Zusammenfassung

 
Begriff

Eine Person ist aufsichtspflichtig, wenn ihm Minderjährige oder Volljährige, die wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands beaufsichtigt werden müssen, zur Erziehung oder Betreuung anvertraut sind. Sie hat die Aufgabe, den Aufsichtsbedürftigen vor Schäden zu bewahren und zu verhindern, dass andere Menschen durch ihn einen Schaden erleiden. Die Aufsichtspflicht kann gesetzlich oder vertraglich geregelt sein. Ihr Umfang richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die Aufsichtspflicht

1 Aufsichtsbedürftige Personen

Minderjährige oder wegen eines geistigen oder körperlichen Zustands aufsichtsbedürftige Personen (z. B. Personen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen) benötigen Aufsicht, wenn sie in der konkreten Situation des Schadensfalls nicht die notwendige Selbstkontrolle haben.[1]

[1] BGH, Urteil v. 15.4.1958, VI ZR 87/57.

2 Aufsichtspflichtige Personen

2.1 Aufsichtspflicht kraft Gesetz

Das Personensorgerecht steht kraft Gesetz folgenden Personen zu:

  • verheirateten Eltern gemeinsam[1],
  • unverheirateten Eltern gemeinsam bei Abgabe einer Sorgerechtserklärung oder Heirat[2],
  • unverheirateten Müttern alleine, wenn kein Antrag gestellt oder keine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben wurde[3],
  • Adoptiveltern gemeinsam[4],
  • Vormund und Pflegepersonen.[5]

2.2 Aufsichtspflicht kraft Vertrag

Die Aufsichtspflicht kann auch durch einen Vertrag (z. B. Aufnahme in eine Jugendgruppe oder in den Kindergarten, bei Jugendreisen oder die Betreuung durch einen Babysitter) übernommen werden. Die Anforderungen an einen Vertrag sind gering. Er kann auch mündlich oder durch die tatsächliche Übernahme der Aufsichtspflicht zustande kommen.

 
Hinweis

Übertragung der Aufsichtspflicht an einen Minderjährigen

Die Übertragung der Aufsichtspflicht an einen Minderjährigen ist nur mit der Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter (Eltern) möglich.

3 Inhalt

Die geschuldeten Aufsichtspflichten hängen von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich ist dabei das Gefahrenpotenzial, das durch die unbeaufsichtigte Tätigkeit des Aufsichtsbedürftigen im konkreten Fall entstehen kann.

Der Aufsichtspflichtige muss den Aufsichtsbedürftigen

  • beobachten
  • anleiten,
  • belehren,
  • warnen und
  • auf sein Verhalten Einfluss nehmen.

Art und Ausmaß der Aufsichtspflicht richten sich nach dem Entwicklungsstand des Aufsichtsbedürftigen, seinem zuvor gezeigten Verhalten sowie den konkret bedrohten Rechtsgütern .

4 Aufsichtspflichtverletzung

Kommt der Aufsichtspflichtige seinen Aufsichtspflichten nicht nach, kann er einer zivilrechtlichen Haftung gegenüberstehen.[1] Eine Haftung kommt aber nur in Betracht, wenn der Aufsichtspflichtige zumindest die erforderliche Sorgfalt eines durchschnittlichen Aufsichtspflichtigen außer Acht gelassen hat und dadurch einem Dritten ein Schaden entstanden ist. Mithin tritt keine Ersatzpflicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden wäre.

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