Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen gewerblichem Grundstückshandel und privater Vermögensverwaltung; Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr; bedingte Veräußerungsabsicht
Leitsatz (amtlich)
Das für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erforderliche Merkmal "Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr" ist auch dann erfüllt, wenn der Eigentümer Wohnungen nur an bestimmte Personen auf deren Wunsch veräußert.
Eine bestimmte Zahl veräußerter Objekte und ein enger zeitlicher Abstand der maßgebenden Tätigkeiten zwingen im Regelfall zu dem Schluss, dass der Verkäufer die Objekte in mindestens bedingter Veräußerungsabsicht angeschafft oder errichtet hat. Bei der für die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel erforderlichen Gesamtwürdigung des Einzelfalls kann diese Vermutung durch gewichtige objektive Umstände widerlegt werden.
Die konkreten Anlässe und Beweggründe für die Veräußerungen (z.B. plötzliche Erkrankungen, Finanzierungsschwierigkeiten oder unvorhergesehene Notlagen) sind im Regelfall nicht geeignet, die aufgrund der Zahl der veräußerten Objekte und dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten vermutete (bedingte) Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Anschaffung oder Errichtung auszuschließen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt in D eine Steuerberaterpraxis. In den Jahren 1986 und 1991 tätigte er folgende Grundstücksgeschäfte:
1. Auf einem im Januar 1986 erworbenen Grundstück in D, B-Straße, ließ er ein Gebäude mit vier Läden, zwei Büros und drei Wohnungen errichten, die er nach Bezugsfertigkeit ab Dezember 1986 bzw. ab März 1987 vermietete.
a) Nach Teilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum durch Teilungserklärung vom 29. August 1988 veräußerte der Kläger mit Verträgen vom 30. August 1988 einen Laden im Erdgeschoss und zwei Wohnungen. Der Erwerber des Ladens und einer Eigentumswohnung (Kaufpreis 820 000 DM) hatte dem Kläger am 12. Dezember 1986 ein Darlehen in Höhe von 820 000 DM gewährt, das mit dem Kaufpreis abgelöst wurde.
b) Der Erwerber der zweiten Wohnung (Kaufpreis 182 000 DM) hatte dem Kläger ebenfalls am 12. Dezember 1986 ein Darlehen in Höhe von 180 000 DM zur Verfügung gestellt und später mit dem Kaufpreis verrechnet.
Die anteiligen Anschaffungs- und Herstellungskosten für die veräußerten Objekte betrugen 528 327 DM.
2. Bei einer Zwangsversteigerung erwarb der Kläger im Februar 1986 zwei (vermietete) Eigentumswohnungen in E von einem seiner Mandanten für insgesamt 206 000 DM. Der Mandant kaufte die Wohnungen mit Vertrag vom 1. März 1989 für je 200 000 DM zurück.
3. In der Zeit vom 24. August 1991 bis 10. Dezember 1991 veräußerte der Kläger vier parzellierte Baugrundstücke, die er zusammen mit sechs weiteren Baugrundstücken im März 1991 in A und St erworben hatte, an drei Interessenten für insgesamt 161 040 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) hielt im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Veräußerung der vorgenannten neun Objekte innerhalb von vier Jahren für eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers; er ermittelte für das Streitjahr (1989) einen Gewinn in Höhe von 171 949 DM und erließ einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid. Der Einspruch war erfolglos.
Im Klageverfahren brachte der Kläger im Wesentlichen vor, mit den Veräußerungen habe er den Rahmen privater Vermögensverwaltung nicht überschritten. Er habe seit 1962 für seine Altersversorgung umfangreichen Grundbesitz erworben und durch Vermietung genutzt. Anlass für die Veräußerungen des Ladens und der Wohnungen im Jahr 1988 seien seine schweren gesundheitlichen Probleme und die damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten (Rückgang seiner Einnahmen aus der Steuerberaterpraxis) gewesen. Die von einem Mandanten im Wege der Zwangsversteigerung erworbenen Wohnungen habe er an den Mandanten auf dessen Wunsch zurückveräußert. Die parzellierten Grundstücke habe zunächst sein Sohn erworben (insgesamt 11 erschlossene Bauplätze), dem er hierfür Darlehen gewährt habe. Der Sohn habe die Grundstücke zum Verkauf anbieten wollen mit der Maßgabe, die Maurerarbeiten für den Erwerber zu übernehmen. Nachdem dieses Vorhaben gescheitert sei, habe er ―der Kläger― sich gezwungen gesehen, die Grundstücke zu erwerben unter Verrechnung des Kaufpreises mit den Darlehen. Vier der Bauplätze habe er an Interessenten verkauft, mit denen sein Sohn bereits verhandelt gehabt habe. Für die übrigen Bauplätze sei eine Bebauung und anschließende Vermietung vorgesehen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1438 veröffentlichtem Urteil statt. Es war der Auffassung, eine gewerbliche Tätigkeit liege nicht vor, weil sich der Kläger bei den Veräußerungen an die Mieter bzw. den Rückveräußerungen an den Mandanten nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt habe. Jedenfalls überschritten die Grundstücksgeschäfte nicht den Rahmen privater Vermögensverwaltung. Nach der neueren Rechtsprechung komme es für die Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels von der Vermögensverwaltung wesentlich darauf an, ob die Tätigkeit dem Bild des Grundstückshändlers entspreche, die durch den tatsächlich durchgeführten oder zumindest angestrebten häufigen Grundstücksumschlag geprägt werde. Abgesehen davon, dass im Streitfall ein Erwerb in "zumindest bedingter Veräußerungsabsicht" nicht erkennbar sei, reiche ―wenn man auf das Bild des Grundstückshändlers abstelle― ein Erwerb in bedingter Veräußerungsabsicht nicht aus. Der Erwerb und die Veräußerung der Baugrundstücke im Jahr 1991 schieden für die Beurteilung im Streitjahr 1989 aus, weil dadurch die Betätigung des Klägers nicht rückwirkend zu einem gewerblichen Grundstückshandel "mutieren" könne. Der gewerbliche Betätigungswille müsse bei dem ersten der in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden Vorgänge vorliegen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Zu Unrecht hat das FG die Immobiliengeschäfte des Klägers als private Vermögensverwaltung und nicht als gewerbliche Tätigkeit beurteilt.
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, gewerblich, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist. Außerdem müssen durch die Tätigkeit nach den Umständen des Einzelfalles die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten werden. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen (Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, und vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
2. Die gesetzlichen Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit liegen im Streitfall vor.
a) Unstreitig war der Kläger hinsichtlich der Grundstücksverkäufe selbständig und mit Gewinnerzielungsabsicht tätig.
b) Zutreffend ist das FG von einer nachhaltigen Tätigkeit des Klägers am Grundstücksmarkt ausgegangen. Bei einer Mehrzahl von Handlungen ist im Regelfall das Merkmal der Nachhaltigkeit gegeben (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1998 III R 61/97, BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390, unter II. 2. c bb, m.w.N.). Im Streitfall hat der Kläger in engem zeitlichem Zusammenhang fortlaufend eine Vielzahl von Verkaufsgeschäften vorgenommen.
c) Entgegen der Auffassung des FG und des Klägers ist das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllt, auch wenn die Mieter im Objekt B-Straße sowie der frühere Eigentümer der beiden Eigentumswohnungen in E an den Kläger wegen eines Verkaufs herangetreten sind.
aa) Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setzt voraus, dass sich der Verkäufer mit seiner Verkaufsabsicht an den allgemeinen Markt wendet (z.B. BFH-Urteil vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143). Dafür ist weder eine besondere Werbung erforderlich noch eine Bekanntgabe der Veräußerungsabsicht an einen größeren Personenkreis. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH beteiligt sich der Verkäufer bereits dann am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, wenn er an jeden zu verkaufen bereit ist, der die Kaufbedingungen erfüllt (BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 III R 9/98, BFHE 199, 245, BStBl II 2002, 571, unter II. 2. c). Es reicht daher aus, wenn sich der Steuerpflichtige mit Kaufinteressenten, die an ihn herantreten, auf Verhandlungen einlässt und schließlich Verträge abschließt. Ein solches Verhalten zeigt seine Bereitschaft zu Veräußerungen an einen unbestimmten Personenkreis.
Das Merkmal "Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr" dient dazu, aus dem Gewerbebetrieb solche Tätigkeiten auszuklammern, die zwar von einer Gewinnerzielungsabsicht getragen, jedoch nicht auf einen Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet sind. Geschäftsbeziehungen mit mehreren, ggf. ständig wechselnden Kunden sprechen für das erforderliche Teilhaben am Marktgeschehen, sind aber kein unerlässliches Erfordernis (BFH-Urteile vom 24. Januar 1990 X R 44/88, BFH/NV 1990, 798, und vom 7. März 1996 IV R 2/92, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369). Für den Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat es der BFH genügen lassen, dass die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen ―unter Umständen auch nur einer einzigen Person― bekannt wird (BFH-Urteil in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143) oder dass der Verkauf von vornherein nur mit einer bestimmten Person abgewickelt werden soll (BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 51/98, BFH/NV 2003, 684, m.w.N.). Demgemäß ist auch der Verkauf von Wohnungen an Bekannte als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr angesehen worden (BFH-Urteil vom 22. November 1988 VIII R 184/84, BFH/NV 1989, 726). Nichts anderes gilt für den Verkauf an die bisherigen Mieter (BFH-Urteil vom 17. März 1981 VIII R 149/78, BFHE 133, 44, BStBl II 1981, 522, unter I. 1. b) oder an Angehörige (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1993 IV R 66-67/91, BFHE 173, 313, BStBl II 1994, 463).
Entscheidend ist, dass der Steuerpflichtige zu einer Veräußerung an einen anderen Erwerber jedenfalls dann bereit gewesen wäre, wenn sich der Verkauf an den ursprünglich vorgesehenen Käufer zerschlagen hätte (BFH-Urteile in BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369, und in BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390). In dem vom Kläger für seinen gegenteiligen Rechtsstandpunkt herangezogenen Urteil vom 22. Mai 1987 III R 212/83 (BFH/NV 1987, 717, 718) hat der Senat ebenfalls betont, das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordere grundsätzliche Offenheit, auch mit anderen, die es angeht, Verträge abzuschließen, wenn sich das Geschäft mit der bestimmten Einzelperson, die zum Verkauf gedrängt hat, nicht verwirklichen lasse. In jenem Fall hatte der Senat ―ohne abschließend zu entscheiden― nur aufgrund besonderer Umstände Zweifel an der notwendigen Offenheit.
Im Übrigen muss eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr auch nicht bei jedem einzelnen Verkaufsgeschäft vorliegen. Es genügt vielmehr, wenn dies bei Betrachtung der Gesamtheit der Verkaufsgeschäfte der Fall ist (BFH-Urteile vom 8. März 1989 X R 108/87, BFHE 156, 218, BStBl II 1989, 572, und in BFHE 173, 313, BStBl II 1994, 463, 465, m.w.N.). Maßgeblich ist, ob die Tätigkeit ihrer Art und ihrem Umfang nach einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 I R 16/99, BFHE 191, 45, BStBl II 2000, 404, 405, und in BFH/NV 2003, 684, jew. m.w.N.). Der Große Senat des BFH hat im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 ausdrücklich gebilligt, dass die Rechtsprechung an einzelne Merkmale des Gewerbebetriebes, insbesondere an das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr keine hohen Anforderungen stellt.
bb) Der Kläger hat innerhalb eines engen zeitlichen Rahmens fortlaufend an verschiedene Erwerber Objekte veräußert. Er hat vorgetragen, er habe die ursprünglich zur Absicherung seiner Altersversorgung erworbenen Objekte in der B-Straße nur deshalb veräußert, weil er infolge seiner schwerwiegenden Erkrankung eine rückläufige Einkommensentwicklung befürchtet habe und seine angespannte Liquidität habe verbessern wollen. Dieser Vortrag lässt gerade darauf schließen, dass er auf jeden Fall Objekte auch an andere Personen veräußert hätte.
3. Entgegen der Auffassung des FG übersteigen die Grundstücksgeschäfte des Klägers in den Jahren 1988 bis 1991 auch den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der gerichtsbekannten und nicht beweisbedürftigen Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (BFH-Beschlüsse in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, und in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
aa) Der Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels dient die vom BFH eingeführte sog. Drei-Objekt-Grenze. Danach liegt in der Regel kein gewerblicher Grundstückshandel vor, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Denn je geringer der Umfang von Anschaffungen und Veräußerungen ist, desto weniger ist anzunehmen, dass die Umschichtung von Vermögenswerten und deren Verwertung als Vermögenssubstanz entscheidend in den Vordergrund treten. Werden hingegen innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs ―in der Regel fünf Jahre― zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt. Je kürzer der Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Bebauung und Veräußerung ist, desto unwahrscheinlicher ist die Möglichkeit, der Steuerpflichtige habe ursprünglich eine ―langfristige― Vermietung oder Selbstnutzung des veräußerten Objekts beabsichtigt und habe diese Planung lediglich wegen unvorhergesehener Umstände aufgeben müssen (BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, m.w.N.).
bb) Der Große Senat des BFH ist zwar wie das FG der Auffassung, dass bei der Auslegung der in § 15 Abs. 2 EStG genannten Merkmale das "Bild des Gewerbetreibenden" heranzuziehen ist. Anders als das FG hält der Große Senat jedoch weiterhin eine bei Erwerb vorhandene bedingte Veräußerungsabsicht für ausreichend, um einen gewerblichen Grundstückshandel anzunehmen (Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
Der Große Senat hat die bisherige Rechtsprechung bestätigt, nach der aus der Zahl der Objekte und dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung, Verkauf) auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden kann. Diese äußerlich erkennbaren Merkmale seien als Beweisanzeichen gerechtfertigt, weil die innere Tatsache der von Anfang an bestehenden Veräußerungsabsicht oft nicht zweifelsfrei feststellbar sei. Der Große Senat betont zwar den lediglich indiziellen Charakter der Objektzahl und des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Erwerb (Bebauung) und Veräußerung, misst diesen Beweisanzeichen aber nur dann keine Bedeutung zu, wenn sich aus "ganz besonderen" Umständen "zweifelsfrei" eine fehlende Veräußerungsabsicht ergebe. Es müssten "eindeutige Anhaltspunkte" gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen. Die Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung zur Widerlegung der Veräußerungsabsicht bereits bei Erwerb bzw. Bebauung sind daher weiterhin von Bedeutung (Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter III. 5.).
cc) Als Umstand, der gegen eine bedingte Wiederverkaufsabsicht bereits im Zeitpunkt der Anschaffung oder der Errichtung des Objekts spricht, hat die Rechtsprechung insbesondere eine vom Veräußerer selbst vorgenommene langfristige ―über fünf Jahre hinausgehende― Vermietung des Objekts angesehen (BFH-Urteile vom 23. April 1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170, unter 1. b cc, m.umf.N., und vom 18. September 2002 X R 28/00, BFHE 200, 304, BStBl II 2003, 133, BFH/NV 2003, 243). Ebenso ist eine auf längere Dauer angelegte Nutzung des Objektes zu eigenen Wohnzwecken geeignet, die ―im Grunde stets bestehende (BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291)― bedingte Veräußerungsabsicht zu entkräften (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 170).
Der Steuerpflichtige kann indes gegen die Bewertung seiner Tätigkeit als gewerblich nicht mit Erfolg einwenden, er habe sich erst später zu einer Verwertung durch Verkauf der Objekte entschlossen, zunächst jedoch eine Vermietung beabsichtigt. Denn die bloße Behauptung, die Objekte hätten nicht veräußert, sondern langfristig durch Vermietung genutzt werden sollen, kann die Beweisanzeichen für eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht nicht widerlegen, die sich aus dem Weiterverkauf innerhalb kurzer Zeit nach dem Erwerb ergeben (BFH-Urteile in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, und in BFH/NV 1997, 170).
Nach der Rechtsprechung steht der Annahme einer bedingten Veräußerungsabsicht grundsätzlich auch nicht des Vorbringen des Steuerpflichtigen entgegen, er habe aufgrund wichtiger, von seinem Willen unabhängiger Gründe seine ursprüngliche Vermietungsabsicht aufgeben und verkaufen müssen. Denn die konkreten Anlässe und Beweggründe für den Verkauf sagen im Allgemeinen nichts darüber aus, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht gehabt habe (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16. April 1991 VIII R 74/87, BFHE 164, 347, BStBl II 1991, 844; in BFH/NV 1997, 170, und vom 29. Oktober 1998 XI R 58/97, BFH/NV 1999, 766). Persönliche oder finanzielle Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien sind daher für die Zuordnung zum gewerblichen Bereich oder zum Bereich der Vermögensverwaltung grundsätzlich unerheblich (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135, und in BFH/NV 1997, 170, jeweils m.w.N.).
Die Behauptung des Klägers, die Rechtsprechung habe feste, gesetzlich nicht abgesicherte Beweisregeln geschaffen, trifft nicht zu. Vielmehr können die besonders gewichtigen Beweisanzeichen wie die Anzahl der veräußerten Objekte und der enge zeitliche Zusammenhang, aus denen im Regelfall eine von Anfang an bestehende zumindest bedingte Veräußerungsabsicht abzuleiten ist, durch besondere, im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung zu berücksichtigende Umstände im jeweiligen Einzelfall widerlegt werden (BFH-Urteile in BFH/NV 1997, 170; vom 20. September 1995 X R 34-35/93, BFH/NV 1996, 302; vom 9. Mai 2001 XI R 34/99, BFH/NV 2001, 1545, m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen ist die streitige Tätigkeit des Klägers als gewerblich zu beurteilen.
aa) Er hat in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Anschaffung bzw. Bebauung (zur Maßgeblichkeit der Errichtung vgl. BFH-Urteil vom 6. August 1998 III R 227/94, BFH/NV 1999, 302, 304, m.w.N.) insgesamt neun Objekte wieder veräußert. Die drei Einheiten in D hat der Kläger weniger als drei Jahre nach der Anschaffung und Bebauung des Grundstücks an die bisherigen Mieter veräußert. Bezogen auf den Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes im Dezember 1986 beträgt der Zeitraum bis zur Veräußerung sogar weniger als zwei Jahre. Von den im März 1991 in A und St erworbenen zehn parzellierten Baugrundstücken hat der Kläger vier in der Zeit vom 24. August bis 10. Dezember 1991, also noch im Jahr der Anschaffung an drei Interessenten weiterveräußert.
Damit ist nicht nur zwischen der Anschaffung/Bebauung und Veräußerung des jeweiligen Objekts, sondern auch hinsichtlich der einzelnen Verwertungsmaßnahmen der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang gegeben (BFH-Urteile vom 28. Juli 1993 XI R 21/92, BFH/NV 1994, 463, 464, und in BStBl II 2003, 133, BFH/NV 2003, 243).
In die gebotene Gesamtschau sind prinzipiell sämtliche in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang stehenden Veräußerungen einzubeziehen (BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 766; vom 21. Juni 2001 III R 27/98, BFHE 196, 59, BStBl II 2002, 537, m.w.N.). Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich auch aus dem BFH-Urteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97 (BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306) nicht, dass die Anschaffungen und Veräußerungen im Jahr 1991 nicht in die Gesamtwürdigung einbezogen werden dürfen.
Dieses Urteil betrifft die Frage, ob die Veräußerung eines vierten Objekts, die zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels führt, ein rückwirkendes Ereignis ist, das nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) die Änderung einer bestandskräftigen Veranlagung rechtfertigt. Der VIII. Senat des BFH hat (unter II. 2.) ausgeführt, der gewerbliche Betätigungswille müsse bei dem ersten der in die Gesamtwürdigung einzubeziehenden Veräußerungsvorgänge vorliegen. Werde die von Anfang an bestehende Absicht zur gewerblichen Betätigung erst durch Veräußerungen in späteren Jahren bestätigt, ändere das FA nur seine ursprüngliche Beurteilung des Sachverhalts. Dies sei kein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977. Auch der VIII. Senat geht somit davon aus, dass alle sachlich und zeitlich zusammenhängenden Veräußerungen in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Sind Veräußerungsvorgänge mehrerer Jahre zu berücksichtigen, können aber die sich aus der Gesamtwürdigung ergebenden steuerlichen Folgen nur für die Jahre gezogen werden, in denen der Steuerpflichtige noch nicht bestandskräftig veranlagt ist.
bb) Die Zahl der angeschafften und veräußerten Objekte, die deutlich über der für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels in der Regel erforderlichen Anzahl liegt, sowie der enge zeitliche Abstand zwischen den maßgebenden Tätigkeiten lassen im Streitfall darauf schließen, dass der Kläger die Objekte in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht erworben hat. Gewichtige und eindeutige Umstände, die gegen eine von Anfang an bestehende (bedingte) Veräußerungsabsicht sprechen, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht erkennbar.
Für die veräußerten, in D und in E belegenen Immobilien waren keine langfristigen Mietverträge abgeschlossen worden. Die Wohnungen waren nach dem Vortrag der Kläger auf unbestimmte Dauer vermietet worden; für den Laden bestand ein Mietvertrag für die Zeit vom 1. November 1986 bis zum 31. Dezember 1991. Eine Vermietung von bis zu fünf Jahren ist aber nach der Rechtsprechung nicht als langfristig im vorgenannten Sinn zu verstehen (BFH-Urteil vom 21. Mai 1993 VIII R 10/92, BFH/NV 1994, 94; vgl. ferner die Nachweise im BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 170, unter 1. b cc). Auch auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Mietverträge erlauben keinen Rückschluss auf eine langfristige Vermietung, da solche Verträge grundsätzlich kündbar sind (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 170).
Dagegen deutet die Tatsache, dass der Kläger das Gebäude in D u.a. mit Darlehen der Mieter finanziert hat und später nach Teilung des Grundstücks Einheiten jeweils genau zum Preis der gegebenen Darlehen an die betreffenden Mieter verkauft hat, auf eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht.
Hinsichtlich der beiden 1986 ersteigerten Eigentumswohnungen in E hat der Kläger ebenfalls keine gewichtigen, objektiven Umstände vorgetragen, die eine Zuordnung der Wohnungen zu seinem Privatvermögen rechtfertigen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 302, 304). Der Kläger hat auch nicht geltend gemacht, er habe diese Wohnungen lediglich für seinen Mandanten aus der Zwangsversteigerung gleichsam im Wege eines "Rettungskaufs" erworben, um sie ausschließlich ihm nach Besserung von dessen finanziellen Verhältnissen wieder zurückzugeben. Der Kläger hat vielmehr die Wohnungen mit einem ganz beträchtlichen Gewinn zurückveräußert. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger die Wohnungen bei einem entsprechend günstigen Angebot nicht auch an einen Dritten veräußert hätte, zumal angesichts der vom Kläger geschilderten eigenen Finanzprobleme und der im Hinblick auf seinen sich verschlechternden Gesundheitszustand befürchteten rückläufigen Einkommensentwicklung. Der Verkauf beider Eigentumswohnungen ordnet sich in das Gesamtbild der vom Kläger am Grundstücksmarkt fortlaufend entfalteten Tätigkeiten ein, bei sich bietender günstiger Gelegenheit Grundstücke auch gewinnbringend zu veräußern.
Die Beweggründe (wie hier Krankheit, Gefälligkeit gegenüber Mandanten etc.), welche die Veräußerungen jeweils aktuell veranlasst haben, sind mangels besonderer Umstände ―wie oben dargelegt― für eine abweichende Zuordnung der Tätigkeiten des Klägers, nämlich statt zu einem gewerblichen Grundstückshandel zur privaten Vermögensverwaltung, nicht geeignet.
4. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Hinsichtlich der Höhe des Gewinns bzw. des Gewerbeertrags haben die Beteiligten keine Einwendungen erhoben. Die Klage war daher abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 937950 |
BFH/NV 2003, 998 |
BStBl II 2003, 510 |
BFHE 2003, 515 |
BFHE 201, 515 |
BB 2003, 1271 |
BB 2003, 1478 |
DB 2003, 1302 |
DStR 2003, 1066 |
DStRE 2003, 831 |
HFR 2003, 681 |