Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
1) Die Pflichtenübertragung bringt eine Menge Unruhe unter den Führungskräften, die befürchten, dass sich ihre rechtliche Position verändert. Warum sollte sich der Arbeitgeber das antun?
Letztlich bringt eine verbindliche und für alle transparente Regelung der Verantwortung allen im Betrieb mehr Sicherheit und Gelassenheit im Umgang mit solchen Fragen. Machen Sie deutlich, dass keine zusätzlichen Pflichten abgewälzt werden, sondern bestehende Verantwortungsbereiche abgesteckt und überschaubar gemacht werden.
2) Warum sollte ich als Führungskraft eine Pflichtenübertragung unterschreiben, wenn ich mich dadurch im Schadensfall selbst haftbar mache?
Im Schadensfall spielen (anders z. B. als bei Beurteilungen durch Aufsichtsbehörden) weniger formale Kriterien eine Rolle, sondern die tatsächlich im Unternehmen bestehenden Strukturen. Die Haftung trifft denjenigen, der faktisch die Verantwortung für den relevanten Vorgang hatte. Kurz zusammengefasst bedeutet das: Man kann für einen eingetretenen Schaden auch ohne Pflichtenübertragung haftbar gemacht werden, wenn man die Verantwortung hatte, und umgekehrt auch nicht haften, selbst wenn man eine Pflichtenübertragung hatte – dann nämlich, wenn in der betrieblichen Praxis erkennbar jemand anderes den betroffenen Sachverhalt verantwortet hat.
Die schriftliche Pflichtenübertragung dient nicht primär der Klärung von Haftungsfragen im Schadensfall, sondern der sauberen Abgrenzung von Aufgaben und Zuständigkeiten im betrieblichen Alltag und damit einem verbesserten Sicherheitsniveau.
3) Wie können wir eine Pflichtenübertragung (auch ohne Hausjuristen) rechtlich fair und korrekt abwickeln?
Vorlagen für korrekte Pflichtenübertragungen sind verfügbar und problemlos anwendbar, z. B. auf den Seiten der GDA – Gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie: www.gda-orgacheck.de
4) Wir haben vor einiger Zeit eine Pflichtenübertragung durchgeführt. Sie wurde zunächst auch gut akzeptiert, ist aber jetzt in Vergessenheit geraten. Wie hält man das Bewusstsein für die übertragenen Pflichten lebendig?
Der Arbeitsschutz leidet immer unter dem Problem, dass dann wenn erfreulicherweise nichts passiert, praktische und organisatorische Maßnahmen an Priorität verlieren. Kurze, regelmäßige Inputs, am besten direkt und mündlich (z. B. in Form von einem Erfahrungsaustausch unter Führungskräften), helfen, das Thema aktuell zu halten. Die betrieblichen Fachleute sind dabei gefragt, aktuelle Informationen so aufzubereiten, dass sie von den Vorgesetzten im Rahmen ihrer Aufgaben weiterverarbeitet werden können (z. B. Handzettel mit Unterweisungshilfen, Checklisten zu aktuellen Fragen) – schließlich soll und will nicht jede Führungskraft gleich Sicherheitsfachkraft sein.