Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung. Pflegehilfsmittel. elektrisches Pflegebett

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Pflegebett kann als Pflegehilfsmittel unter die Leistungspflicht der privaten Pflegepflichtversicherung fallen (Abgrenzung zu BSG vom 25.1.1995 - 3/1 RK 63/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 13 und zu LSG München vom 29.6.2006 - L 4 KR 253/03 = Breith 2007, 283).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26. Mai 2011 insoweit aufgehoben, als darin die Beklagte verurteilt worden ist, die für das Pflegebett Völker 3082 K künftig anfallenden Folgekosten zu erstatten. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung der Kosten für ein Pflegebett Modell Völker 3082 K in Höhe von 5.923,67 € und die Übernahme der entstehenden Folgekosten in der privaten Pflegepflichtversicherung.

Der 1961 geborene Kläger und Berufungsbeklagte ist bei der Beklagten und Berufungsklägerin, einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, privat kranken- und pflegeversichert. Er leidet unter anderem an einer Muskeldystrophie, einer respiratorischen Insuffizienz und Myxödemen an Füßen und Unterschenkeln. Die erblich bedingte Muskeldystrophie ist 1993 zum Ausbruch gekommen und hat zu einer erheblichen Schwächung aller Muskeln geführt. Da auch die Atemmuskulatur betroffen ist, muss der Kläger nachts über eine Maske beatmet werden. Der Kläger kann weder selbstständig stehen noch gehen und ist in Pflegestufe II eingruppiert. Es liegt ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen G, aG, B und H vor. Zusätzlich leidet der Kläger an einem Morbus Basedow, der am 20.01.2007 diagnostiziert wurde. Dieser hat anfänglich zu einer Über-, später zu einer Unterfunktion der Schilddrüse geführt. Als Folge der Schilddrüsenerkrankung kam es zur Ausbildung von Myxödemen im April 2008.

Der Kläger war von der Beklagten am 31.01.2008 mit einem Pflegebett Modell Burmeier Westfalia versorgt worden, nachdem die von der Beklagten beauftragte Firma M. in einem Gutachten vom 01.06.2007 ein Pflegebett für erforderlich gehalten hatte. Die Firma M. hatte ausgeführt, dass bei dem Kläger das Be- und Entkleiden sowie die Einlagenversorgung teilweise im Liegen erfolgten und von einem kontinuierlichen Fortschreiten der Muskelerkrankung sowie sukzessiv eintretender Bettlägrigkeit auszugehen sei. Die Höhenverstellbarkeit des Pflegebettes werde die Pflegeperson im Sinne eines rückenschonenden Arbeitens entlasten. Ein Rotoflex-Einlegerahmensystem dagegen war in einem Gutachten der Firma M. vom 05.06.2007 nicht befürwortet worden. Die dadurch bewirkte Erleichterung beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen im Sinne einer selbstständigeren Lebensführung stelle keine Indikation für ein Pflegebett dar. Das selbstständige Aufsuchen und Verlassen des Bettes im Sinne einer selbstständigen Lebensführung könne auch mit dem Rotoflex-System nicht erreicht werden, da der Kläger hierfür ohnehin die Hilfe einer Pflegeperson benötige.

Mit Schreiben vom 17.10.2009 bescheinigte die Ärztin A. P. des Klinikums der LMU B-Stadt die Notwendigkeit eines elektrischen Pflegebetts mit unterteilten Bettgittern, die der Kläger für das Abstützen und zum Hochziehen benötige. Der Kläger sei mit einem Pflegebett der Firma Völker in der Klinik sehr gut zurecht gekommen. Ein Transfer vom Bett in seinen elektrischen Rollstuhl sei ohne große Hilfe möglich und auch nachts könne der Kläger eigenständig die Toilette aufsuchen. Dies würde eine große Entlastung der ihn pflegenden Angehörigen bedeuten.

Am 23.10.2009 verordnete der Neurologe Dr. S., Oberarzt an der Neurologischen Klinik und Poliklinik der LMU B-Stadt, dem Kläger ein Pflegebett Typ Völker 3080 K. Durch die progressive Muskelerkrankung sei eine selbstständige Lagerung des Patienten im vorhandenen Standardpflegebett unmöglich und führe zu schmerzhaften Überlastungen und Traumatisierungen der Schulter-, Arm- und Handmuskulatur. Das Völker-Pflegebett ermögliche das selbstständige Umlagern des Patienten während der Nacht durch beidseitige Haltemöglichkeiten an geteilten Kopf-/Fuß-Bettgittern und bessere Verstellmöglichkeiten. Die im Standardpflegebett nicht mögliche Stufenlagerung sei für eine Drainage der Unterschenkelödeme erforderlich.

Mit Schreiben vom 07.11.2009 übersandte der Kläger der Beklagten die ärztliche Verordnung und einen Kostenvoranschlag für das Pflegebett Völker 3080 K und beantragte die Kostenübernahme.

Mit Schreiben vom 12.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag vom 07.11.2009 bezüglich der Kostenübernahme für ein Völker-Pflegebett ab. Lediglich kulanzhalber bot sie an, sich nach Ablauf der Fallpauschale für das Standardpflegebett ab Ende Januar 2010 mit 1.200 € zuzügl. Mehrwertsteuer an den Kosten für das Völker-Pflegebett zu beteiligen, vorausgesetzt, d...

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