Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. "voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation" iS des § 11 Abs 2a Nr 2 SGB 6. unmittelbarer Anschluss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Tatbestandsmerkmal "voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation" iS von § 11 Abs 2a Nr 2 SGB VI erfordert eine Prognose dahingehend, dass der Versicherte durch die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben voraussichtlich zu einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt befähigt werden kann (vgl BSG vom 26.2.2020 - B 5 R 1/19 R = SozR 4-2600 § 11 Nr 1).

2. Die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers nach § 11 Abs 2a Nr 2 SGB VI auch für die nachfolgenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben setzt einen inhaltlich notwendigen Zusammenhang der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit der vorangegangenen Leistung zur medizinischen Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers voraus.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.05.2018 aufgehoben und wird die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 60.089,56 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

In Streit steht die Erstattung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten G. (Versicherter) in der Zeit vom 02.04.2013 bis 01.07.2015 in Höhe von 60.098,56 EUR.

Der 1978 geborene Versicherte absolvierte im Jahre 1995 den Hauptschulabschluss. In der Folge durchlief er mehrere Ausbildungen und Umschulungen, ohne diese mit einem Abschluss zu beenden. In der Zeit vom 15.01.2003 bis 15.08.2007 besuchte er das O-K. ohne Abschluss (Wiederholung mehrerer Klassen aus Krankheitsgründen). Seit 2007 fanden mehrfach stationäre psychiatrische Behandlungen in der K-Klinik W. statt, zuletzt vom 16.01.2009 bis Anfang März 2009.

Im Oktober 2009 nahm der Versicherte für zwei Wochen an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der RPK (Rehabilitation psychisch Kranker) O. teil. In dem Kostenübernahmeantrag der RPK für die spätere Maßnahme im Jahr 2012 wurde ausgeführt, "über die Belastung der Rehabilitation kam es zur Wiedererkrankung". Nach erneuter stationärer psychiatrische Behandlung in der K-Klinik vom 09.10.2009 bis zum 26.11.2009 veranlasste die Klinik eine Heimunterbringung im Übergangswohnheim des gemeindepsychiatrischen Zentrums C., in dem der Versicherte bis 2012 lebte.

Der Versicherte nahm vom 15.08.2011 bis zum 23.09.2011 an einer von der Klägerin durchgeführten Berufsfindungsmaßnahme (BFW W-E.) teil. In dem Bericht vom 30.09.2011 wurde ausgeführt, dass dem Versicherten, der unter einem Z. n. paranoider Schizophrenie, V. a. schizophrenes Residuum und einem Z. n. schädlichem Gebrauch von Alkohol- und Cannabinoiden leide, aus aktueller psychiatrischer Sicht aufgrund der schweren Beeinträchtigung keine Umschulung für den ersten Arbeitsmarkt empfohlen werden könne. Der Versicherte habe in den letzten Jahren zahlreiche Versuche unternommen, eine berufliche Ausbildung zu absolvieren. Mehrfach seien in der Folge Krankheitsepisoden aufgetreten. Um eine erneute Überforderung zu vermeiden und eine psychische Stabilisierung zu ermöglichen und zu halten, sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Tätigkeit im geschützten Rahmen zu empfehlen. Eine erneute Überprüfung der Belastbarkeit für weiterführende rehabilitative Maßnahmen sei im weiteren Verlauf zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll.

Die Beklagte gewährte dem Versicherten vom 19.07.2012 bis zum 18.10.2012 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der RPK O. (Bescheid 20.04.2012). Auf den Kostenübernahmeantrag der RPK für die Zeit bis zum 18.04.2013 bewilligte die Beklagte eine Verlängerung bis zum 17.01.2013. Sie lehnte den weiteren Antrag auf Kostenübernahme der RPK vom 27.11.2012 auf Verlängerung der Maßnahme bis zum 18.07.2013 aufgrund der Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes vom 05.12.2012 ab (Bescheid 07.12.2012). Der ärztliche Dienst hatte an Hand des Zwischenberichtes der RPK O. vom 27.11.2012 vermerkt, "der Vorgang sei eilig an die Krankenkasse abzugeben; angestrebt werde eine Tätigkeit in einer WfbM. Bisher keine positive Erwerbsprognose". Die Beklagte stimmte bis zu einer Entscheidung der DAK O. einer Verlängerung bis zum 17.01.2013 vorerst zu.

Im Zwischenbericht der RPK vom 27.11.2012 wurden die folgenden Diagnosen benannt:

1. Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis,

2. Z. n. Alkohol- und Cannabisabusus, abstinent,

3. Z. n. Epilepsie in der Kindheit.

Der Versicherte sei hochmotiviert, die Rehabilitation mit einem für ihn zufriedenstellenden Ergebnis abzuschließen. Sein mittel- bis langfristiges Ziel sei vorerst eine vollschichtige Tätigkeit in einer WfbM. Auf der Grundlage der bisher vorliegenden Ergebnisse und des beobachteten Rehabilitationsverlaufs ließe sich ein Großpotential bezüglich der Zielerreichung ko...

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