Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichteinbeziehung von überlebenden nichtehelichen Lebensgefährten in die Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung. Witwerrente. Lebenspartner. Nichteheliche Lebensgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung sieht keinen Anspruch auf Gewährung von Witwenrente an den überlebenden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vor.
2. Dies gilt auch dann, wenn die Lebenspartner gemeinsame Kinder haben.
3. In diesem Ausschluss liegt kein Verstoß gegen Art 6 GG (vgl BVerfG vom 17.11.2010 - 1 BvR 1883/10 = BVerfGK 18, 249).
Orientierungssatz
1. Ob im Zeitpunkt des Todes der versicherten Person eine rechtswirksame Ehe oder Lebenspartnerschaft mit der die Witwerrente bzw Witwenrente begehrenden Person bestanden hat, ist nach deutschem Familien- und Personenstandsrecht zu beurteilen. Das Sozialversicherungsrecht bietet insoweit keinen Ansatzpunkt für eine eigenständige Ausgestaltung.
2. Es ist gerechtfertigt, die Partner im Falle der Auflösung der Ehe durch Tod besserzustellen als Menschen, die in weniger verbindlichen Paarbeziehungen zusammenleben (vgl BVerfG vom 7.7.2009 - 1 BvR 1164/07 = BVerfGE 124, 199 sowie vom 17.11.2010 - 1 BvR 1883/10 aaO).
3. Art 6 Abs 5 GG begünstigt nur nichteheliche Kinder, nicht aber deren Eltern (vgl BVerfG vom 17.11.2010 - 1 BvR 1883/10 aaO).
Normenkette
SGB VI § 46 Abs. 2, 4; LPart § 1; GG Art. 6 Abs. 1, 4-5
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 17.12.2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Kläger hat den Betrag von 225,00 Euro an die Staatskasse zu zahlen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung seiner am 01.08.2011 verstorbenen nichtehelichen Partnerin.
Mit Schreiben an die Beklagte vom 26.08.2012 begründete der Kläger seinen " Antrag auf große Witwerrente ab dem 01.09.2011" damit, dass er im November 1989 seine Lebensgemeinschaft mit der Verstorbenen durch den Bezug und späteren Erwerb einer gemeinsamen Wohnung begründet habe. Unter Beachtung der gemeinsamen Erziehung ihrer am 07.04.1989 geborenen Tochter müsse ihm auch als unverheirateten Partner der Verstorbenen eine Witwerrente gewährt werden. Denn er sei als Lebensgefährte mit Kind als "Restfamilie" schutzwürdig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2013 lehnte die Beklagte die Rentengewährung im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger sei weder Ehegatte noch Lebenspartner im Sinne des § 46 Abs. 1, 2 und 4 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, SGB VI der Verstorbenen gewesen, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Witwerrentengewährung nicht erfüllt seien. Zum Zeitpunkt des Todes der Versicherten habe der Kläger mit ihr nicht in rechtskräftiger Ehe gelebt und § 46 Abs. 4 SGB VI beziehe sich nur auf die nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) eingetragene Lebenspartnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern.
Die hiergegen am 25.02.2013 zum SG München erhobene Klage hat der Kläger - der sich als Anwalt selbst vertritt - im Wesentlichen damit begründet, dass die Zeiten der gemeinsamen Kindererziehung nur der Mutter angerechnet worden seien und er jetzt allein die Kosten des Studiums der Tochter trage. Nach Art. 6 Abs. 1 GG dürften Ehe- bzw. Lebenspartner ohne Kinder nicht bessergestellt werden, als Lebensgefährten, die mit Kind eine Restfamilie bildeten. Bisher habe die Beklagte seine entsprechenden Argumente nicht gewürdigt; sie habe somit sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Der Begriff "Lebenspartner", wie er in § 46 Abs. 4 SGB VI verwendet werde, sei auslegungsfähig und familienfreundlich auslegbar. Wieso unter "Lebenspartner" im Sinne des § 46 Abs. 4 SGB VI nur der "eingetragene Lebenspartner" zu verstehen sei, habe die Beklagte nicht nachvollziehbar begründet.
Auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.2013 hat das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei weder Ehegatte noch Lebenspartner im Sinne des § 46 SGB VI der Verstorbenen gewesen. Unter Lebenspartnerschaft sei nur die eingetragene Lebenspartnerschaft zu verstehen, was sich bereits aus Satz 2 des § 46 Abs. 4 SGB VI ergebe, in dem dieser von der "Aufhebung oder Auflösung der Lebensgemeinschaft" spreche. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits am 30.03.1994 entschieden, dass eine Auslegung im Lichte von Art. 6 GG nicht zu einem Anspruch auf Hinterbliebenenrente eines nichtehelichen Lebensgefährten führe (B 4 RA 18/93). Die Verfassungsbeschwerde dagegen habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 1302/94). Dass das Rentenversicherungsrecht nach wie vor keine Anhaltspunkte für eine eigenständige, vom Eherecht losgelöste Ausgestaltung des Ehebegriffes biete, habe a...