Es gibt viele Fälle, in denen es sinnvoll ist, das Recht auf Vergessenwerden zu beanspruchen, z. B. bei Ehrverletzungen, Persönlichkeits- und Urheberrechtsverletzungen. Allenfalls ist zusätzlich eine Strafklage möglich, wenn folgende Tatbestände erfüllt sind: Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB).

Dass man aufgrund falscher Daten benachteiligt wird, kann in verschiedenen Situationen passieren, z. B. bei der Wohnungs- und Stellensuche oder bei geschäftlichen Kreditverhandlungen. In diesem Fall stellt sich die Frage, wie weit das Recht auf Vergessenwerden und vor allem das dazugehörige Auskunftsrecht z. B. gegenüber Institutionen wie der SCHUFA oder der VSK Vermieterschutzkartei Deutschland-GmbH & Co.KG, die bekanntlich private Unternehmen sind, durchsetzbar ist. Nach der Meinung von Fachleuten ist ein Schufa-Eintrag nur noch erlaubt, wenn die betreffende Person eingewilligt hat oder die Verarbeitung zur Erfüllung eines Vertrages oder zur Wahrung der berechtigten Interessen der Schufa notwendig ist (Art. 6 Abs. 1 DSGVO).

Ein aktuelles Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 6.9.2018 (16 U 193/17) zeigt, dass man die Löschung von Presseartikeln nicht in jedem Fall verlangen kann.

Das OLG hat entschieden, dass es Google nicht generell untersagt werden darf, ältere negative Presseberichte über eine Person in der Trefferliste anzuzeigen, selbst wenn diese Gesundheitsdaten enthalten (Urt. v. 6.9.2018, Az. 16 U 193/17).

Im Jahr 2011 wies der X Mittelhessen (ein gemeinnütziger Verband) ein Defizit von knapp 1 Mio. EUR auf. Der Kläger meldete sich kurz zuvor aufgrund gesundheitlicher Probleme krank. Die Presse berichtete wiederholt über die finanzielle Schieflage des X Mittelhessen, teils unter Nennung des Namens des Klägers sowie der Tatsache, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht im Dienst befinde. Der Kläger begehrte von Google, dass bestimmte Links mit seinem Namen nicht mehr publiziert werden sollten.

Die Vorinstanz meinte: Auch unter Berücksichtigung des "Rechts auf Vergessenwerden" und der Rechtsprechung des EuGH überwiege das öffentliche Interesse an der Auffindbarkeit der betroffenen Artikel das Interesse des Klägers an deren Nichtauffindbarkeit.

Das OLG legte dem Urteil das neue Recht zugrunde, weil der Kläger einen in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend machte und der Anspruch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegeben sein musste.

Im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung waren die Berichterstattungen rechtmäßig. Diese enthielten wahre Tatsachenbehauptungen, die grundsätzlich hinzunehmen sind, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind. Die Vorinstanz hätte auch zu Recht befunden, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an einer Berichterstattung bestand. Immerhin war die X Mittelhessen mit damals mehr als 500 Mitarbeitern und über 35.000 Mitgliedern in einer finanzielle Schieflage und der Geschäftsführer konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Restrukturierung mitwirken. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass Google die Berichterstattungen trotz der darin enthaltenen Angaben zum Gesundheitszustand des Klägers mit der Ergebnisliste verlinkt hat. Der Zeitablauf von 6 bis 7 Jahren seit der Veröffentlichung der Artikel lässt nicht eindeutig auf die Erledigung jeglichen Informationsinteresses schließen, auch wenn sich die finanzielle Situation des X Mittelhessen mittlerweile gebessert hat und der Kläger dort auch nicht mehr tätig ist. Deshalb liege auch in dieser Hinsicht keine offensichtliche Rechtsverletzung vor.

Das OLG vertritt deshalb die Auffassung, dass der Kläger (noch) keinen Unterlassungs- bzw. Löschungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des "Rechts auf Vergessen" hat.

Interessant ist, wie das OLG über die räumliche Anwendbarkeit der DSGVO urteilte, da Google in der USA ansässig ist. Datenverarbeiter ohne Niederlassung in der Union unterstünden der DSGVO (Art. 3 Abs. 2 DSGVO), soweit sie, gleich ob entgeltlich oder unentgeltlich, Daten von Personen in der EU verarbeiten, sofern die Datenverarbeitung damit in Zusammenhang steht, den betroffenen Personen in der Union Waren oder Dienstleistungen anzubieten.

  • Ein anderer Fall ist die Publikation von Fotos. Das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) enthält einige Regeln darüber, was man fotografieren oder filmen darf und was man bei der Publikation zu beachten hat. Der Grundsatz lautet: Bildnisse oder Filme dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder veröffentlicht werden, das gilt auch für Arbeitgeber. Die Einwilligung zur Veröffentlichung gilt grundsätzlich als erteilt, wenn der Abgebildete ein Honorar erhält.

    Bei vielen Veranstaltungen wird üblicherweise fotografiert. Dabei kann man von einer sog. konkludenten bzw. stillschweigenden Einwilligung zum Fotografieren und sogar zum Publizieren der Fotos ausgehen. Allerdings muss man auch da vorsichtig sein, z. B. wird es niemand gern sehen, wenn peinliche Si...

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