Zusammenfassung
Bei der Amtspflegschaft nimmt das Jugendamt bestimmte personen- oder sachbezogenen Angelegenheiten des Kindes wahr. Der Amtspfleger übernimmt die gesetzliche Vertretung des Kindes für den zugewiesenen Aufgabenbereich. Die Amtspflegschaft wird vom Gericht angeordnet.
Sozialversicherung: Nach § 55 SGB VIII wird das Jugendamt in den vom BGB genannten Fällen tätig und überträgt die Aufgaben der Pflegschaft auf einen seiner Beamten oder Mitarbeiter. Die Pflegschaft ist seit Inkrafttreten des "Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts" vom 4.5.2021 (BGBl. I S. 882) zum 1.1.2023 in den §§ 1809 ff. BGB und §§ 1882 ff. geregelt:
- §§ 1809 bis 1812 BGB bestimmen einzelne Arten der Pflegschaft,
- § 1813 BGB erklärt, dass die Vorschriften des Vormundschaftsrechts grundsätzlich entsprechend gelten,
- §§ 1882 bis 1887 BGB regelt sonstige Pflegschaften (teilweise nur für Volljährige),
- § 1888 BGB erklärt, dass die Vorschriften des Betreuungsrechts grundsätzlich entsprechend gelten.
1 Arten der Pflegschaft
Es gibt verschiedene Arten der Pflegschaft. In der Praxis waren die Ergänzungs- und Ersatzpflegschaft für Minderjährige und die Leibesfruchtpflegschaft für einen gezeugten aber noch ungeborenen Menschen für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe am relevantesten.
Die bisher in § 1909 Abs. 3 BGB a. F. vorgesehene Möglichkeit der Ersatzpflegschaft entfällt durch die Neuregelungen des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts. Durch die Einführung des vorläufigen Vormunds gibt es keinen Anwendungsbereich für den Ersatzpfleger mehr. Die bisher erfassten Fälle, nämlich die Fälle, in denen zwar die Voraussetzungen der Vormundschaft vorliegen, jedoch die Angelegenheit nicht aufgeschoben werden kann, bis der Vormund bestellt ist, können durch die Bestellung des Vereins oder des Jugendamts als vorläufigen Vormund gelöst werden.
Die bisher in § 1909 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. geregelte Zuwendungspflegschaft wird nunmehr in § 1811 BGB insgesamt geregelt. Diese ist ein besonderer Fall der Ergänzungspflegschaft.
1.1 Ergänzungspflegschaft
Die Ergänzungspflegschaft für Minderjährige wird gem. § 1809 Abs. 1 BGB angeordnet, wenn die Sorgeberechtigten (Eltern, Vormund) tatsächlich (z. B. Krankheit, Abwesenheit wegen Haft) oder aus rechtlichen Gründen (z. B. teilweiser Entzug des Sorgerechts oder Kind klagt gegen den gesetzlichen Vertreter), an der Wahrnehmung bestimmter Angelegenheiten verhindert sind.
Die durch die Reform neu eingeführten Pfleger nach §§ 1776, 1777 BGB sind keine Ergänzungspfleger, denn der Vormund ist nicht verhindert. Vielmehr werden diese Pfleger bestellt, weil ihre Bestellung dem Wohl des Mündels dient.
1.2 Pflegschaft für ein ungeborenes Kind
Die Pflegschaft schützt das ungeborene Leben und sichert künftige Rechte des gezeugten aber noch nicht geborenen Kindes, z. B. die Erbschaft. Zugunsten des bereits gezeugten, noch nicht geborenen Kindes muss ein Fürsorgebedürfnis bestehen. Die künftigen Eltern dürfen keine elterliche Vertretungsmacht haben.
2 Anordnung des Gerichts
§ 1813 BGB regelt die Verweisung auf das Vormundschaftsrecht sowie Ausnahmen hierzu. Mithin gelten grds. die Regelungen über die Auswahl und Bestellung des Vormunds für die Pflegschaften nach den §§ 1809 ff. BGB entsprechend.
3 Beendigung der Pflegschaft
Die Pflegschaft eines Minderjährigen endet mit der Beendigung der elterlichen Sorge oder der Vormundschaft, im Falle der Pflegschaft zur Besorgung einer einzelnen Angelegenheit mit deren Erledigung. Die Pflegschaft für ein ungeborenes Kind endet mit der Geburt.
Die Pflegschaft zur Besorgung einer Angelegenheit endet mit deren Erledigung. Die Pflegschaft ist aufzuheben, wenn der Grund für die Anordnung der Pflegschaft weggefallen ist.
4 Aufgaben des Jugendamts
Das Jugendamt überträgt die Ausübung der Aufgaben der Amtspflegschaft an einen seiner Beamten oder Angestellten. Dieser nimmt die gesetzliche Vertretung des Kindes wahr. Amtspfleger bleibt das Jugendamt. Die Amtspflegschaft ist gegenüber der Pflegschaft durch eine geeignete Einzelperson subsidiär.