Entscheidungsstichwort (Thema)
Überschusserzielungsabsicht: Heranziehung objektiver Umstände; Wahrscheinlichkeitsprognose
Leitsatz (amtlich)
1. Die Absicht zur Erzielung von Einkünften setzt das Streben des Steuerpflichtigen voraus, durch die Vermögensnutzung einen (Total-)Überschuss der steuerpflichtigen Einnahmen über die Erwerbsaufwendungen zu erzielen. Die Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige eine Überschusserzielungsabsicht besaß, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden (Wahrscheinlichkeits-)Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und die in diesem Zeitpunkt voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen ab. Für diese Prognose können die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte liefern.
2. Die für das Vorhandensein oder Fehlen der Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen zu treffenden Prognosen beruhen im Wesentlichen auf Schlussfolgerungen tatsächlicher Art, die zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. von § 118 Abs. 2 FGO gehören und deshalb das Revisionsgericht grundsätzlich binden.
3. Zur Prognose von längerfristigen Einnahmen in ausländischer Währung (Prognose des Devisenkurses; Anschluss an das BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267).
Normenkette
EStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a; FGO § 118 Abs. 2
Verfahrensgang
FG des Landes Brandenburg (EFG 1998, 311; LEXinform-Nr. 0145416) |
Tatbestand
Die 1943 geborene Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionsklägerin (Klägerin) und ihr 1950 geborener, geschiedener Ehemann schlossen am 28. Dezember 1991 mit der in Großbritannien ansässigen Versicherungsgesellschaft X einen Rentenversicherungsvertrag gegen Einmalbeitrag in Höhe von umgerechnet 340 659 DM. In der Versicherungspolice sind sowohl die Klägerin als auch ihr geschiedener Ehemann als Versicherungsnehmer und Rentenberechtigte genannt. Die jährliche, jeweils am Ende des Jahres, erstmals am 28. Dezember 1992 zu zahlende Rente beträgt 10 962,78 Pfund Sterling. Sie ist für einen Mindestzeitraum von 15 Jahren und darüber hinaus bis zum Tod des letztversterbenden Ehegatten garantiert.
Des Weiteren gewährte die Klägerin der Wohnungsbaukreditanstalt Berlin (WBK, jetzt IBB) ein Darlehen nach § 17 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) in Höhe von 150 000 DM. Der Zinssatz beträgt 6,5 v.H., die halbjährliche Tilgung, beginnend ab 1. Mai 1992, 1,5 v.H. Das Berlin-Darlehen hat eine Laufzeit von 25 Jahren.
Die Einmalzahlung zur Rentenversicherung und das Berlin-Darlehen refinanzierten die Klägerin und ihr Ehemann zu einem Großteil durch einen Kredit der A-Bank in Höhe von 480 000 DM. Der Zinssatz für dieses Refinanzierungsdarlehen betrug bei einer Auszahlung von 90 v.H. 7,85 v.H. und war auf 10 Jahre festgeschrieben. Tilgungen brauchten in dieser Zeit nicht zu erfolgen.
In ihrem Kreditantrag an die A-Bank vom 1. Oktober 1991 hatten die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann begehrt, diesen Refinanzierungskredit in Höhe von netto 105 000 DM für die Gewährung des Berlin-Darlehens und den Restbetrag (netto 322 500 DM) zur Zahlung des Einmalbeitrages an die X zu verwenden. Bei der späteren tatsächlichen Verwendung des Nettorefinanzierungskredits wurde jedoch davon abgewichen. Lt. "Valutierungsmitteilung" der A-Bank vom 20. Januar 1992 wurden mit dem Refinanzierungskredit das Disagio von 48 000 DM, die Vermittlungsgebühren von 18 000 DM, die Gewährung des Berlin-Darlehens in Höhe von 150 000 DM sowie die Zahlung eines Teils des Einmalbeitrages an die X in Höhe von 264 000 DM bestritten. Den Rest des Einmalbeitrages in Höhe von rd. 76 000 DM an die X erbrachten die Klägerin und ihr Ehemann aus Eigenmitteln.
Ferner schloss die Klägerin ebenfalls am 28. Dezember 1991 mit der X einen Kapitallebensversicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von 74 071 Pfund Sterling zuzüglich etwaiger Jahresboni ab. Die Versicherungssumme wird am 28. Dezember 2004 fällig. Nach einer von der Klägerin vorgelegten Prognoserechnung kann bei Fälligkeit mit einer Gesamtleistung von 255 000 Pfund Sterling gerechnet werden. Für diese Versicherung sind jährliche Zahlungen in Höhe von 6 030,06 Pfund Sterling an die X zu leisten. Aus Vereinfachungsgründen werden diese Zahlungen von der Leibrente einbehalten. Der Restbetrag der Leibrente (4 932,72 Pfund Sterling) wird jährlich nachschüssig an die Klägerin ausgezahlt.
Für die Beratung und Vermittlung der beiden Anlagen (Rentenversicherung und Berlin-Darlehen) zahlte die Klägerin an das Beratungsunternehmen eine Gebühr in Höhe von 13 500 DM.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1991 bis 1993 erklärte die Klägerin in Bezug auf das Berlin-Darlehen negative Einkünfte aus Kapitalvermögen und in Bezug auf die Rentenversicherung negative sonstige Einkünfte, die der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 1991 bis 1993 nicht anerkannte, weil eine Überschusserzielungsabsicht fehle. Mit der dagegen nach erfolglosen Einsprüchen erhobenen Klage begehrte die Klägerin, für das Streitjahr 1991 sonstige Einkünfte in Höhe von ./. 49 931,87 DM und weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ./. 16 667,18 DM, für das Streitjahr 1992 sonstige Einkünfte in Höhe von ./. 16 977,90 DM und weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 463,89 DM und für das Streitjahr 1993 sonstige Einkünfte in Höhe von ./. 17 279,71 DM und weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ./. 161,17 DM zu berücksichtigen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage zum weitaus überwiegenden Teil statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1998, 311). Es setzte die sonstigen Einkünfte mit ./. 49 931,87 DM (1991), ./. 12 610,04 DM (1992) und ./. 11 494,49 DM (1993) an. Ferner berücksichtigte es weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ./. 16 667,18 DM (1991), 463,89 DM (1992) und ./. 161,17 DM (1993).
Das angefochtene Urteil ist der Klägerin am 11. November 1997 und dem FA am 12. November 1997 zugestellt worden.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Der Revisionsbegründungsschriftsatz des FA vom 9. Januar 1998 ist dem Klägervertreter mit am 14. Januar 1998 zur Post gegebenem eingeschriebenen Brief übersandt worden.
Die Klägerin hat mit als unselbständige Anschlussrevision zu deutendem Schriftsatz vom 26. März 1998, eingegangen beim Bundesfinanzhof (BFH) am 30. März 1998, beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
Mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 1. April 1998, zugestellt am 6. April 1998, wurde der Klägervertreter, Steuerberater K, auf die verspätete Erhebung der Anschlussrevision und § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hingewiesen.
Am 20. April 1998 hat der Klägervertreter beantragt, der Klägerin wegen der verspäteten Anschlussrevision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. An der Fristversäumnis treffe ihn kein Verschulden. Der Begriff der unselbständigen Anschlussrevision sei im Steuerrecht nicht bekannt. Weder die FGO noch die Abgabenordnung (AO 1977) enthalte entsprechende Vorschriften. Es sei sogar fraglich, ob eine Hinzuziehung der speziellen Regelung des § 556 der Zivilprozeßordnung (ZPO) in das Verfahren vor dem BFH mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei. Die mangelnde Kenntnis dieser Spezialvorschrift könne ihm als Steuerberater nicht angelastet werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet, soweit sie die Streitjahre 1992 und 1993 betrifft. In Bezug auf das Streitjahr 1991 ist die Revision des FA teilweise begründet. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.
A. Revision des FA
I. Zur Rentenversicherung
1. Zutreffend hat das FG zunächst angenommen, dass die Erträge und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag dem Bereich der sonstigen Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und nicht dem Anwendungsfeld des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zuzuordnen sind (vgl. auch das BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 1. der Gründe; vgl. ferner FG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 1994 14 K 3009/94 E, EFG 1995, 255, 256, m.w.N.; Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. H 30 und Q 48). Die von der Versicherungsgesellschaft X in gleichbleibender (nicht abänderbarer) Höhe gewährten jährlichen Rentenleistungen beziehen sich auf die Lebenszeit der Rentenberechtigten. Die statistische Lebenserwartung der Rentenberechtigten übersteigt die vertraglich garantierte Mindestlaufzeit der Rentenzahlungen von 15 Jahren. Die Rentenzahlungen unterliegen deshalb dem in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG geregelten Sonderrecht der Leibrenten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C. II. 2. der Gründe; BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 1.).
2. Zu Recht ist das FG ferner davon ausgegangen, dass das Besteuerungsrecht für die hier zu beurteilende Leibrente gemäß Art. X Abs. 2 und 3 des Abkommens vom 26. November 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung ―DBA-GB― (BGBl II 1966, 359, BStBl I 1966, 729 i.d.F. vom 23. März 1970, BGBl II 1971, 46, BStBl I 1971, 139) ausschließlich der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) zusteht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 2.).
3. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist des Weiteren die Würdigung seitens des FG, dass die Klägerin in den Streitjahren (1991 bis 1993) die Absicht verfolgt habe, einen Überschuss der nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG steuerpflichtigen Leibrenten-Ertragsanteile über die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden (Erwerbs-)Aufwendungen zu erzielen.
a) Die Absicht zur Erzielung von (Renten-)Einkünften setzt das Streben des Steuerpflichtigen voraus, durch die Vermögensnutzung ein positives Ergebnis, d.h. einen (Total-)Überschuss der steuerpflichtigen Einnahmen über die Erwerbsaufwendungen zu erzielen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. Januar 1991 X R 37/86, BFHE 163, 376, BStBl II 1991, 398, unter 3. der Gründe; in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 3. a). Maßgebend ist dabei grundsätzlich das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung, wobei allerdings nicht steuerbare und steuerfreie Veräußerungsgewinne außer Betracht bleiben (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. IV. 3. c, aa (2) der Gründe, m.w.N.). Die Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige eine Überschusserzielungsabsicht besaß, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden (Wahrscheinlichkeits-)Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und die in diesem Zeitraum voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen ab (Senatsurteil vom 28. Oktober 1999 VIII R 7/97, BFH/NV 2000, 564, unter II. 1. a der Gründe). Für diese Prognose können die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte liefern (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278).
Die für das Vorhandensein oder Fehlen der Überschusserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen zu treffenden Prognosen beruhen im Wesentlichen auf Schlussfolgerungen tatsächlicher Art, die zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. von § 118 Abs. 2 FGO gehören (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 118 Rz. 29) und deshalb das Revisionsgericht grundsätzlich binden. Der BFH kann solche Tatsachenwürdigungen nur daraufhin überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind und mit den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang stehen. Ist das zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung auch dann für den BFH bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 118 Rz. 40, m.w.N.).
b) Unter Beachtung dieser Grundsätze sind die Prognosen des FG über die voraussichtlichen steuerpflichtigen Einnahmen und Erwerbsaufwendungen aus dem Rentenengagement der Klägerin und die daraus abgeleitete Schlussfolgerung des FG auf das Vorhandensein der Überschusserzielungsabsicht der Klägerin aus revisionsrechtlicher Sicht im Ergebnis nicht zu beanstanden.
aa) Voraussichtliche Einnahmen
aaa) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin, die bei Abschluss des Rentenversicherungsvertrages das 48. Lebensjahr vollendet hatte, nach der für die Streitjahre (1991 bis 1993) maßgeblichen Sterbetafel für die Bundesrepublik 1986/1988 (Tabelle 6 der gleichlautenden Ländererlasse der obersten Finanzbehörden vom 10. Mai 1993, BStBl I 1993, 487, 504) voraussichtlich 31 jährliche Rentenzahlungen in Höhe von jeweils 10 962 Pfund Sterling erwarten konnte. Auch die Beteiligten haben insoweit keine Einwendungen erhoben.
bbb) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das FG den Ertragsanteil der voraussichtlichen Rentenzahlungen aus der für die Streitjahre maßgebenden Tabelle zu § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG entnommen und ―bezogen auf das Alter der Klägerin bei Vertragsabschluss (zur Maßgeblichkeit des Vertragsschlusses vgl. BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 4. a, bb der Gründe)― mit 43 v.H. angesetzt hat.
ccc) Angesichts des selbst bei Zugrundelegung dieser Zahlen (31 Jahresrenten, Ertragsanteil 43 v.H.) sich ergebenden ―nicht ungewichtigen― Einnahmenüberschusses (s. unten A. I. 3. b, cc) kann der erkennende Senat offen lassen, ob nicht ―entgegen der vom FG in offenbarer Übereinstimmung mit den Beteiligten vertretenen Ansicht― bei der Bemessung der voraussichtlichen Rentenzahlungen und des Ertragsanteils auf den 1950 geborenen, ebenfalls rentenberechtigten geschiedenen Ehemann der Klägerin abzustellen ist.
ddd) Rechtsfehlerhaft hat das FG die Höhe des in Bezug auf die voraussichtliche Gesamtlaufzeit der Rentenzahlungen zu prognostizierenden Umrechnungskurses des Pfund Sterling mit 2,77 DM angesetzt. Die von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen das von ihm gefundene Prognoseergebnis nicht. Der Senat folgt insoweit den Erwägungen des X. Senats des BFH im Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267 (unter II. 4. a, cc der Gründe), in dem über einen vergleichbaren Fall zu entscheiden war. Zu Recht hat die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es keine auch nur annähernd zuverlässige Methode gibt, den Kursverlauf einer bestimmten Währung über einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu prognostizieren. Die künftige Kursentwicklung hängt von einer Vielzahl später eintretender, aus der maßgeblichen Sicht des Vertragsschlusses bzw. des Beginns des jeweiligen Streitjahres unvorhersehbarer Ereignisse und Faktoren ab. Die dennoch gebotene Kursprognose muss deshalb zwangsläufig grundsätzlich auf den am maßgebenden Zeitpunkt bekannten objektiven Umständen und Erfahrungswerten der Vergangenheit aufbauen. So hat es der X. Senat des BFH im Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267 (unter II. 4. a, cc der Gründe) befürwortet, entweder auf den durchschnittlichen Umrechnungskurs des britischen Pfunds im Jahr vor dem Abschluss der Rentenversicherung (dort wie hier 1990 = 2,886 DM) oder auf den durchschnittlichen Umrechnungskurs der letzten 10 Jahre vor dem Vertragsschluss (dort wie hier 1981 bis 1990 = 3,392 DM) abzustellen. Dem pflichtet der erkennende Senat bei und lässt ―wie schon der X. Senat― offen, welcher der beiden Methoden der Vorzug gebührt; denn beide Berechnungsmethoden führen zur Prognose eines deutlichen Einnahmenüberschusses (vgl. unten A. I. 3. b, cc).
Legt man danach einen durchschnittlichen Pfundkurs von 2,886 DM zugrunde, so beliefen sich die zu erwartenden steuerpflichtigen Gesamteinnahmen auf 43 v.H. von 10 962 Pfund Sterling x 31 x 2,886 = 421 712 DM. Bei Ansatz eines Durchschnittskurses von 3,392 DM konnte die Klägerin sogar steuerpflichtige Einnahmen von 43 v.H. von 10 962 Pfund Sterling x 31 x 3,392 = 495 651 DM erwarten.
bb) Voraussichtliche Werbungskosten
aaa) Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist die vom FG gestellte Prognose, dass der von der Klägerin aufgenommene, sowohl zur Finanzierung des Berlin-Darlehens als auch der Bestreitung eines Großteils des Einmalbeitrages zur Rentenversicherung dienende Refinanzierungskredit in Höhe von insgesamt 480 000 DM nach voraussichtlich 13 Jahren (bis Ende 2004) zur Gänze getilgt werde. Das FG hat diese Voraussage im Wesentlichen auf die folgenden Erwägungen gestützt: Nach den Berechnungen der Klägerin habe diese von Anfang an geplant, den Refinanzierungskredit nach 13 Jahren, d.h. bei Fälligwerden der Ablaufleistung aus der zeitgleich mit der Rentenversicherung ebenfalls mit der X abgeschlossenen Kapitallebensversicherung Ende 2004, zu tilgen. Eine entsprechende Vereinbarung sei auch im Darlehensvertrag mit der A-Bank getroffen worden; dementsprechend seien auch die Ansprüche aus der Kapitallebensversicherung an die A-Bank abgetreten worden. Die Klägerin habe durch Berechnungen nachgewiesen, dass der jährliche nominelle Zinssatz auf die Versicherungsbeiträge bei der X in den Jahren 1990 bis 1994 zwischen 12 v.H. und 16 v.H. gelegen habe. Bei einer Versicherungssumme von 74 071 Pfund Sterling habe die Klägerin die begründete Erwartung hegen können, den Refinanzierungskredit mit der Ablaufleistung aus dieser Kapitallebensversicherung ablösen zu können. Der dagegen vom FA erhobene Einwand, als realistisch könne unter Heranziehung der Ablaufleistungen deutscher Versicherer lediglich eine Gewinnbeteiligung von 20 v.H. der Versicherungssumme angenommen werden, verkenne die ―gerichtsbekannte― Tatsache, dass die englischen Versicherer aufgrund der in Großbritannien geltenden versicherungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen in der Lage seien, einen deutlich höheren Aktienanteil zu erwerben, als dies deutschen Versicherern erlaubt sei.
Diese auf Schlussfolgerungen tatsächlicher Art beruhende Prognose des FG ist weder verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, noch verstößt sie gegen allgemeine Erfahrungssätze. Sie ist möglich und deshalb für den erkennenden Senat bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO; s. oben A. I. 3. a).
bbb) Berechtigt ist hingegen der Einwand des FA, das FG habe bei der Prognose des voraussichtlichen Refinanzierungsaufwands den Umstand außer Betracht lassen müssen, dass die Klägerin das Refinanzierungsdarlehen bei der A-Bank zum 31. Dezember 1997 gekündigt und beabsichtigt habe, bei der H-Bank einen zinsgünstigeren Kredit zu 4,6 v.H. Zinsen aufzunehmen. Das FG hat keinerlei Indizien festgestellt, die aus der maßgeblichen Sicht im Zeitpunkt des Vertragschlusses (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 4. b, aa der Gründe) und zu Beginn der jeweiligen Streitjahre die (mögliche) Prognose zuließen, dass die Klägerin das Refinanzierungsdarlehen der A-Bank bereits zum 31. Dezember 1997 und damit vor dem Ende des zehnjährigen Zinsbindungszeitraums kündigen und statt dessen einen neuen ―kostengünstigeren― Kredit aufnehmen werde. Unter diesen Umständen war es rechtsfehlerhaft, diese spätere Kündigung und deren Einfluss auf die zu prognostizierenden Aufwendungen und Erträge zu berücksichtigen. Mangels jeden gegenteiligen Anhalts musste vielmehr der Prognose zugrunde gelegt werden, dass die Zinsen und Kosten des Refinanzierungskredits auch in den Jahren nach 1997 bis zur voraussichtlichen Ablösung des Refinanzierungsdarlehens Ende 2004 (s. oben aaa) in gleichbleibender Höhe anfallen würden.
ccc) Somit waren die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich anfallenden Gesamtaufwendungen im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Rentenversicherung und dem Berlin-Darlehen wie folgt zu veranschlagen:
Aufwendungen in der Festzinsphase von 1991 bis 2001
Disagio |
48 000 DM |
Vermittlungsgebühren I |
18 000 DM |
Beratungs- und Vermittlungsgebühren II |
13 500 DM |
Zinsen für 10 Jahre (7,85 v.H. von 480 000 DM) |
376 800 DM |
Zwischensumme: |
456 300 DM |
Aufwendungen für weitere 3 Jahre |
|
Disagio, geschätzt (3/10 von 48 000 DM) |
14 400 DM |
Zinsen für 3 Jahre (7,85 v.H. von 480 000 DM) |
113 040 DM |
Gebühren (geschätzt) |
5 400 DM |
Gesamtaufwendungen |
589 140 DM |
ddd) Zu Recht hat das FG 63,77 v.H. der sowohl die Rentenversicherung als auch das Berlin-Darlehen betreffenden, zu prognostizierenden Gesamtaufwendungen der Rentenversicherung und den Rest (36,23 v.H.) dem Berlin-Darlehen zugeordnet. Diese Aufteilung trägt der ständigen Rechtsprechung des BFH Rechnung, wonach es für den wirtschaftlichen Zusammenhang der Refinanzierungsaufwendungen mit der Einkunftsquelle auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensvaluta ankommt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17. April 1997 VIII R 48/95, BFH/NV 1998, 20, unter 1. der Gründe; vom 24. April 1997 VIII R 12/95, BFH/NV 1998, 290, unter 1. der Gründe).
Nach den für den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) tatsächlichen Feststellungen des FG war der Nettokreditbetrag in Höhe eines Teilbetrages von 264 000 DM zur (Teil-)Finanzierung des Einmalbeitrages zur Rentenversicherung und im Übrigen ―in Höhe von 150 000 DM― zur (vollen) Refinanzierung des Berlin-Darlehens verwendet worden. Entgegen der von der Klägerin geäußerten Ansicht ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, dass die refinanzierende A-Bank von der Zuordnung der Darlehensteilbeträge im Kreditantrag der Klägerin abgewichen ist. Auch kommt es nicht auf die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen an, ob die A-Bank bei der Auszahlung der Darlehensbeträge als Vertreterin der Klägerin fungierte und ob ihr (der Klägerin) ein etwaiges Verschulden der A-Bank in Bezug auf die Verteilung der Darlehensvaluta zuzurechnen war oder nicht. War die Klägerin mit der Verteilung der Darlehensmittel durch die A-Bank nicht einverstanden, so musste sie zeitnah für eine anderweitige tatsächliche Verwendung (Verteilung) der Mittel durch Rückgängigmachung der ursprünglichen Verteilung sorgen. Eine von der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel abweichende, rein gedankliche ―hypothetische― Zuordnung von Kreditteilen kann steuerrechtlich nicht anerkannt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7. Juli 1998 VIII R 57/96, BFH/NV 1999, 594, unter II. 1. b der Gründe).
eee) Entgegen der Auffassung des FG sind die zu prognostizierenden Refinanzierungsaufwendungen nicht insoweit anteilig zu kürzen, als die Klägerin die in den jährlichen Rentenzahlungen enthaltenen Kapitalanteile nicht zur Rückführung des Refinanzierungskredits verwendete. Die vom erkennenden Senat (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 88/94, BFHE 182, 320, BStBl II 1997, 424, betreffend refinanziertes Berlin-Darlehen) für den Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen entwickelten Grundsätze sind auf die hier zu beurteilende Leibrente nicht anwendbar. Der erkennende Senat verweist insoweit auf die Ausführungen des X. Senats des BFH in dessen Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267 (unter II. 4. b, bb, m.w.N.), denen er sich anschließt.
fff) Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze waren die für die Jahre 1991 bis einschließlich 2004 voraussichtlich anfallenden Werbungskosten wie folgt zu berechnen:
63,77 v.H. (vgl. oben ddd) von 589 140 DM (vgl. oben ccc) = 375 694 DM.
Für die Jahre 2005 bis zum wahrscheinlichen Ende der Rentenzahlungen im Dezember 2222 sind die Werbungskosten in Höhe des jährlichen Pauschbetrages von 200 DM (vgl. § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG 1990), d.h. insgesamt mit 3 600 DM anzusetzen. Folglich sind die Werbungskosten zusammen mit 379 294 DM zu veranschlagen.
cc) Differenz zwischen voraussichtlichen steuerpflichtigen Einnahmen und Werbungskosten
Den voraussichtlichen Werbungskosten in Höhe von 379 294 DM stehen steuerpflichtige Einnahmen von mindestens 421 712 DM gegenüber (oben A. I. 3. b, aa, ddd a.E.), so dass ein voraussichtlicher Einnahmenüberschuss von zumindest 42 418 DM verbleibt.
aaa) Angesichts dieses deutlichen Überschusses kann der Senat im Streitfall offen lassen, ob auch ein geringer ("bescheidener") Einnahmenüberschuss zur Bejahung der Überschusserzielungsabsicht ausgereicht hätte (für den hier zu beurteilenden Fall der Leibrente bejahend BFH-Urteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 3. c, m.w.N.).
bbb) Der oben unter cc) ermittelte deutliche Einnahmenüberschuss kann nicht mit der Erwägung in Frage gestellt werden, dass sämtliche zu prognostizierenden Einnahmen und Ausgaben nach der sog. Barwertmethode auf den Zeitpunkt der Begründung der Einkunftsquelle abzuzinsen seien. Der erkennende Senat verweist insoweit auf die gegen eine Abzinsung sprechenden Erwägungen im Urteil des X. Senats des BFH in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267 (unter II. 3. b, dd).
4. Berechnung der in den Streitjahren 1991 bis 1993 tatsächlich erzielten Renteneinkünfte
a) Das FG hat die Überschüsse der Werbungskosten über die Einnahmen (Leibrentenertragsanteile) für das Streitjahr 1991 mit 51 295,71 DM und für das Streitjahr 1992 mit 12 610,04 DM ermittelt. Das ist nicht zu beanstanden. Auch die Beteiligten haben dagegen keine Einwendungen erhoben.
b) Der Berechnung des Werbungskostenüberschusses für das Streitjahr 1993 durch das FG kann insoweit nicht beigepflichtet werden, als das FG die in diesem Jahr angefallenen Refinanzierungskosten in Höhe von 24 028,53 DM wegen des von ihm angenommenen partiellen Wegfalls der Einkunftsquelle durch die 1992 erfolgte erste Rentenzahlung um 612,72 DM (= 2,55 v.H. von 24 028,53 DM) gekürzt hat. Wie unter A. I. 3. b, bb, eee dargelegt, ist eine solche Kürzung nicht berechtigt. Der vom FG angesetzte Werbungskostenüberschuss von 11 494,49 DM ist deshalb um 612,72 DM auf 12 107,21 DM zu erhöhen.
II. Berlin-Darlehen
Entgegen der Ansicht des FG rechtfertigen die von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht die Annahme, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Begründung der Kapitalanlage und zu Beginn der jeweiligen Streitjahre die Absicht verfolgt habe, einen (Total-)Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.
1. Zutreffend und in Übereinstimmung mit den Beteiligten hat das FG die voraussichtlichen Zinseinnahmen während der Gesamtlaufzeit des Berlin-Darlehens von 25 Jahren mit 166 857 DM angesetzt.
2. Nicht zu folgen ist dem FG indessen darin, dass es als weitere Einnahme die anteilige Rückzahlung des Damnums durch die A-Bank als Folge der Kündigung des bei der A-Bank aufgenommenen Refinanzierungskredits zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 6 956,16 DM (36,23 v.H. von 4/10 von 48 000 DM) berücksichtigt hat. Bei dieser Kündigung handelt es sich aus der maßgeblichen Sicht im Zeitpunkt der Begründung der Kapitalanlage bzw. des Beginns der betreffenden Streitjahre um ein künftiges, nicht mit der gebotenen (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit voraussehbares Ereignis, das deswegen außer Betracht bleiben muss (vgl. oben A. I. 3. b, bb, bbb).
3. Die voraussichtlichen Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Berlin-Darlehen sind für die gesamte Laufzeit des Berlin-Darlehens mit 36,23 v.H. von 589 140 DM = 213 445,42 DM zu veranschlagen. Der Senat verweist insoweit auf seine Ausführungen unter A. I. 3. b, bb, insbesondere dort unter ccc, ddd und bbb).
Zutreffend hat das FG angenommen, dass die auf das Berlin-Darlehen entfallenden Refinanzierungsaufwendungen nicht entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils in BFHE 182, 320, BStBl II 1997, 424 zu kürzen waren; denn nach den Feststellungen des FG sind die Tilgungsleistungen auf das von der Klägerin gewährte Berlin-Darlehen unmittelbar auf das Refinanzierungskreditkonto der Klägerin bei der A-Bank gezahlt und damit zur Bestreitung der als Werbungskosten beim Berlin-Darlehen abziehbaren Refinanzierungszinsen verwendet worden.
4. Infolgedessen hatte die Klägerin im Zusammenhang mit dem Berlin-Darlehen einen (beträchtlichen) Gesamtüberschuss der voraussichtlichen Werbungskosten über die Einnahmen in Höhe von (213 445 DM ./. 166 857 DM =) 46 588 DM zu erwarten. Die für die Streitjahre erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen betreffend das Berlin-Darlehen bleiben deswegen mangels Überschusserzielungsabsicht der Klägerin außer Ansatz.
III. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich, dass die Revision des FA betreffend das Streitjahr 1991 teilweise begründet ist:
In der angefochtenen Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung) ist der Gesamtbetrag der Einkünfte 1991 mit 244 159 DM ermittelt worden. Das FG hat den Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin im Streitjahr 1991 mit 177 560 DM berücksichtigt.
Nach den Berechnungen des erkennenden Senats ist der Gesamtbetrag der Einkünfte 1991 mit 192 863 DM anzusetzen: …
In Bezug auf die Streitjahre 1992 und 1993 ist die Revision des FA unbegründet:
Das FG hat den Gesamtbetrag der Einkünfte 1992 mit 220 151 DM angesetzt.
Bei zutreffender rechtlicher Beurteilung wäre der Gesamtbetrag der Einkünfte mit 219 688 DM anzusetzen gewesen: …
Im Hinblick auf das Verbot der für den Revisionskläger (FA) nachteiligen Abänderung der Vorentscheidung und die verfristete Anschlussrevision der Klägerin (vgl. unten B.) verbleibt es insoweit bei der Steuerfestsetzung in der Vorentscheidung.
Das FG hat den Gesamtbetrag der Einkünfte 1993 mit 104 930 DM ermittelt.
Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre der Gesamtbetrag der Einkünfte 1993 mit 104 478 DM anzusetzen gewesen: …
Im Hinblick auf das Verbot der für den Revisionskläger (FA) nachteiligen Abänderung der Vorentscheidung und die unzulässige Anschlussrevision der Klägerin (vgl. unten B.) verbleibt es auch insoweit bei der Steuerfestsetzung in der Vorentscheidung.
B. Anschlussrevision der Klägerin
Die Anschlussrevision der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muss eine unselbständige Anschlussrevision innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung eingelegt und begründet werden (grundlegend BFH-Urteil vom 8. April 1981 II R 4/78, BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534; ferner z.B. BFH-Urteile vom 19. März 1991 IX R 55/85, BFH/NV 1991, 539, und vom 21. Oktober 1987 IX R 129, 131/84, BFH/NV 1988, 437; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 48). Eine unselbständige Anschlussrevision liegt vor, wenn dem Einlegenden ein eigenes Recht auf Erhebung der Revision wegen des Fehlens der Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht (mehr) zusteht.
So liegt es im Streitfall. Der Schriftsatz der Klägerin vom 26. März 1998 ist als unselbständige Anschlussrevision zu deuten, da er erst nach Ablauf der Revisionsfrist beim BFH eingegangen ist. Diese Anschlussrevision ist unstreitig verspätet eingelegt worden. Die von der Klägerin wegen dieser Fristversäumnis begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO kann ihr nicht gewährt werden, weil die Frist nicht ohne Verschulden versäumt wurde. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätte die bereits durch das BFH-Urteil in BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534 eingeleitete ständige Rechtsprechung des BFH zur Fristwahrung im Fall der unselbständigen Anschlussrevision bekannt sein müssen (vgl. auch die BFH-Urteile in BFH/NV 1988, 437, unter 2. der Gründe, und in BFH/NV 1991, 539, unter 2. der Gründe; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 56 FGO Rz. 279 ff., insbesondere Rz. 282). Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin gemäß § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 16. April 1985 VIII R 26/85, BFH/NV 1985, 83).
Unabhängig davon ist die Anschlussrevision der Klägerin in Bezug auf das Streitjahr 1991 auch mangels (formeller) Beschwer unzulässig (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 115 Rz. 12); denn das FG hatte dem Klagebegehren insoweit in vollem Umfang entsprochen.
Fundstellen
Haufe-Index 426532 |
BFH/NV 2000, 1530 |
BStBl II 2000, 660 |
BFHE 192, 445 |
BFHE 2001, 445 |
BB 2000, 2087 |
DB 2000, 2304 |
DStR 2000, 1764 |
DStRE 2000, 1121 |
HFR 2001, 28 |
StE 2000, 618 |