Zusammenfassung
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen kann nach Erreichen des 65. Lebensjahres ohne Rentenabschläge in Anspruch genommen werden. Mit Rentenabschlägen kann diese Rente ab Vollendung des 62. Lebensjahres bezogen werden. Für vor 1964 geborene Versicherte gelten niedrigere Altersgrenzen. Wer z. B. im Jahr 1960 geboren ist, kann die Altersrente für schwerbehinderte Menschen frühestens nach Vollendung des 61. Lebensjahres und 4 Monaten mit Rentenabschlägen und nach Vollendung des 64. Lebensjahres und 4 Monaten ohne Rentenabschläge in Anspruch nehmen.
Sozialversicherung: Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist in § 33 Abs. 1 und 2 Nr. 4 i. V. m. §§ 37 und 236a SGB VI (Übergangsrecht) geregelt. Der Begriff der Schwerbehinderung wird in § 2 Abs. 2 SGB IX definiert.
Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.5.2011 (BSG, Urteil v. 11.5.2011, B 5 R 56/10 R) besteht Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen auch dann, wenn bei Herabsetzung des Grades der Behinderung auf unter 50 % der Beginn der Rente für schwerbehinderte Menschen noch in der sog. Schonfrist von 3 Kalendermonaten liegt.
Die Voraussetzung einer Schwerbehinderung bei Beginn der Rente setzt einen "Inlandsaufenthalt" bzw. den Aufenthalt in einem Gebiet, das dem Inland aufgrund von Europarecht oder Abkommensrecht gleichgestellt ist, voraus (BSG, Urteil v. 12.4.2017, B 13 R 15/15 R).
1 Anspruchsvoraussetzungen
Versicherte haben einen Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie
- das 65. Lebensjahr vollendet haben,
- bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind und
- die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen kann vorzeitig bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Die Rente wird dann um 3 % pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme vor Vollendung des 65. Lebensjahres gemindert (Rentenabschlag), maximal um bis zu 10,8 % (0,3 % x 36 Monate).
Keine Hinzuverdienstgrenzen mehr seit dem Jahr 2023
Seit dem 1.1.2023 kann eine vorgezogene Altersrente und damit auch die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Beachtung von Hinzuverdienstbeschränkungen in Anspruch genommen werden.
2 Ausweis über die Schwerbehinderung
Schwerbehinderte Menschen erhalten von den Versorgungsämtern auf Antrag einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch sowie die Art und der Umfang ihrer Behinderung. Mit dem Ausweis wird der Nachweis über die Schwerbehinderteneigenschaft geführt. In der Regel wird der Ausweis befristet für 5 Jahre ausgestellt.
Für einen Rentenanspruch muss ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 % vorliegen. Für behinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 30 % besteht im Arbeitsrecht die Möglichkeit, sich unter bestimmten Voraussetzungen schwerbehinderten Menschen gleichstellen zu lassen. Eine solche Gleichstellung löst jedoch keinen Rentenanspruch aus, da sie nicht auf das Rentenrecht übertragen wird.
2.1 Schwerbehinderteneigenschaft bei Rentenbeginn
Für den Rentenanspruch ist der Tag entscheidend, an dem die Schwerbehinderung eingetreten ist. Der Zeitpunkt der behördlichen Anerkennung ist für den Rentenanspruch nicht relevant. Die Schwerbehinderteneigenschaft muss ausschließlich bei Rentenbeginn – also direkt an diesem Tag – vorliegen.
Rentenbeginn
Die alters- und versicherungsmäßigen Voraussetzungen sind am 30.4. erfüllt.
Die versicherte Person ist ab 3.7. schwerbehindert.
Frühester Altersrentenbeginn wäre der 1.8.
Schwerbehinderung am Tag des Rentenbeginns
Eine ununterbrochen vorliegende Schwerbehinderung ist keine zwingende Voraussetzung für den weiteren Rentenbezug. Entfällt die Schwerbehinderteneigenschaft irgendwann nach dem Rentenbeginn, hat das für den Rentenbezug keine negativen Folgen. Es ist für den Fortbestand des Rentenanspruchs nicht von Bedeutung, ob sich z. B. der GdB auf unter 50 % vermindert oder Schwerbehinderung aufgrund eines Auslandsverzugs (außerhalb EU/EWR oder Schweiz bzw. Vertragsstaat) nicht mehr vorliegt.
2.2 Schwerbehinderteneigenschaft in der Schonfrist/Schutzfrist
Hat sich der GdB auf unter 50 % verringert, liegt also keine Schwerbehinderteneigenschaft mehr vor, und wird der Bescheid über die Anerkennung der Schwerbehinderung aufgehoben, so besteht die Schwerbehinderteneigenschaft für eine sog. Schonfrist (Schutzfrist) von 3 Kalendermonaten fort.
Schwerbehinderung in der Schonfrist
Schwerbehinderung liegt vor seit 2015. Am 10.5.2024 ergeht ein Bescheid über die Minderung des GdB von 50 % auf 30 %. Gegen den Bescheid wird kein Widerspruch erhoben. Die beantragte Altersrente soll beginnen
a) am 1.6.2024
b) am 1.9.2024
Die Schonfrist beträgt 3 Kalendermonate nach Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Verringerung des GdB, d. h. sie läuft nach Eintritt der Unanfechtbarkeit im Juni 2024 vom 1.7.2024 bis 30.9.2024.
Im Fall a) bestünde Anspruch auf die Altersrente für schwerbehinderte Menschen, da am Tag des Rentenbeginns die Schwerbehinderteneigenschaft noch fortbesteht. Im Fall b) ist dies nicht gegeben.
3 Anhebung der Altersgrenzen
Die A...