Christian Trost, Matthias Menebröcker
Rz. 1717
Kurorte sind nach bislang h. M. Unternehmer (s. o.). Sie können die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für ihr Unternehmen ausgeführt werden, als Vorsteuer abziehen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Eingangsleistungen, die mit dem Kurbetrieb zusammenhängen (Bsp.: Errichtung und Unterhaltung des Kurhauses, des Kurparks, der Wege und Plätze, Durchführung von Veranstaltungen, Abfallbeseitigung), in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Erhebung der Kurtaxe stehen.
Rz. 1718
Nach der bisherigen Rechtsprechung ist ein Vorsteuerabzug jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn Einrichtungen, Wege oder Plätze öffentlich gewidmet sind. Durch die öffentliche Widmung würden diese Einrichtungen dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt. Der Eigentümer könne den Gebrauch infolgedessen weder allgemein noch individuell in Bezug auf einzelne Teilnehmer ausschließen. Er dürfe insb. für die Teilnahme am Gemeingebrauch kein Entgelt fordern. Eine Widmung habe daher zur Folge, dass die Gemeinde die Einrichtungen nicht unternehmerisch nutzen könne. Fehle es an einer derartigen Widmung zum Allgemeingebrauch, komme es weiter darauf an, ob es sich um eine öffentliche Einrichtung im Sinne des Kommunalrechts handle, die ausdrücklich oder zumindest konkludent der Öffentlichkeit zur Nutzung überlassen werde. In diesem Falle sei eine Sondernutzung durch Kurgäste ausgeschlossen, wenn diese die Einrichtung lediglich in Form des Betretens und Besichtigens und damit als Teil der Allgemeinheit nutzten. Ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Kurortes sei auch dann ausgeschlossen, wenn Eingangsleistungen keinerlei Einfluss auf die Höhe der Kurtaxe hätten, obwohl dieser zur Deckung des Aufwands dienen solle, der für die Herstellung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen entstehe.
Rz. 1719
Die FinVerw. hat sich der vorstehenden Rechtsprechung angeschlossen. Eine Gemeinde, die Einrichtungen (einschließlich Straßen, Wege und Plätze) sowohl für wirtschaftliche als auch für hoheitliche Zwecke verwende, könne diese nicht in vollem Umfang ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zuordnen und sei deshalb nur anteilig zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine Gemeinde könne keine Vorsteuern aus der Herstellung und dem Unterhalt von Einrichtungen geltend machen, die zwar durch die Gemeinde als Teil der öffentlichen Kureinrichtungen/des Fremdenverkehrs vorgehalten werden, jedoch nach den landesrechtlichen Regelungen (Bsp.: Straßen- und Wegerecht) durch öffentlich-rechtliche Widmung als dem Gemeingebrauch zugänglich anzusehen bzw. einer solchen Widmung zuzuführen seien, selbst wenn die Gemeinde vom Kurgast auf der Grundlage einer Satzung eine allgemeine Kurtaxe erhebe. Die Nutzung der Einrichtungen durch den Kurgast erfolge hier nicht im Rahmen einer über den Gemeingebrauch hinausgehenden Sondernutzung. Bei Fehlen einer öffentlich-rechtlichen Widmung entfalle der Vorsteuerabzug, wenn die Einrichtung ausdrücklich (Bsp.: durch Gemeindeordnung) oder konkludent (Bsp.: durch Gewohnheitsrecht oder Ausschilderung als Spazier- oder Wanderweg) der Öffentlichkeit zur Nutzung überlassen werde und dadurch insoweit eine Sondernutzung in Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgeschlossen sei.
Rz. 1720
Nach unserer Einschätzung schränken Rechtsprechung und FinVerw. den Vorsteuerabzug der Kurorte zu stark ein. Kurorttypische Einrichtungen und Anlagen (Bsp.: Kurparks, sonstige Parkanlagen, Spazier- oder Wanderwege) sind – einzeln oder in der Summe – für die wirtschaftliche Tätigkeit eines Kurortes nicht nur praktisch, sondern auch rechtlich hinsichtlich ihrer Anerkennung als Kurort unerlässlich. Zumindest stehen sie in einem erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit und sollen diese fördern. Selbst wenn der Nachweis eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einzelnen Eingangsleistungen und den im Rahmen der Kurverwaltung ausgeführten Ausgangsumsätzen im Einzelfall schwieriger sein dürfte, sind die Kurorte u. E. gleichwohl zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Kosten für die Eingangsleistung gehören jedenfalls zu den allgemeinen Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit der Kurorte und sind als solche Bestandteile des Preises der von ihnen erbrachten Leistungen. Derartige Kosten hängen auch direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen. Die Kurorte dürfen nach den landesrechtlichen Bestimmungen eine Kurtaxe nur erheben, um ihre Kosten für die Herstellung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen und für die zu diesem Zweck durchgeführten Veranstaltungen zu decken. Daher ist grds. von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und den durch die Kurtaxe finanzierten Eingangsleistungen auszugehen. Die Eingangsleistungen des Kurbetriebes fließen in die Bemessung...