Zweite umfassende Überprüfung des IFRS für KMU

Der International Accounting Standards Board (IASB) hat am 27. Februar 2025 die dritte Version des IFRS für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) veröffentlicht. Die Veröffentlichung ist das Ergebnis der zweiten umfassenden Überprüfung des IFRS für KMU, die 2019 gestartet wurde. 

Der IFRS für KMU basiert auf den vollständigen IFRS-Rechnungslegungsstandards mit bestimmten Vereinfachungen, um den Informationsbedarf der Nutzer von KMU-Abschlüssen und die den KMU zur Verfügung stehenden Ressourcen zu berücksichtigen. Der Anwendungsbereich des Standards erstreckt sich nur auf Unternehmen ohne öffentliche Rechenschaftspflicht. Er steht damit etwa börsennotierten Unternehmen nicht zur Verfügung. Der IFRS für KMU kann mittlerweile - verpflichtend bzw. freiwillig - in 85 Jurisdiktionen angewendet werden. In Deutschland (und weit überwiegend auch in den anderen Ländern in Europa) ist dessen Anwendung indes nicht vorgesehen. 

Zweite umfassende Überprüfung des IFRS für KMU

Das IASB hat im Februar 2025 die zweite umfassende Überprüfung des IFRS für KMU abgeschlossen. Der Standard wurde in 2009 herausgegeben und in 2015 aufgrund der ersten umfassenden Überprüfung geändert.

Gestartet hat der IASB die Überprüfung mit einem Informationsersuchen. Die Interessengruppen wurden dazu befragt, ob und gegebenenfalls, wie der IFRS für KMU aktualisiert werden sollte. Damit sollen die seit der letzten umfassenden Änderung des IFRS für KMU eingetretenen Entwicklungen bei den vollständigen IFRS-Rechnungslegungsstandards berücksichtigt werden. Darauf aufbauend veröffentlichte der IASB im September 2022 und nochmals im März 2024 einen Entwurf zur Änderung des IFRS für KMU.

Wesentliche Änderungen am IFRS für KMU

Wesentliche Änderungen ergaben sich im Zuge der Überarbeitung des IFRS für KMU an fünf Abschnitten sowie durch die Einfügung eines neuen Abschnitts zur Bestimmung des beizulegenden Zeitwerts, der auf den Vorschriften des IFRS 13 basiert:

Abschnitt 2 Konzepte und grundlegende Prinzipien: 
Basis für diesen Abschnitt bildet nunmehr das in 2018 verabschiedete neue Rahmenwerk. Entsprechend wurden die bisherigen Regelungen angepasst. Zudem wurde ein neues Grundprinzip eingeführt, nachdem die Regelungen in den anderen Abschnitten des IFRS für KMU den Regelungen des Abschnitts 2 vorgehen.

Abschnitt 9 Konzern- und Einzelabschlüsse:
Basis für diesen Abschnitt ist das einheitliche Beherrschungsmodell des IFRS 10. Beibehalten wurde zur Vereinfachung der Anwendung, die bereits bisher im IFRS für KMU verankerte widerlegbare Vermutungsregelung, dass bei Stimmenrechtsmehrheit Beherrschung besteht.

Abschnitt 11 Finanzinstrumente: 
Bisher wurden Finanzinstrumente in zwei Abschnitten (11 und 12) geregelt. Diese Abschnitte wurden nunmehr in einem Abschnitt 11 Finanzinstrumente zusammengefasst. Der neue Abschnitt 12 Bewertung zum beizulegenden Zeitwert enthält die entsprechenden Bewertungs- und Angabevorschriften. Im Abschnitt zu den Finanzinstrumenten wurde u.a. ein vereinfachtes Prinzip zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten und neue Angabepflichten eingeführt.

Abschnitt 19 Unternehmenszusammenschlüsse und Goodwill: 
Die bisherigen Regelungen basierten noch auf der 2004er Version des IFRS 3. Insbesondere in 2008 wurden einige Vorschriften im IFRS 3 geändert, um bestehende Unzulänglichkeiten und Anwendungsprobleme zu adressieren. Die nunmehr vorgenommenen Änderungen betreffen u.a. die Definition eines Geschäftsbetriebs, die Identifikation des Erwerbers, bedingte Gegenleistungsverpflichtungen oder sukzessive Unternehmenszusammenschlüsse.

Abschnitt 23 Erlöse aus Verträgen mit Kunden: 
Dieser Abschnitt wurde auf Basis des IFRS 15 und des dortigen einheitlichen Erlösrealisierungsmodells angepasst, wobei der IASB zur besseren praktischen Handhabung bestimmte Vereinfachungen vorgenommen hat. Zudem wurde die Bezeichnung des Abschnitts an IFRS 15 angepasst.

Anwendungszeitpunkt und Ausblick

Die Änderungen sind erstmals für Berichtsperioden, die am oder nach dem 1. Januar 2027 beginnen, anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Der Standard sieht spezifische Übergangsregelungen vor.

Interessant ist, dass bei der nun erfolgten Überarbeitung nicht die neuen Regelungen des IFRS 16 zu Leasingverhältnissen betrachtet wurden. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass erst in 2024 der sog. Post Implementation Review zu IFRS 16 gestartet wurde. Insoweit wurde die Entscheidung darüber, ob und wie der IFRS für KMU im Hinblick auf die Neuregelungen des IFRS 16 geändert werden soll, vertagt. Gleiches gilt für regulatorische Posten nach IFRS 14. Auch hier soll eine Entscheidung erst in einer Folgeüberprüfung des IFRS für KMU nach Abschluss des derzeitigen Projektes zu preisregulierten Aktivitäten erfolgen. Diskutiert wurde auch das Thema Kryptowährungen. Vor dem Hintergrund, dass dem IASB signalisiert wurde, dass Kryptowährungen bei KMU kaum eine Rolle spielen, wurde auch dieses Thema auf die nächste Überprüfung des IFRS für KMU vorgetragen.

Die Regularien sehen vor, dass in regelmäßigen Abständen, jedoch nicht häufiger als etwa alle drei Jahre, Änderungen am IFRS für KMU vorgeschlagen werden sollen. Daher ist es bemerkenswert, dass zwischen dem Abschluss der ersten und zweiten umfassenden Überprüfung ein Zeitraum von zehn Jahren gelegen hat. Insoweit bleibt abzuwarten, wann mit der dritten umfassenden Überprüfung zu rechnen ist.


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