Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch eines Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen einen Rentenversicherungsträger wegen während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation weitergezahlter "aufstockender" Grundsicherungsleistungen bei Anspruch des Versicherten auf Übergangsgeld
Leitsatz (amtlich)
Ein Erstattungsanspruch eines Grundsicherungs- gegen einen Rentenversicherungsträger wegen "aufstockender" Leistungen bei Anspruch des Versicherten auf Übergangsgeld besteht nicht (entgegen BSG vom 12.4.2017 - B 13 R 14/16 R = SozR 4-4200 § 25 Nr 2).
Orientierungssatz
Es ist nicht möglich, nachträglich eine erbrachte Sozialleistung in eine vorläufige Leistung umzudeuten, um einen Erstattungsanspruch durchsetzen zu können.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.07.2018 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert des Verfahrens wird für beide Instanzen auf jeweils 172,52 € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von aufstockend gezahltem Arbeitslosengeld II in Höhe von 172,52 € hat.
Die bei der Beklagten versicherte A., geb. 17.06.1983, (nachfolgend Versicherte) absolvierte seit Oktober 2007 verschiedene Stationen der Berufspraxis (Kostenträger Agentur für Arbeit) als Verkäuferin/Kassiererin, die mit Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit (mit entsprechendem Leistungsbezug) wechselten, zuletzt ab 01.05.2012. Ab Oktober 2012 bezog die Versicherte im Anschluss an Krankengeld von der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit B., Arbeitslosengeld (Grundanspruch für die Dauer von 335 Kalendertagen ab dem 23.10.2012) in Höhe von 24,17 € kalendertäglich.
Am 12.08.2013 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Bewilligung einer Leistung zur stationären medizinischen Rehabilitation bei Z. n. Korrekturosteotomie bei Hallux valgus links (01/2013) mit Restbeschwerden und rez. depressiver Störung, die die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 01.10.2013 ablehnte. Auf den Widerspruch der Versicherten vom 12.10.2013 hin bewilligte die Beklagte mit einem "Bescheid im Eilverfahren" vom 03.02.2014 eine stationäre medizinische Rehamaßnahme im Reha-Zentrum BP für die Dauer von 3 Wochen, die die Versicherte dort in der Zeit vom 18.03.2014 bis 08.04.2014 absolvierte.
Mit weiterem Bescheid vom 26.03.2014 bewilligte die Beklagte der Versicherten für die Dauer der stationären Maßnahme Übergangsgeld in Höhe von 24,17 € kalendertäglich. Der Berechnung war hierbei das von der Versicherten seit 09.01.2013 bezogene Krankengeld in Höhe des kalendertäglichen Arbeitslosengeldes (24,17 €) zugrunde gelegt worden. Für die Dauer der Rehamaßnahme belief sich das Übergangsgeld auf insgesamt 507,57 €.
Mit Schreiben vom 24.03.2014 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er seit dem 01.10.2013 der Versicherten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - zahle. Nach seinen Feststellungen habe die genannte Person einen Anspruch auf Übergangsgeld. Hiermit mache er seinen "Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff SGB X" (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) geltend. Er weise darauf hin, dass dieses Schreiben gleichzeitig als Antragstellung nach § 5 Abs 3 SGB II gelte.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 07.04.2014 einen Erstattungsanspruch des Klägers ab. In den Fällen, in denen das Arbeitsentgelt bzw. die Entgeltersatzleistung (z. B. Krankengeld oder Arbeitslosengeld) zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreiche und deshalb ein zeitgleicher Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestehe, trete das zeitgleich gewährte Arbeitslosengeld II an die Stelle der bisherigen Sozialhilfe. Für dieses Arbeitslosengeld II habe der Träger der Grundsicherung keinen Anspruch auf Erstattung.
Mit Schreiben vom 16.04.2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die Versicherte von ihm Leistungen für Unterkunft und Heizung für März 2014 in Höhe von 112,30 € und für April 2014 in Höhe von 60,22 € erhalten habe. Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung waren nicht aufgelistet. Er gehe nach seinen Unterlagen davon aus, dass die Beklagte für den genannten Zeitraum nach § 102 SGB X in Höhe des genannten Gesamtbetrages von 172,52 € erstattungspflichtig sei.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 12.05.2014 den geltend gemachten Erstattungsanspruch wiederum ab. Nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts verbleibe es bei der Ablehnung der Erstattung des Arbeitslosengeldes II.
Am 11.06.2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 16 R 454/14 geführt wurde, mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 172,52 € zu zahlen. Er verwies auf eine Entscheidung des SG vom 23.07.2013 in einer anderen Streitsache (S 7 R 1103/12).
Die Beklagte wies mit Schriftsatz vom 18.07....