Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 10.04.2003 - XI R 50/01 (NV)

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbegünstigte Auflösung eines Arbeitsverhältnisses durch Vorruhestandsregelung?

 

Leitsatz (NV)

  1. Die Rechtsfrage, wann ein Dienstverhältnis aufgelöst worden ist, ist nach dem für dieses Rechtsverhältnis maßgeblichen bürgerlichen Recht zu beantworten.
  2. Vereinbaren die Beteiligten in einer Vorruhestandsregelung, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet wird, sondern eine Beurlaubung unter Fortzahlung monatlicher Vorruhestandsbezüge erfolgt und gleichzeitig, dass eine Wiederaufnahme der Tätigkeit vom Beginn der Beurlaubung bis zum Beginn der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen wird, so wird das Arbeitsverhältnis als solches fortgesetzt, wenn auch mit weitgehend veränderten Rechten und Pflichten.
  3. Zahlungen, die bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitiger Freistellung von der Arbeit als Entgelt geleistet werden, sind keine Abfindungen wegen der Auflösung des Dienstverhältnisses, sondern Leistungen in Erfüllung des (modifizierten) Dienstverhältnisses.
 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 9 S. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (EFG 2002, 71)

 

Tatbestand

I. Der im Februar 1940 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde von seinem Arbeitgeber, einer Landesbank, nach 42 Dienstjahren mit Wirkung ab 1. April 1999 beurlaubt. Für die Zeit der Beurlaubung sollten die Bestimmungen des Tarifvertrages zur vorgezogenen freiwilligen Pensionierung sinngemäß gelten. Dabei wurde abweichend von den Bestimmungen des Vorruhestands-Tarifvertrags ausdrücklich vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet werde, sondern eine Beurlaubung erfolge und dass eine Wiederaufnahme der Tätigkeit vom Beginn der Beurlaubung bis zum Beginn der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung am 1. März 2003 ausgeschlossen werde. Für die Dauer der Beurlaubung sollte der Kläger monatliche Vorruhestandsbezüge entsprechend dem Tarifvertrag erhalten, deren Zahlung mit Beginn der Gewährung der gesetzlichen Altersrente eingestellt werden sollte.

Der Kläger begehrte die Steuerfreiheit der im Streitjahr 1999 erhaltenen Vorruhestandsbezüge nach § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 24 000 DM. Die Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses sei unerheblich, da sie nur im Hinblick auf die Zusatzversorgungskasse vereinbart worden sei.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 71.

Mit seiner Revision trägt der Kläger vor, das Dienstverhältnis sei auf Veranlassung des Arbeitgebers, der den Bestand an Mitarbeitern habe verringern wollen, ohne kündigen zu müssen, faktisch aufgelöst worden. Der Sache nach hätten die Parteien eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 1999 gewollt. Mit der Vereinbarung vom 26. März 1998 habe festgestanden, dass der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nicht mehr erbringen müsse und nicht mehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliege. Umgekehrt sei die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers mit diesem Zeitpunkt entfallen. Das Arbeitsverhältnis sei damit in seinem wesentlichen Inhalt zum Erliegen gekommen, was auch dadurch bestätigt werde, dass eine Wiederaufnahme der Tätigkeit ausdrücklich ausgeschlossen worden sei.

Das Arbeitsverhältnis sei nur im Hinblick auf die Regelungen der Zusatzversorgungskasse rein formal nicht aufgelöst worden. Sie setzten für einen Anspruch voraus, dass der Versicherte in dem Zeitpunkt, in dem er Altersrente als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe, in einem zusatzversicherten Arbeitsverhältnis stehe; scheide der Arbeitnehmer auch nur einen einzigen Tag zuvor aus, so entfalle die Anwartschaft auf die Versorgungsrente. Hiervon könne die Besteuerung aber nicht abhängig gemacht werden. Die Rechtsprechung, die nur ganz formal darauf abstelle, ob das Vertragsverhältnis zivilrechtlich aufgelöst sei, werde dem Fall nicht gerecht. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) habe im Übrigen stets in gleich gelagerten Fällen den Freibetrag gewährt.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Steuer unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von 24 000 DM gemäß § 3 Nr. 9 EStG für das Jahr 1999 festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es ist der Auffassung, das Dienstverhältnis sei nicht zivilrechtlich wirksam aufgelöst worden, sondern habe in modifizierter Form fortbestanden. Der Kläger habe auch weiterhin laufende Zahlungen seines Arbeitgebers erhalten, sei nicht für den Arbeitsmarkt freigestellt gewesen und habe offenbar auch kein Arbeitslosengeld bezogen. Das Arbeitsverhältnis könne nicht aufgespalten werden in ein solches gegenüber dem Arbeitgeber und ein anderes gegenüber der Zusatzversorgungskasse.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 9 EStG liegen nicht vor.

1. Gemäß § 3 Nr. 9 Satz 1 EStG sind Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses bis zu einem Betrag von 16 000 DM steuerfrei. Nach Satz 2 beträgt der Höchstbetrag 24 000 DM, wenn der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und das Dienstverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden hat.

Unter Auflösung des Dienstverhältnisses ist die nach bürgerlichem (Arbeits-)Recht wirksame Auflösung zu verstehen (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 27. April 1994 XI R 41/93, BFHE 174, 352, BStBl II 1994, 653, m.w.N.). Im Streitfall sind die fortgezahlten Bezüge nicht als Abfindung wegen einer Auflösung des Dienstverhältnisses zu beurteilen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Dienstverhältnis nach der zugrunde liegenden Vereinbarung ausdrücklich nicht zum 1. April 1999 beendet worden; der Kläger wurde nur beurlaubt. Beide Regelungen ―die ausdrückliche Nichtbeendigung und die Beurlaubung― bedeuten, dass das Arbeitsverhältnis als solches fortbestanden hat, wenn auch mit weitgehend veränderten Rechten und Pflichten. Der Kläger hat auch weiterhin ein Entgelt bezogen, dessen Rechtsgrundlage ausschließlich das Arbeitsverhältnis war. Der Tarifvertrag zur vorgezogenen freiwilligen Pensionierung sollte nur sinngemäß auf das fortbestehende Arbeitsverhältnis angewandt werden. Insbesondere die Höhe des Entgelts entsprach auf Grund des modifizierten Arbeitsvertrages den im Tarifvertrag festgelegten monatlichen Vorruhestandszahlungen.

Es mag zwar zutreffen, dass die Beteiligten im Streitfall den Kläger im Verhältnis zueinander so gestellt wissen wollten, als sei das Dienstverhältnis bereits mit Beginn der Beurlaubung aufgelöst. In steuerrechtlicher Hinsicht ist aber das Arbeitsverhältnis als Ganzes zu beurteilen. Und dieses ist mit Rücksicht auf die Zusatzversorgungskasse ausdrücklich nicht beendet worden. Die Freistellung beseitigt lediglich die Arbeitspflicht und den Anspruch des Arbeitnehmers, Beschäftigung verlangen zu können. Der grundsätzliche Bestand des Arbeitsverhältnisses wird durch die Freistellung jedoch (noch) nicht berührt. Zahlungen, die bei Freistellung von der Arbeit als Entgelt für die Freistellung geleistet werden, sind daher keine Abfindungen wegen der Auflösung des Dienstverhältnisses, sondern Leistungen in Erfüllung des (modifizierten) Dienstverhältnisses (vgl. BFH-Urteil in BFHE 174, 352, BStBl II 1994, 653).

Dass eine Wiederaufnahme der Tätigkeit vom Beginn der Beurlaubung bis zum Beginn der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen wurde, ändert daran nichts. Dies stellt lediglich eine nähere Ausgestaltung der Beurlaubungsabrede dar und wäre bei entsprechender übereinstimmender Interessenlage der Vertragsparteien auch jederzeit revidierbar.

Die Rechtsfrage, wann das Dienstverhältnis aufgelöst worden ist, ist allein nach dem für dieses Rechtsverhältnis maßgeblichen bürgerlichen Recht zu beantworten. Danach endete das Dienstverhältnis erst zum 28. Februar 2003, an dem auch die Beurlaubung endete. Die Vorruhestandszahlungen stellen damit Arbeitslohn dar.

2. Soweit die Finanzverwaltung bei anderen Einkommensteuerveranlagungen einen gegenteiligen Standpunkt eingenommen hat, kann sich der Kläger darauf schon deswegen nicht berufen, weil ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nach ständiger Rechtsprechung nicht besteht (BFH-Urteile vom 14. Juni 1991 VI R 185/87, BFHE 165, 208, BStBl II 1991, 926; vom 21. Juli 1999 I R 2/98, BFH/NV 2000, 297, und vom 4. November 1993 VII R 14/93, BFH/NV 1994, 580). Ein zugunsten des Klägers eingreifender besonderer Vertrauenstatbestand ist nicht ersichtlich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 965314

BFH/NV 2003, 1310

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Rahmen-TV, Maler- u. Lackiererhandwerk, Bundesrepublik o ... / §§ 45 - 48 ABSCHNITT VIII Kündigung
    9
  • Anwesenheitsprämie / 3.1 Krankheit und Gesundheit
    4
  • Berufsgenossenschaften / 4 Aufgaben
    2
  • Betriebsveranstaltung: Abrechnung der Aufwendungen / 4.2 Ermittlung der Gesamtkosten
    2
  • Betriebsrat: Kosten / 6 Kosten der Betriebsratswahl
    1
  • Elektronische Entgeltersatzleistung (EEL) / Sozialversicherung
    1
  • Pfändung: Ermittlung und Berechnung des pfändbaren Arbei ... / 3.1.1 Keine Geltung der Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO
    1
  • Flexible Arbeitszeit (SV-Luft) / 3.3 Entgeltersatzleistungen
    1
  • Inflationsausgleichsprämie / 3 Begünstigter Personenkreis
    1
  • Mindestlohn / 1 Aktuelle Situation
    1
  • Mutterschutz / 6 Kündigungsverbot
    1
  • Seearbeitsgesetz / §§ 73 - 78 Unterabschnitt 7 Heimschaffung und Imstichlassen
    1
  • TV Sonderzahlungen, Einzelhandel, Nordrhein-Westfalen, 2 ... / §§ 1 - 4 B Tarifliche Sonderzuwendung
    1
  • Arbeitnehmer / 3 Unterscheidung von Arbeitern und Angestellten
    0
  • Ausländische Arbeitnehmer / 3.1 Versicherungspflicht bei ausländischen Arbeitnehmern
    0
  • Bachelorand / 1 Einordnung
    0
  • Beitragsverfahrensverordnung / §§ 7 - 13a Vierter Abschnitt Prüfung beim Arbeitgeber
    0
  • Betriebsvereinbarung / 2 Rechtswirkung
    0
  • Bürgerliches Gesetzbuch / §§ 1018 - 1029 Titel 1 Grunddienstbarkeiten
    0
  • Bulgarien / 2 Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Bulgarien
    0
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Personal Office Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Personal
Haufe Shop: Zukunftsfähige Personalstrategien
Zukunftsfähige Personalstrategien
Bild: Haufe Online Redaktion

Das Buch erläutert, wie HR zum ernst genommenen und steuernden Partner im Steuerrad der Organisation wird. Es stellt typische Themenfelder und Herausforderungen vor, die sich am Employee Lifecycle orientieren, und zeigt, wie die Kommunikation besser gelingt.


Einkommensteuergesetz / § 3 [Steuerfreie Einnahmen]
Einkommensteuergesetz / § 3 [Steuerfreie Einnahmen]

Steuerfrei sind   1.   a) Leistungen aus einer Krankenversicherung, aus einer Pflegeversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung,   b) Sachleistungen und Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen ...

4 Wochen testen


Newsletter Personal
Newsletter Personalmagazin – neues lernen

Jede Woche Inspiration für das Corporate Learning. Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter! Unsere Themen:  

  • Personal- und Organisationsentwicklung
  • Training, Coaching und Mitarbeiterführung
  • Digitalisierung und Lerntechnologien
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Personal Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Haufe HR Chatbot Haufe Akademie Semigator Enterprise rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Personal Shop
Personal Software Arbeits- & Sozialrecht Lösungen Lohn & Gehalt Produkte Personalmanagement Lösungen Alle Personal Produkte Haufe Shop Buchwelt
 

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren