Zusammenfassung
Die Arbeitswelt befindet sich in der Transformation in eine neue Epoche: von der Arbeit in der Industrie wandeln sich Berufsbilder immer mehr zur Wissensarbeit. Wissen teilen ist dabei Erfolgsfaktor aber auch Schlüsselkompetenz, ebenso wie die Fähigkeit, sich zu vernetzen, mit anderen zu kooperieren und kollaborativ zu arbeiten. Unternehmen und Behörden bleibt in der sogenannten VUKA-Welt nichts anderes mehr übrig, als zur lernenden Organisation zu werden, wie Peter Senge Anfang der 90er-Jahre schon schrieb. Sie sind also darauf angewiesen, dass auch Führungskräfte und Beschäftigte ihre Kompetenzen lebenslang weiterentwickeln. Working out Loud® und andere, ähnliche Peer-Learning-Programme bieten hierfür ein begleitendes Setting. In einem begrenzten Zeitraum unterstützen sich Mitglieder kleiner Teams (Circles) dabei, persönliche Ziele zu erreichen. Zentrale Motive dabei sind gegenseitige Unterstützung, großzügiges Teilen von Wissen und das Sichtbarwerden mit der eigenen Arbeit. Der Beitrag beschreibt verschiedene Ansätze des Peer-Learnings und zeigt, welche Wirkung diese als Graswurzelbewegung oder gezielt angebotenes Programm im Rahmen der Organisationsentwicklung haben können.
1 Vorbemerkungen
Die Arbeitswelt wandelt sich. Sie wird digitaler, vernetzter, agiler und vielfältiger – und gleichzeitig scheint sich eine Kluft zu zeigen zwischen alten und neuen Haltungen ("Mindset"). Aus meiner Sicht sollten wir an der Schwelle zu einer neuen Epoche unterscheiden zwischen dem Mindset, das dem 20. Jahrhundert zuzurechnen ist und seine Wurzeln in der Industrialisierung, dem Wachstum und dem Wettbewerb hat und den Einstellungen, die sich nun mit dem 21. Jahrhundert entwickeln und im Kern in sich tragen, Wissen zu teilen und sich zu vernetzen.
Peter Drucker wies schon in den 50er-Jahren darauf hin, dass in der Arbeitswelt ein Wandel von Industriearbeitern und klassischen Sachbearbeitern hin zu Wissensarbeitern erforderlich ist. Damit einher geht, dass nur sie selbst die Verantwortung für Produktivität, Qualität und Verbesserung der Ergebnisse ihrer Arbeit übernehmen können. Denn der Prozess der Wissensarbeit ist nicht messbar und kontrollierbar. Wissensarbeiter müssen selbstorganisiert und autonom arbeiten können. Und sie müssen dran bleiben am kontinuierlichen, lebenslangen Lernen und in der Lage sein, diesen Metaprozess auch (selbst und mit anderen, gegebenenfalls auch ihrer Führungskraft) reflektieren und steuern zu können. Drucker hat insofern schon einen vorausschauenden Blick auf die neue Arbeitswelt, auf "New Work" geworfen.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass sich damit die Einstellungen zum Lernen, zu Arbeitsweisen und zu Kooperation, zum Umgang mit Hierarchieebenen, zu genutzten Medien, mit denen Arbeit bewältigt wird, und zur Vernetzung mit anderen, verändert haben und weiter verändern werden. Das hat Einfluss auf die Art und Weise, zu lernen, sich zu präsentieren, mit anderen zu kooperieren und sich zu entwickeln. Im Übrigen sind nur so die komplexen Fragestellungen unserer Zeit zu bewältigen. Beispielweise wird auch Lernen "auf Vorrat" wie im Studium oder in klassischen Seminaren immer weniger auf die Situationen vorbereiten können, die im Berufsleben tatsächlich warten. Programme wie Working out loud® oder Erfolgsteams können hier gut klassisches Lernen ergänzen – ein Leben lang.
In der Pandemie haben viele Beschäftigte die Erfahrung gemacht, sich von heute auf morgen mehr oder weniger isoliert im Homeoffice wieder zu finden. Diese Zeit hat ebenfalls gezeigt, wie wichtig Vernetzung, der persönliche Austausch und die gegenseitige Unterstützung für uns alle ist, für die Gesellschaft und für eine gute Kultur der Zusammenarbeit. Das Gefühl der zunächst starken Isolierung im Homeoffice wurde je nach verfügbarer Technik, individueller und kollektiver Fähigkeit, gemeinsam neue Routinen für die Zusammenarbeit zu gestalten, gemildert.
In den letzten Jahren sind ergänzend folgende Tendenzen auszumachen:
- ein zunehmendes Bedürfnis nach selbstgesteuertem und zeitunabhängigem Lernen, vor allem bei Menschen, die den Generationen Y und Z angehören sollen, oder die unabhängig vom Alter Bewegungen wie der Soziokratie 3.0, oder Holocracy zuzurechnen sind; diesem Feld ist auch das Interesse an Frederik Laloux´s Veröffentlichung und Beratung im Sinne von "Reinventing Organisations" zuzurechnen
- die Erfahrung, dass gerade bei komplexen Themen Problemlösungen nur gemeinsam und vernetzt mit anderen gelingen
- ortsunabhängige remote-Arbeit und die Möglichkeit, sich durch Videokonferenzen auch mit Menschen zu vernetzen, die man noch nie persönlich getroffen hat.
Mit der Möglichkeit von orts- und zeitunabhängigem Arbeiten gehen parallel technische Entwicklungen und die Erwartungen der Lernenden an passgenaue Qualifizierungsmaßnahmen voran.
Das bedeutet, dass Lernen und Weiterentwicklungsimpulse, wie schon oben geschildert, nicht mehr nur auf Vorrat in kompakten Zeiträumen und Trainings erfolgen können, sondern auch mit systemisc...