Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechenbarkeit kassenärztlicher Leistungen, die an ärztliches Personal delegiert wurden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Delegation von Leistungen an ärztliches Personal kommt im vertragsärztlichen Bereich nur in Betracht, wenn es sich um angestellte Ärzte oder Assistenten handelt, deren Beschäftigung von den Zulassungsgremien genehmigt worden ist.

2. Die Durchführung einer Array-CGH-Analyse erfüllt nicht den Leistungsinhalt der GOP 11320 und 11321 EBM-Ä (juris: EBM-Ä 2008).

 

Normenkette

SGB V § 106d Abs. 2, 6, § 15 Abs. 1 S. 1, § 28 Abs. 1 S. 3, § 75 Abs. 1 S. 1, § 87 Abs. 1, 2 S. 1; SGB V a.F. § 106a Abs. 2 Sätze 1-3, Abs. 6; AbrPr-RL § 12 Abs. 1, § 20 Abs. 1; Ärzte-ZV § 32 Abs. 1 S. 1; BMV-Ä § 15 Abs. 1 S. 1, § 25 Abs. 1 S. 2; SGB X § 37 Abs. 2 S. 1, § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3, Abs. 4 Sätze 1-2; SGG § 54 Abs. 2, §§ 95, 197a Abs. 1 S. 1; VwGO § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.04.2022; Aktenzeichen B 6 KA 16/21 B)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 21.09.2016, S 21 KA 1179/13, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars der Klägerin für die Quartale 2/2007 bis 3/2010, verbunden mit einer Rückforderung in Höhe von 2.444.239,69 €. Die Klägerin nimmt als Fachärztin für Humangenetik mit Praxissitz in A an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Sie ist ärztliche Leiterin des "A".

Mit Schreiben vom 11.5.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die im Rahmen der Plausibilitätsprüfung maßgebliche Quartalsarbeitszeit von 780 Stunden im Quartal 1/2008 mit 1.797,72 Stunden überschritten habe. Darüber hinaus betrage der Zeitumfang der abgerechneten Leistungen an 24 Tagen mehr als 12 Stunden. Es lasse sich feststellen, dass ein Großteil der Quartals- sowie Tagesarbeitszeit für die genetischen Untersuchungen nach den EBM 2008 Ziffern 11320 -11322 (Nachweis oder Ausschluss von krankheitsrelevanten oder Krankheit auslösenden genomischen Mutationen) anfalle. Die Klägerin wurde aufgefordert, zu 35 namentlich benannten Patienten sämtliche Befunde bzw. Berichtsdokumentationen sowie weitere Unterlagen vorzulegen. In ihrer Stellungnahme vom 29.5.2009 und unter Übersendung der geforderten Unterlagen verwies die Klägerin u.a. darauf, dass in der Praxis auch angestellte Fachärzte für Humangenetik (Frau B, 10 Wochenstunden seit 1.1.2008, 30 Wochenstunden ab 1.1.2009) und Weiterbildungsassistentinnen (Frau A1 und Frau S in 2008 je halbtags) tätig seien.

Im Laufe des Plausibilitätsverfahrens stellte sich heraus, dass für die Weiterbildungsassistentin Frau A1 eine Genehmigung nur vom 7.4.2006 bis 31.3.2007 (Bescheid vom 14.4.2006) und für die Weiterbildungsassistentin Frau S eine Genehmigung vom 15.2.2006 bis 31.1.2010 (Bescheid vom 15.2.2006) vorgelegen hatte.

Die Beklagte ließ die von der Klägerin vorgelegten Dokumentationen durch das K(B)V Kompetenzzentrum Labor in N dahingehend überprüfen, ob die Befunde bzw. Indikationen die Abrechnung der GOP 11320, 11321 und 11322 in der erfolgten Art und Weise rechtfertigten und ob diese Leistungen vollständig erbracht wurden. Nach dieser Prüfung wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 16.4.2012 auf die im Rahmen der Überprüfung festgestellten Auffälligkeiten hin, u.a. auf die Abrechnung von Analysen mittels Array-CGH (Array-based Comparative Genomic Hybridization) in elf Fällen, die erst ab dem 1.1.2011 mit der GOP 11500 EBM berechnungsfähig seien sowie auf die Abrechnung von Analysen aus dem Probenmaterial der Eltern über die Krankenversicherungskarte des Kindes bzw. des Vaters über die Krankenversicherungskarte der Mutter in drei Fällen. Zu neun Fällen erfolgten Nachfragen. Nachfolgend weitete die Beklagte das Plausibilitätsverfahren auf die Quartale 2/2007 bis 3/2010 aus.

Die Klägerin übermittelte in einem Schreiben vom 1.10.2012 an den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, welches nachrichtlich auch an die Beklagte übersandt wurde, ihre Einschätzung zum Prüfverfahren. Dabei erläuterte sie auch das Verfahren der Array-CGH und führte hierzu aus:

"Grundlagen der Array-CGH

Die Array-CGH ist eine Methode der Molekulargenetik, denn bei der Array-CGH wird die Struktur der Chromosomen zerstört und die DNA des Patienten aus den Zellen isoliert. Die DNA des Patienten und eine Kontroll-DNA werden dann mittels PCR durch Fluoreszenzfarbstoffe markiert und auf einen Sonden-bestückten Array hybridisiert. Bei der Array-CGH handelt es sich also um eine Hybridisierung von Sonden und Patienten-DNA.

[...] Die Leistung wurde allgemein bis zur Einführung der indikationsbezogenen Ziffer 11500 mit den Leistungslegenden der Ziffer 11320 (92x) und der PCR-Ziffer 11321 (4x) abgerechnet. Die Ziffer 11321 (4x) steht für die PCR-Reaktionen, die notwendig sind, um die Patienten-DNA in PCR Reakti...

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