Dipl.-Finw. (FH) Roland Ronig
Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG kann auf Antrag für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von der Anwendung des § 32d Abs. 1 EStG abgesehen werden, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar
- zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
- zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist.
Unter den Begriff der beruflichen Tätigkeit fallen sowohl selbstständig als auch nichtselbstständig ausgeübte Tätigkeiten. Ob es sich bei der beruflichen Tätigkeit um eine gewerbliche, freiberufliche oder um eine andere unter die Gewinneinkünfte fallende Tätigkeit handelt, ist unerheblich. Ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäftsführung ist für Anträge, die bis zum Jahr 2016 gestellt wurden, nicht erforderlich.
Die erforderliche berufliche Tätigkeit "für" eine Kapitalgesellschaft setzt nach der bis Ende des Veranlagungszeitraums 2016 geltenden Fassung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG nicht voraus, dass der Gesellschafter unmittelbar für diejenige Kapitalgesellschaft tätig wird, für deren Kapitalerträge er den Antrag stellt. D. h., auch eine mittelbare Tätigkeit (z. B. über eine Kapitalgesellschaft) ist ausreichend.
Gesetzesänderung
Für Anträge ab dem Jahr 2017 muss bei einer Beteiligung von 1 % bis 25 % durch die berufliche Tätigkeit ein maßgeblicher unternehmerischer Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft möglich sein.
Wird der Antrag gestellt, unterliegen die Einkünfte dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG. Darüber hinaus können die mit dieser Einkunftsquelle zusammenhängenden Werbungskosten abgezogen werden (Abzug i. H. v. 60 %, Teileinkünfteverfahren). Die Regelungen des § 20 Abs. 9 EStG (Sparer-Pauschbetrag) gelten nicht. Verluste können ohne Anwendung des § 20 Abs. 6 EStG mit anderen Einkünften verrechnet werden.
Die Option wird regelmäßig günstig sein, wenn die Beteiligung refinanziert ist und entsprechend hohe Schuldzinsen zu zahlen sind.
Der Antrag zur progressiven Einkommensteuer muss gegenüber dem Finanzamt spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gestellt werden. Eine Nachholung des Antrags ist nur unter den Voraussetzungen des § 110 AO zulässig.
Wiedereinsetzung nach § 110 AO
Sowohl die Unkenntnis des Antragsrechts gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG als auch die Unkenntnis, einen solchen Antrag neben einem Antrag auf Günstigerprüfung stellen zu können bzw. zu müssen, können bei einem nicht fachkundig beratenen Steuerpflichtigen unverschuldet sein und zur Wiedereinsetzung in die Antragsfrist gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG berechtigen.
Demgegenüber hat der BFH eine Wiedereinsetzung bei einem fachkundig beratenen Steuerpflichtigen verneint.
Der Antrag gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden 4 Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut belegt werden müssen. Nach Ablauf dieser 5 Jahre ist ein erneuter Antrag erforderlich. Wird der Antrag widerrufen, kann kein erneuter Antrag für diese Beteiligung gestellt werden. Nach einer wirksamen erstmaligen Antragstellung ist das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen in den folgenden 4 Veranlagungszeiträumen vom Finanzamt zu unterstellen. Diese müssen nur für das erste Antragsjahr vorliegen; ihr Wegfall in den folgenden 4 Veranlagungszeiträumen ist unerheblich.
Dies gilt nach einer wirksamen Antragstellung für alle materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen, einschließlich des Wegfalls der Beteiligung innerhalb des Fünfjahreszeitraums.
Der Antrag kann nach einem Erwerb von weiteren Anteilen nur einheitlich für die gesamte Beteiligung gestellt werden.
Durch § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG werden die Nachteile des ansonsten fehlenden Werbungskostenabzugs revidiert. Da das Teileinkünfteverfahren gewährt wird und Verluste mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden dürfen, wird der bis 2008 geltende Status beibehalten.
Ausfüllen der Anlage KAP
Der Antrag zur Anwendung der tariflichen Einkommensteuer wird in der Zeile 31 der Anlage KAP 2024 gestellt. Die Angaben zur Gesellschaft sowie die Erträge nach Abzug der hiermit zusammenhängenden Kosten sind in den Zeilen 32-32b der Anlage KAP einzutragen. Die Zeilen 32c und 32f sind für Angaben zum Widerruf des Antrags vorgesehen.