4. a).
aa) Bei der Ermittlung des "Totalüberschusses" aus Vermietung und Verpachtung ist von den Ergebnissen auszugehen, die sich nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften voraussichtlich ergeben werden (z.B. Beschluss in BFH/NV 2000, 1186, unter 1.). In die Prognose sind deshalb als Werbungskosten nur die Aufwendungen einzubeziehen, die (ausschließlich oder anteilig) auf Zeiträume entfallen, in denen die Ferienwohnung an Feriengäste tatsächlich vermietet oder zur Vermietung angeboten und bereitgehalten worden ist (der Vermietung zuzurechnende Leerstandszeiten), dagegen nicht die auf die Zeit der nicht steuerbaren Selbstnutzung entfallenden Aufwendungen.
Zu berücksichtigen sind danach zunächst die ausschließlich auf die Vermietung entfallenden Werbungskosten, z.B. Reinigungskosten, Entgelte für die Aufnahme in das Gastgeberverzeichnis und Anschaffungs- und Reparaturkosten für Wirtschaftsgüter, die ausschließlich der Vermietung dienen.
bb) Bei den übrigen Aufwendungen, die sowohl durch die Selbstnutzung als auch durch die Vermietung veranlasst sind (z.B. Schuldzinsen, Haus- und Grundbesitzabgaben, Gebäude-AfA und Versicherungsbeiträge), ist eine Aufteilung auf die Zeit der Vermietung und auf die Zeit der Selbstnutzung geboten; dabei kommt als Aufteilungsmaßstab nur das Verhältnis der beiden Zeiträume zueinander in Betracht (BFH-Urteil vom 30. Juli 1991 IX R 49/90, BFHE 165, 92, BStBl II 1992, 27). Hierbei gelten folgende Grundsätze:
(1) Haben die Steuerpflichtigen (z.B. bei der Vermietung einer Ferienwohnung durch einen Dritten) die Selbstnutzung zeitlich beschränkt, ist (nur) die vorbehaltene Zeit der Selbstnutzung und im Übrigen die Leerstandszeit der Vermietung zuzurechnen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 13. August 1996 IX R 48/94, BFHE 181, 83, BStBl II 1997, 42, unter 1.).
(2) Ist eine Selbstnutzung (beim Vermieten in Eigenregie oder auch beim Übertragen der Vermietung auf einen Dritten) jederzeit möglich, sind die Leerstandszeiten im Wege der Schätzung aufzuteilen. Zwar waren nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 25. Juni 1991 IX R 7/85, BFHE 165, 67, BStBl II 1992, 24, und in BFHE 165, 92, BStBl II 1992, 27; zuletzt z.B. Urteil in BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.) die Leerstandszeiten allein der Selbstnutzung zuzurechnen, wenn nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) davon auszugehen war, dass die Ferienwohnung den Steuerpflichtigen (auch) zur Selbstnutzung zur Verfügung stand. Die Steuerpflichtigen konnten nur entweder die Selbstnutzung durch Einschalten eines Dritten ausschließen oder die Zurechnung der Leerstandszeiten in Kauf nehmen. An dieser Beurteilung hält der Senat nicht mehr fest. Er lässt sich dabei von folgenden Überlegungen leiten: Durch das ―saisonabhängige― Vermieten einer Ferienwohnung an wechselnde Feriengäste ergibt sich im Regelfall, dass die Ferienwohnung gewisse Zeiten innerhalb des Jahres leer steht (Schuler, DB 1993, 1318, 1319; Schempp/Urbahns, Inf 1998, 422, 425); dennoch sind in dieser kürzeren Vermietungszeit ―bei passabler Auslastung der Ferienwohnung― im Allgemeinen höhere Einnahmen zu erzielen als bei einer ganzjährigen Dauervermietung (Leu, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 2000, 129, 131; vgl. dazu auch Urteil in BVerwGE 99, 303 = BStBl II 1996, 37, 38, zur Erhebung der Zweitwohnungssteuer). Die Leerstandszeiten einer Ferienwohnung sind damit ―für sich betrachtet― nicht notwendigerweise Folge einer beabsichtigten Selbstnutzung, sondern können auch durch eine beabsichtigte Vermietung verursacht sein. Dies rechtfertigt es, sie nicht von vornherein allein der Selbstnutzung zuzurechnen, sondern entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen (im Ergebnis ebenso für die Umsatzsteuer, BFH-Urteil vom 24. August 2000 V R 9/00, BFHE 193, 161, BStBl II 2001, 76 - Verwendungseigenverbrauch wegen teilweiser Privatnutzung einer Segelyacht).
(3) Ob und in welchem Umfang die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung tatsächlich selbst genutzt oder zur Vermietung angeboten und bereitgehalten haben, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Die Steuerpflichtigen tragen insoweit die Feststellungslast.
(4) Ist nach der aus den Gesamtumständen des Verfahrens gewonnen Überzeugung des FG ―neben einer festgestellten Zeit tatsächlicher Fremdvermietung― eine Selbstnutzung gegeben, lässt sich aber deren Umfang nicht aufklären, ist im Wege einer typisierenden Schätzung davon auszugehen, dass die Leerstandszeiten der Ferienwohnung (einschließlich der vom Umfang her nicht feststellbaren Zeit der Selbstnutzung) zu gleichen Teilen durch das Vorhalten zur Selbstnutzung und das Bereithalten zur Vermietung entstanden und damit die hierauf entfallenden Aufwendungen zu je 50 v.H. der Selbstnutzung und der Vermietung zuzuordnen sind.
cc) Ist eine Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Wege der Prognose erforderlich, weil die Steuerpflichtigen ihre Ferienwohnung teilweise selbst genutzt haben, so ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats für die Prognose nicht auf die Dauer der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes, sondern auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch den Nutzenden abzustellen (z.B. Urteil in BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2. a (1)). Hieran hält der Senat insoweit nicht mehr fest, als er in die Beurteilung auch die mögliche Nutzung durch unentgeltliche Rechtsnachfolger der Steuerpflichtigen mit einbezieht (z.B. Schreiben des Bundesministers der Finanzen ―BMF― vom 23. Juli 1992 IV B 3 -S 2253- 29/92, BStBl I 1992, 434; Jakob/Hörmann, Finanz-Rundschau ―FR― 1989, 665, 675; Lang, FR 1997, 201, 205; kritisch Trzaskalik, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 21 Rdnr. B 262). Der Prognosezeitraum ist ―wenn sich nicht aus objektiven Umständen eine Befristung der Nutzung (z.B. wegen eines bereits im Streitjahr beabsichtigten späteren Verkaufs; vgl. auch BFH-Urteil vom 14. September 1994 IX R 71/93, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116, betr. die Beteiligung an einem Bauherrenmodell mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie) und damit ein kürzerer Zeitraum ergibt― typisierend mit 30 Jahren zugrunde zu legen. Hierfür sprechen folgende Gesichtspunkte: Da für die Dauer des Prognosezeitraums die Art und Weise der Nutzung durch die Steuerpflichtigen (und gegebenenfalls ihre Rechtsnachfolger) maßgebend ist, scheidet eine Prognose aus, die auf die voraussichtliche tatsächliche (100 Jahre; vgl. dazu BMF-Schreiben in BStBl I 1992, 434) oder auf die bei der Absetzung für Abnutzung ―AfA― (§ 7 Abs. 4 EStG) typisierend mit 50 Jahren angenommene Nutzungsdauer eines Gebäudes abstellt. Hinzu kommt, dass eine Prognose über diese Zeiträume zu viele spekulative Komponenten enthält (BFH-Urteil vom 27. Juli 1999 IX R 64/96, BFHE 190, 125, BStBl II 1999, 826). Andererseits werden Immobilienkäufe im Regelfall mit Kredit finanziert. Dies rechtfertigt es, als überschaubaren (Prognose-)Zeitraum nicht einen kürzeren Zeitraum (z.B. 20 Jahre oder noch weniger) zugrunde zu legen, sondern zugunsten der Steuerpflichtigen eine Zeitspanne von 30 Jahren anzunehmen; denn innerhalb einer Laufzeit von 25 bis 30 Jahren werden bei einer Finanzierung zu Standardkonditionen die Kredite getilgt (vgl. Rüchardt, Handbuch des Hypothekarkredits, 3. Aufl., S. 110 u. 425; Roemer, Inf 1996, 522, 524); über einen solchen Zeitraum werden Steuerpflichtige im Regelfall ihre Investition in eine auch selbst genutzte Ferienimmobilie planen.
dd) Die im Prognosezeitraum voraussichtlich zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben sind zu schätzen. Soweit die Steuerpflichtigen für diese Schätzung keine ausreichenden objektiven Umstände über eine bereits im Veranlagungszeitraum ersichtliche zukünftige Entwicklung der Mieteinnahmen und Werbungskosten vortragen, sind die zukünftig zu erwartenden Einnahmen und Werbungskosten anhand des Durchschnitts der in der Vergangenheit in einem bestimmten Zeitraum (in der Regel in den fünf letzten Veranlagungszeiträumen) angefallenen Einnahmen und Werbungskosten zu schätzen (vgl. insoweit z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 1186, unter 2.; ferner z.B. BFH-Urteile vom 19. März 1987 IV R 85/85, BFH/NV 1987, 580, und vom 12. Dezember 1990 I R 85/88, BFH/NV 1992, 59, unter 3. a aa, m.w.N. - zur Ermittlung des Ertragswerts eines Unternehmens auf der Grundlage des nachhaltig erzielbaren Jahresgewinns). Da es sich um eine bloße Schätzung handelt, sind inflationsbedingte Erhöhungen der Einnahmen und Werbungskosten nicht zu berücksichtigen.
ee) Für den Ansatz der ―mit dem Alter der Immobilie erfahrungsgemäß zunehmenden― Aufwendungen zur Instandhaltung der Ferienwohnung bilden die Wertansätze (Höchstbeträge) in § 28 der Zweiten Berechnungsverordnung ―II.BV― (in der bei Beginn der Investition in die Ferienimmobilie geltenden Fassung) eine geeignete Schätzungsgrundlage (vgl. FG Berlin, Urteil vom 27. Januar 1997 8097/96, EFG 1997, 665, rkr.). Die AfA auf in der Ferienwohnung enthaltene Einrichtungsgegenstände sind im Regelfalle nach den Sätzen der (auch für Ferienwohnungen geltenden) amtlichen AfA-Tabelle Gastgewerbe (z.B. Beck'sche Textausgaben-Steuertabellen, AfA I/5, Nr. 92) zu bemessen.
ff) Da der voraussichtliche "Totalüberschuss" aus Vermietung und Verpachtung nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermitteln ist (s. oben, unter II. 1. e aa), ist die Gebäudeabnutzung in der Prognose mit der gemäß § 7 Abs. 4 EStG in Betracht kommenden "Normal-AfA" zu berücksichtigen. Dagegen sind negative Einkünfte aufgrund von steuerlichen Subventions- und Lenkungsnormen außer Ansatz zu lassen (Urteil in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, unter 2. e, m.w.N.; a.A. Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 4. November 1998 IV C 3 -S 2253- 8/98, BStBl I 1998, 1444). Dies bedeutet kein Abweichen von allgemeinen Prinzipien der Einkünfteermittlung (so aber z.B. Stein, DStZ 2000, 780, 783 f.), sondern stellt sicher, dass diese Normen sich ―entsprechend dem Willen des Gesetzgebers― zwar in der Ergebnisrechnung des laufenden Veranlagungszeitraums niederschlagen sollen und zu Verlusten führen dürfen (Trzaskalik, a.a.O., § 21 Rdnr. B 280; Lang, FR 1997, 201, 207), aber sich bei der Prognose nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirken. Anderenfalls würde der mit Subventions- und Lenkungsnormen verfolgte Zweck unterlaufen, wenn ein durch sie entstandener Werbungskostenüberschuss unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei unberücksichtigt bleiben müsste (Urteil in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, unter 2. e).
f) Eine Prognose mit einer Schätzung der Einnahmen und Ausgaben über einen Zeitraum von 30 Jahren enthält naturgemäß viele Unsicherheitsfaktoren. Diesem Umstand ist dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Gesamtsumme der geschätzten Einnahmen ein Sicherheitszuschlag von 10 v.H. und bei der Gesamtsumme der geschätzten Ausgaben ein Sicherheitsabschlag von 10 v.H. vorgenommen wird.
g) Legen die Steuerpflichtigen dar, dass sie auf die in der Vergangenheit entstandenen Werbungskostenüberschüsse reagiert und die Art und Weise der Vermietung geändert haben, ist der Schätzung der Durchschnitt der Einnahmen und Ausgaben der zukünftigen (z.B. fünf) Veranlagungszeiträume zugrunde zu legen, in denen sich die im (jeweiligen) Streitjahr objektiv erkennbar angelegten Maßnahmen erstmals ausgewirkt haben. Die sich so ergebenden Einnahmen und Ausgaben sind auf den Rest des Prognosezeitraums hochzurechnen. Dieser beginnt mit dem Erwerb oder der Herstellung der Ferienwohnung.
h) Die Feststellung, ob im Einzelfall eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung als Tatfrage zu entscheiden (Urteil in BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2. a (3), m.w.N.). Das Gleiche gilt für die in diesem Zusammenhang zu treffende Prognose, die eine Schätzung durch das FG gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO bildet (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 1186, unter 5.). Sie beruht im Wesentlichen auf Schlussfolgerungen tatsächlicher Art, die zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. von § 118 Abs. 2 FGO gehören (vgl. Urteil in BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660, unter A. I. 3. a, m.w.N.). Das Revisionsgericht kann ―neben der Überprüfung der insoweit maßgebenden Kriterien― die Feststellungen des FG nur darauf hin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen; die Schlussfolgerungen des FG sind rechtmäßig, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (Urteile in BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660, unter A. I. 3. a, und in BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2. a (3), m.w.N.).
2. Bei Anwendung der unter 1. dargestellten Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen dazu getroffen, ob und wie die Kläger die Ferienwohnung in der vertraglich (zur Selbstnutzung und Renovierung) vorbehaltenen Zeit genutzt haben. Dies muss es nachholen und prüfen, in welchem zeitlichen Umfang die Kläger in der Ferienwohnung tatsächlich Renovierungsarbeiten durchgeführt haben. Mit dem darauf entfallenden Anteil ist die (vertraglich vorbehaltene) Zeit der Vermietung zuzurechnen, der verbleibende Rest ist (wegen des Vorbehalts) als Selbstnutzung zu beurteilen.
Das Vorliegen der Überschusserzielungsabsicht ist ―nach entsprechender Aufteilung der Kosten― durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose festzustellen. Statt des mit 30 Jahre anzunehmenden Prognosezeitraums ist die kürzere Zeit der tatsächlichen Vermögensnutzung zugrunde zu legen, wenn die Kläger bereits beim Erwerb der Ferienwohnung deren späteren Verkauf ernsthaft in Betracht gezogen haben.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil ein solcher Antrag im Revisionsverfahren unzulässig ist. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; dafür ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig (z.B. BFH-Urteil vom 2. Mai 2000 IX R 99/97, BFH/NV 2001, 14, unter II. 4.).
Fundstellen
Haufe-Index 673037 |
BFH/NV 2002, 413 |
BStBl II 2002, 726 |
BFHE 197, 151 |
BFHE 2002, 151 |
BB 2002, 398 |
DB 2002, 402 |
DStR 2002, 253 |
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