BFH: Rückstellungsbildung für Baustellenräumung

Die Bildung einer Rückstellung für die Räumung eines Baustellenlagers bei Vertragsende ist ausgeschlossen, wenn die Verpflichtung in ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung von einem eigenwirtschaftlichen Interesse überlagert wird. Dies hat der BFH nun bestätigt. 

Eigeninteresse als Negativkriterium: Rückstellung scheidet aus  

Die Entscheidung des BFH ist nur schwer nachvollziehbar. Zunächst trifft der BFH mit Urteil vom 22.1.2020 (XI R 2/19) die Aussage, dass grundsätzlich eine Rückstellung zu bilden ist, um dann in einem weiteren Schritt dazu zu kommen, dass dies hier – ausnahmsweise – nicht der Fall ist. Begründet wird dies damit, dass eine Rückstellung dann zu bilden ist, wenn eine Verpflichtung einer dritten Person gegenüber besteht. Man spricht von einer Außenverpflichtung. Wenn allerdings diese Verpflichtung einem Dritten gegenüber vollständig von eigenen wirtschaftlichen Interessen überlagert wird, soll nach der Rechtsprechung des BFH eine Rückstellung ausscheiden. Ob sich dieses Negativkriterium aus dem Gesetz ableiten lässt, erscheint sehr fraglich. Die wohl überwiegende Ansicht in der Literatur kritisiert daher auch die Rechtsprechung des BFH. Diese Bedenken teilt der BFH indes nicht. Seiner Ansicht nach hatte hier die Klägerin primär das Interesse die Baustellen wieder zu räumen, damit sie die Gerüstteile an anderer Stelle einsetzen konnte. Zentrale Bedeutung für die Anwendung dieser Rechtsprechung in der Praxis hat damit die Frage, wann eigene wirtschaftliche Interessen die Verpflichtung einem Dritten gegenüber vollständig überlagern. Sofern die Finanzverwaltung im Einzelfall aufgrund der Rechtsprechung des BFH die Bildung einer Rückstellung verweigert, wird dies der Punkt sein, an dem es anzusetzen gilt.    

Sachverhalt: Rückstellungen für Abtransport wurden von der Finanzverwaltung nicht anerkannt

Die Klägerin ist eine GmbH, die vor allem Gerüstbau für Großindustrieanlagen betreibt. Mit den Betreibern der Anlagen wurden Rahmenverträge von regelmäßig drei Jahren geschlossen. Auf dieser Grundlage wurden dann Einzelverträge über die zu erbringenden Leistungen geschlossen. Mit den Entgelten für den Gerüstbau waren auch der An- und Abtransport des Gerüstmaterials sowie Baustelleneinrichtung, Montage und die Demontage der Gerüste abgegolten. Ab dem Jahr 2004 bildete die Klägerin Rückstellungen für den Abtransport des Materials am Ende der Laufzeit eines Vertrages. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung erkannte die Finanzverwaltung diese Rückstellungen nicht an. Einspruchs- und Klageverfahren gegen die geänderten Bescheide blieben ohne Erfolg.

Begründung der Entscheidung: Eigenbetriebliches Interesse überlagert bestehende Außenverpflichtung

Auch der BFH wies die Revision zurück und bestätigte das Urteil des FG Münster. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die Voraussetzungen für eine solche Passivierung sind hier grundsätzlich gegeben. Allerdings entspricht es der Rechtsprechung des BFH, dass im Einzelfall eine Rückstellungsbildung deshalb ausscheidet, weil das eigenbetriebliche Interesse eine bestehende Außenverpflichtung vollständig überlagert. Es liegt dann eine sog. Aufwandsrückstellung vor, die weder handels- noch steuerrechtlich in Betracht kommt. Bei Anwendung dieser Grundsätze scheidet im Urteilsfall die Bildung einer Rückstellung aus, da es im eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin war, die Materialien abzutransportieren und an anderer Stelle wiederzuverwenden.


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