Bitcoin - Bilanzierung

Virtuelle Währungen, sog. Kryptowährungen, erfreuen sich als Zahlungsmittel und Finanzierungsquelle steigender Beliebtheit. Die bilanzrechtliche Abbildung jedoch wirft wegen bislang nicht abgeschlossener Meinungsbildung und der Innovationsgeschwindigkeit Fragen auf.

Originärer Erwerb von Bitcoin

Sachverhalt: Ein Unternehmen erwirbt über eine entsprechende Börse eine bestimmte Anzahl/Einheiten an Bitcoins und bezahlt diese in Euro. Die Bitcoins werden dem Unternehmen in seinem sog. Bitcoin wallet gutgeschrieben.

Beurteilung: Bei Bitcoin handelt es sich nicht um ein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern um eine sog. Kryptowährung oder virtuelle Währung. Ein Ausweis als Kassenbestand oder Guthaben bei Kreditinstituten in der Bilanz des Unternehmens kommt daher nicht in Betracht, auch wenn sie zahlungsmittelähnlich und hoch liquide sind, d. h. nahezu jederzeit an entsprechenden Börsen in gesetzliche Zahlungsmittel getauscht werden können.

Selbst für den Fall, dass es sich bei Bitcoins um ein gesetzliches Zahlungsmittel handeln würde, erfüllten virtuelle Währung(seinheit)en weder die Voraussetzungen für den Ausweis als barer Kassenbestand noch als Guthaben bei einem Kreditinstitut. Auch scheidet ein Ausweis als Wertpapiere (sei es des Anlage- oder des Umlaufvermögens) mangels Wertpapiereigenschaft aus.

Im Ausgangsfall handelt es sich weder um den Erwerb eines materiellen Vermögensgegenstands – mangels gesetzlicher Zahlungsmitteleigenschaft auch nicht um einen auf andere Währung lautenden Geldbetrag – noch um einen aufwandswirksam zu erfassenden Vorgang. Vielmehr erwirbt das Unternehmen das Recht (zumindest bei akzeptierenden Stellen), künftige Zahlungen in Bitcoin zu erfüllen bzw. an einer entsprechenden Börse wieder in Fiatgeld (z. B. Euro) oder eine andere Kryptowährung eintauschen zu dürfen.

Demnach dürfte es sich bei den erworbenen Bitcoin-Einheiten um immaterielle Vermögensgegenstände handeln, sofern diese auch selbstständig bewertbar und verkehrsfähig sind. Durch den Erwerb von Bitcoins gegen Hingabe eines Euro-Betrags ist die selbstständige Bewertbarkeit gegeben, zumal der Handel von Kryptowährungen an entsprechenden Börsen unter Feststellung von Börsenpreisen aufgrund von Angebot und Nachfrage nahezu jederzeit möglich ist. Ferner ist die selbstständige Verkehrsfähigkeit von Kryptowährungen wie Bitcoin i. S. v. Einzelveräußerbarkeit oder -verwertbarkeit durch ihre regelmäßige Entgegennahme bei akzeptierenden Stellen und dem bereits ausgeprägten Handelssystem erfüllt.

Mithin führt der Erwerb bestehender Einheiten an Kryptowährung zu erworbenen immateriellen Vermögensgegenständen, die je nach Absicht des Unternehmens im Anlagevermögen (erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens) oder im Umlaufvermögen (sonstige Vermögensgegenstände) auszuweisen sind. Die Zugangsbewertung dieser immateriellen Vermögensgegenstände bemisst sich nach den Anschaffungskosten i. H. d. gezahlten Börsenkurses. Entsprechend dem Ausweis im Anlage- oder Umlaufvermögen bestimmt sich die Folgebewertung des einstmals bei Erwerb der Bitcoins aufgewendeten Betrags; dabei ist insb. für das Anlagevermögen das (gemilderte) Niederstwertprinzip und für das Umlaufvermögen das strenge Niederstwertprinzip zu beachten. Im Fall des Ausweises im Anlagevermögen kommt es aufgrund der grundsätzlich unbegrenzten Nutzungsdauer nicht zu planmäßigen Abschreibungen für den Inhaber des Bitcoin-Guthabens. Bewertungsmaßstab wird in jedem Fall der Börsenkurs zum Bilanzstichtag sein, wobei die (historischen) Anschaffungskosten die Höchstgrenze der Bewertung darstellen. Der Anwendungsbereich von § 256a HGB ist für Bitcoin-Guthaben trotz währungsähnlicher Einsatzmöglichkeiten mangels (gesetzlicher) Währungseigenschaft nicht eröffnet.

Fraglich ist, wie die Folgebewertung erfolgt, wenn das Bitcoin-Guthaben zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden ist und zum Bilanzstichtag im Guthaben enthaltene Bitcoins teilweise zu Anschaffungskosten über und teilweise unter dem aktuellen Börsenkurs erworben wurden. Grundsätzlich gilt das Gebot der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Aufgrund des gesetzlichen Wortlauts der §§ 240 Abs. 3, 256 Satz 1 HGB kommen dort genannte Bewertungsvereinfachungsverfahren für bestimmte Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens und für bestimmte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe in Betracht. Eine Bewertung mit dem gewogenen Durchschnittswert gem. § 240 Abs. 4 HGB i. V. m. § 256 Satz 2 HGB kommt z. B. für bewegliche Vermögensgegenstände (in der Praxis üblicherweise auch bei Wertpapieren) in Betracht. Immaterielle Vermögensgegenstände qualifizieren in Teilen der Literatur als unbewegliche Vermögensgegenstände, nach a. A. sind sie als unkörperliche Werte weder beweglich noch unbeweglich.

Als (Zwischen-)Ergebnis ist festzuhalten, dass diejenigen Bitcoins mit Anschaffungskosten oberhalb des zum Bilanzstichtag aktuellen Börsenkurses außerplanmäßig auf den Börsenkurs abzuschreiben sind, während bei Bitcoins mit Anschaffungskosten unterhalb des zum Bilanzstichtag aktuellen Börsenkurses stille Reserven entstehen. Bei im Anlagevermögen ausgewiesenen Bitcoins ist Voraussetzung für eine außerplanmäßige Abschreibung zudem eine dauerhafte Wertminderung.

Komplizierter wird es im Fall der unterjährigen Verwendung von Bitcoins (sprich, welche Bitcoins mit welchen Anschaffungskosten verwendet werden), spätestens aber bei der Bewertung der zum Bilanzstichtag noch verbliebenen Bitcoins (sprich, welche Bitcoins bereits unterjährig abgegangen und welche Bitcoins zum Bilanzstichtag noch im Bestand vorhanden sind). Nach h. M. gilt die Durchschnittsmethode des § 240 Abs. 4 HGB auch für Wertpapiere und für flüssige Mittel in fremder Währung. Ob diese Vermögensgegenstände realiter die Voraussetzung «beweglich» erfüllen, ist indes fraglich. U. E. erscheint es vertretbar, die Durchschnittsbewertung auch für Bitcoin-Guthaben anzuwenden.

Sofern eine bestimmte Kryptowährung bereits (gesetzliche) Zahlungsmittel- oder zahlungsmittelähnliche Funktionen erlangt hat und deren jederzeitiger Umtausch in Fiatwährung gegeben, d. h. hoch liquide ist, wäre ein Ausweis im Posten „Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten“ zulässig, ggf. zwingend. Voraussetzung hierfür wäre jedoch eine entsprechende Änderung der Postenbezeichnung und somit des Inhalts nach § 266 Abs. 2 B. IV. HGB i. S. e. Erweiterung des Postens um «alternative» oder «digitale» Währungen durch den Gesetzgeber.


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