Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Nachrangregelung des § 103 Abs 4c S 3 SGB 5. Auswahl zwischen mehreren Bewerbern um eine Zulassung bei partieller Entsperrung eines Planungsbereichs zugunsten eines Quotensitzes. entsprechende Anwendung
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 103 Abs 4c S 3 SGB V ist im Rahmen der Auswahl zwischen mehreren Bewerbern um eine Zulassung bei partieller Entsperrung eines Planungsbereichs zugunsten eines Quotensitzes entsprechend anzuwenden.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.07.2021, Az.: S 43 KA 10/21, sowie der Beschluss des Beklagten vom 20.10.2020 (Az.: 071/20 ) insgesamt (Ziffern 1 bis 3) aufgehoben und der Beklagte verurteilt, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte - Schwaben - vom 06.05.2020 sowie den Antrag der Klägerin auf Genehmigung der Beschäftigung von Dr. N, FA'in für Innere Medizin und Rheumatologie, im MVZ, R-Straße, K-Stadt mit 20 Wochenstunden unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung der Klägerin im Rahmen einer Auswahlentscheidung nach partieller Entsperrung des Planungsbereichs im Rahmen der Quotenregelung.
Die Klägerin ist Trägerin eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) am Standort R-Straße in K-Stadt. Ihre alleinige Gesellschafterin ist die H GmbH.
Gegründet wurde das MVZ am 22.12.2004 in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit den Gesellschaftern Dr. H1 und Dr. H2.
Mit Beschluss des Zulassungsausschusses (ZA) vom 12.06.2019 wurde im Rahmen eines Trägerwechsels die Zulassung des MVZ mit der neuen Trägergesellschaft H GmbH K-Stadt Allgäu als Kapitalgesellschaft zum 01.07.2019 bestätigt. Seit dieser Zeit ist Dr. H1 nicht mehr als Vertragsarzt, sondern als angestellter Arzt im MVZ tätig.
Mit Beschluss des ZA vom 03.12.2019 wurde festgestellt, dass der bisherige Gesellschafter der H GmbH MVZ K-Stadt-Allgäu, Dr. H1, zum 27.06.2019 als Gesellschafter und damit auch als Gründer aus der Trägergesellschaft des MVZ ausscheide. Weiter stellte der ZA fest, dass die H GmbH ab 27.06.2019 alleinige Gesellschafterin der Trägergesellschaft des MVZ sei.
An der im März 2019 gegründeten H GmbH hielt zunächst der im MVZ tätige Arzt Dr. H1 26.000 Geschäftsanteile und war mithin zu 100 % an der Gesellschaft beteiligt. Am 27.06.2019 erfolgte eine Erhöhung des Stammkapitals der GmbH auf 27.000 €, wobei 1.000 weitere Geschäftsanteilen á 1 € an Dr. H1 persönlich ausgegeben wurden, der wiederum seine bisherigen 26.000 Geschäftsanteile an die H GmbH übertrug.
Der Beigeladene zu 8. ist Facharzt für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Rheumatologie und Gastroenterologie, die Beigeladene zu 9. Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie.
Mit Beschluss vom 13.12.2019 des Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern ergaben sich für den Planungsbereich Raumordnungsregion (ROR) Allgäu bei der Arztgruppe der fachärztlich tätigen Internisten für die Fachärzte für Innere Medizin und Rheumatologie sowie Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie (Rheumatologen) entsprechend § 13 Abs. 6 Nr. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedPl-RL) Zulassungsmöglichkeiten im Umfang eines halben Versorgungsauftrags bis der Mindestversorgungsanteil von 8% der regionalen Verhältniszahlen der fachärztlich tätigen Internisten überschritten ist (Quotenregelung).
Auf den Sitz bewarben sich der Beigeladene zu 8. mit einem Antrag auf Teilzulassung sowie die Klägerin mit einem Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 9. (20 Wochenstunden). Der Zulassungsausschuss Ärzte Schwaben ließ mit Beschluss vom 06.05.2020 den Beigeladenen zu 8. mit Wirkung zum 01.06.2020 im Umfang eines halben Versorgungsauftrages zu. Den Antrag der Klägerin lehnte er ab mit dem Argument, dass deren Bewerbung nur nachrangig zu behandeln sei, da die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten läge, die in dem MVZ selbst als Vertragsärzte tätig seien.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch erhoben. Die vom Zulassungsausschuss angewandte Nachrangigkeitsregelung des § 103 Abs. 4c Satz 3 SGB V gelte - wenn überhaupt - nur für Fälle der Praxisnachfolge, nicht aber im Fall einer partiellen Entsperrung. Es hätte daher zu einer echten Auswahlentscheidung kommen müssen, die zugunsten der Klägerin mit der Beigeladenen zu 9. hätte ausfallen müssen. Zudem sei der im MVZ tätige Dr. H1 100%iger Gesellschafter und Geschäftsführer der Trägergesellschaft des MVZ, so dass allein er die Geschicke des MVZ lenke. Maßgeblich sei nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.09.2020, B 6 KA 18/19 R, nicht die al...