Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht. Familienbetrieb. Persönliche Abhängigkeit. Eingliederung in den Betriebsablauf. Weisungsrecht. Unternehmerrisiko. Verfügungsmöglichkeit über eigene Arbeitskraft. Steuerrechtliche Behandlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Arbeitsverhältnis ist anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
2. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies anzunehmen, wenn der Beschäftigte in den Betriebsablauf eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, wobei dieses sich je nach der Verantwortungsbereitschaft in einem engen oder auch einem weiten Rahmen bewegen kann.
3. Der Arbeitnehmer ist auch frei von Geschäftsrisiken bzw. wirtschaftlichem Engagement und besitzt keine eigene Betriebsstätte.
4. Eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit kennzeichnen dagegen die selbstständige Tätigkeit.
5. Dabei ist die steuerrechtliche Behandlung der erzielten Einkünfte ein gewichtiges Indiz.
Normenkette
SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1; AFG § 168 Abs. 1; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 Nr. 1; SGB IV § 7 Abs. 1
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 15. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen der Versicherungspflicht der Klägerin in der Zeit ab 1. Januar 1997.
Die 1969 geborene Klägerin stellte mit Schreiben vom 7. März 2006 bei der DAK C. den Antrag auf Überprüfung ihrer Sozialversicherungspflicht. Sie habe 1987 ihre Lehre als Einzelhandelskauffrau beendet und seither mit voller Verantwortung im Familienbetrieb ihrer Eltern gearbeitet. In den Geschäftsablauf sei sie ihren Eltern gegenüber ebenbürtig eingebunden und unterliege keinem Weisungsrecht. 1997 sei das Warenangebot erheblich erweitert worden, sodass ein weiteres Geschäft habe eröffnet werden müssen. Dieses Geschäft habe sie seit Beginn selbst geleitet und dabei den Einkauf und Verkauf getätigt, an Messen teilgenommen sowie das Personal selbst ein- und ausgestellt. Sie sei deshalb nicht als Angestellte tätig, zumal sie das Geschäft eines Tages übernehmen werde. Deshalb leiste sie auch eine wesentlich höhere wöchentliche Arbeitszeit und habe auf höheren Lohn verzichtet, da das Gesamtbetriebsergebnis beachtet werden müsse. Ihre Arbeitszeit gestalte sie nach Belieben. Sie gab an, an sechs bis sieben Tagen wöchentlich circa 80 Stunden zu arbeiten. Die Tätigkeit werde nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt, an Weisungen sei sie nicht gebunden und könne die Tätigkeit frei bestimmen. Aufgrund besonderer Fachkenntnisse wirke sie an der Führung des Betriebes mit, die Mitarbeit sei durch Gleichberechtigung zum Betriebsinhaber geprägt. Ein Urlaubsanspruch oder eine Kündigungsfrist sei nicht vereinbart (gesetzlich), bei Arbeitsunfähigkeit werde für sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortgezahlt. Das Gehalt bestimme sie selbst anhand des Betriebsergebnisses, deshalb falle es niedriger aus. Es werde auf ein privates Bankkonto überwiesen. Vom Arbeitsentgelt werde Lohnsteuer entrichtet und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht. Der Betrieb werde als Einzelunternehmen geführt, sie selbst sei nicht am Betrieb beteiligt und habe auch keine Darlehen und Bürgschaften oder Sicherheiten übernommen. Diese Angaben wurden von der Klägerin selbst und im Namen der Firma S. von ihrem Vater bestätigt. Zeugnisse über die Berufsausbildung und Weiterbildungskurse wurden vorgelegt.
Die Beklagte leitete den Vorgang an die damalige Deutsche Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz zur Abstimmung der versicherungsrechtlichen Beurteilung weiter. Nach deren Auffassung steht die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Arbeitgeber. Für eine abweichende Beurteilung bestehe kein Raum.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die überwiegenden Merkmale die für die Annahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sprechen. Maßgebend sei das Gesamtbild des Beschäftigungsverhältnisses. Gegen die versicherungspflichtige Beschäftigung sprächen zwar das Fehlen von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und eine fehlende beziehungsweise eine geminderte Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber aufgrund familienhafter Rücksichtnahme. Ausschlaggebend sei aber, dass die Indizien für die Annahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung überwiegen. Dabei handle es sich um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung für mindestens sechs Wochen, die regelmäßige Zahlung des Arbeitsentgelts, das als Betriebsausgabe verbucht werde, sowie der Bezug sonstiger Vergütungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Für die abhäng...