Dr. Hanspeter Knirsch, Henning Overkamp
Die Besteuerung der öffentlichen Hand stellt einen Bereich dar, der in der Vergangenheit und teils noch heute bei vielen Kommunen nicht die Aufmerksamkeit erfahren hat bzw. erfährt, die aufgrund der finanziellen, persönlichen und politischen Auswirkungen für die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst und der haftungs- und strafrechtlichen Konsequenzen für die handelnden Personen angebracht sein sollte. Nicht zuletzt die Änderungen im Umsatzsteuerrecht durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 2015 und die damit einhergehende Erweiterung der steuerlich relevanten Tätigkeiten der Körperschaft des öffentlichen Rechts haben in den letzten Jahren aber zu einem spürbaren Umdenken in der kommunalen Familie geführt. Hierzu trägt, neben der Verschärfung der Gesetzeslage und der (steuer-)strafrechtlichen Rechtsprechung, sicherlich auch die zu beobachtende Praxis der Finanzämter bei, die ein neues Betätigungsfeld entdeckt haben. In der steuerlichen Beratungspraxis zeigt sich, dass die Finanzämter und insbesondere die für die Prüfung der Kommunen zuständigen Stellen für Groß- und Konzernbetriebsprüfungen ihre Prüfungsintensität erhöht haben, inhaltlich weniger entgegenkommend sind und auch nicht davor zurückschrecken, im Fall unrichtiger oder unterlassener Deklarationen strafrechtliche Verfahren gegen die verantwortlichen Personen einzuleiten.
Risiken ergeben sich vor allem im Zusammenhang mit organisatorischen Veränderungen und der Aufnahme neuer Tätigkeiten. Insbesondere die Aufgabe nicht erkannter Betriebe gewerblicher Art oder die Veränderung der tatsächlichen oder vertraglichen Bedingungen können zur Aufdeckung stiller Reserven und zur Entstehung eines Aufgabegewinns mit erheblichen steuerlichen Belastungen für die Kommune führen. Weitere Risiken können sich insbesondere aber auch aus der Änderung der Gesetzeslage oder der bislang anerkannten Rechtsprechung ergeben. So kann die geänderte Rechtsprechung des BFH zur Verpachtung dauerdefizitärer Betriebe bei gleichzeitiger Zuschussgewährung an den Pächter zu einem Wegfall des Verpachtungs BgA und damit ggf. zu erheblichen Vorsteuerkorrekturen oder Entnahmebesteuerungen führen. Gleiches kann sich aus der Rechtsprechung des EuGH zur umsatzsteuerlichen Einordnung von Kurbeiträgen ergeben. Auch hier droht ein kompletter Wegfall der bisherigen BgA Kurbetriebe und eine rückwirkende Korrektur der bereits gezogenen Vorsteuerbeträge.
Aufgrund komplexer Strukturen der kommunalen Aufgabenwahrnehmung und der oftmals bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Handeln auf der einen und dem steuerneutralen hoheitlichen Tätigkeitsbereich der Kommunen auf der anderen Seite wird allerdings auch zukünftig die Abgabe fehlerhafter oder unvollständiger Erklärungen nicht vollständig ausgeschlossen werden können. Maßgeblich für die straf- und haftungsrechtlichen Folgen der handelnden Personen ist jedoch nicht nur die objektive Unrichtigkeit der Steuererklärungen, sondern insbesondere die subjektive Vorwerfbarkeit gegenüber dem Einzelnen. Bei der Aufdeckung unterlassener oder fehlerhafter Erklärungen stellt sich daher regelmäßig die Frage, ob die Steuerverkürzung leichtfertig oder sogar vorsätzlich verursacht wurde. Während den handelnden Personen i. d. R. nicht direkter Vorsatz (dolus directus I. oder II. Grades) vorgeworfen wird, stellt sich in der Praxis die Frage, ob die Betroffenen die Steuerverkürzung billigend in Kauf genommen haben (Eventualvorsatz). Zu beachten ist dabei, dass ein straf- oder bußgeldrechtlich vorwerfbares Verhalten auch dann vorliegen kann, wenn die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit einer abgegebenen (Steuer-) Erklärung erkannt, aber keine (ggf. auch erneute) Berichtigung entsprechend der Verpflichtung aus § 153 AO vorgenommen wurde. In diesem Fall liegt eine Unterlassungstat vor. Dies bedeutet, dass nicht nur die Verantwortungsträger im Zeitpunkt der jeweiligen Steuererklärung, sondern u. U. auch die nachfolgenden kommunalen Verwaltungsspitzen in Anspruch genommen werden können. Neu gewählte Bürgermeister und Landräte sollten daher grundsätzlich auch im Blick haben, was in der Zeit der Vorgängerin oder des Vorgängers unternommen wurde, um die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Kommune zu gewährleisten. Die Praxis zeigt dabei, dass die Nacherklärung von bislang "unerkannten" BgA im Zusammenhang mit der Einführung eines TCMS oder den Projekten zu Umstellungen auf die Regelungen des StÄndG2015 eher die Regel als die Ausnahme sind.
Die Führungsebene und die Fachabteilung müssen nachweisen können, dass sie ihrer Organisationspflicht nachgekommen sind und es sich bei dem Verstoß um einen Einzelfall und nicht um einen systematischen Fehler handelt. Eine Exkulpation kann nur gelingen, wenn neben den steuerlichen Kernprozessen auch die erforderlichen Organisationsprozesse in Bezug auf sämtliche steuerlich relevanten Ebenen der Körperschaft so aufgestellt werden, dass entsprechende Sachverhalte und Vorgänge au...