Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Abrechnungsprüfung durch Krankenkassen. Datenübermittlung. kein Anspruch auf unverschlüsselte Arzt- bzw Zahnarztnummer

 

Orientierungssatz

Die Krankenkassen haben im Rahmen der Abrechnungsprüfung nach § 106a SGB 5 keinen Anspruch auf Übermittlung der unverschlüsselten Arzt- bzw Zahnarztnummer, da diese über den sich aus § 295 Abs 2 SGB 5 ergebenden Anspruch der Krankenkassen auf Datenübermittlung hinausgeht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.04.2014; Aktenzeichen B 6 KA 19/13 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07. Juli 2009, S 38 KA 5148/07, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitgegenständlich ist die unverschlüsselte Übermittlung von Abrechnungsdaten für den beigeladenen Zahnarzt Dr. S... ab dem Abrechnungsquartal 4/06 mit den in der Klageschrift genannten Inhalten aus § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V, insbesondere die unverschlüsselte Übermittlung der Zahnarztnummer.

Zur Begründung machte die Klägerin in ihrer Klage vom 24.09.2007 geltend, sie habe schon in der Vergangenheit versucht, die entsprechenden Daten unverschlüsselt von der Beklagten zu erhalten. Dies sei jedoch von der Beklagten abgelehnt worden. Zum 31.12.2003 habe sich § 295 Abs. 2 Satz 1 SGB V entscheidend geändert. Nicht nur nach dem Wortlaut, sondern auch nach der Gesetzesbegründung sei nun davon auszugehen, dass die Daten nicht anonymisiert und auch nicht verschlüsselt zu übermitteln seien. Nur wenn dies der Fall sei, könne die Klägerin ihren gesetzlichen Aufgaben im Sinne von § 106 a Abs. 3 SGB V nachkommen.

Die Beklagte machte geltend, die Klage sei als unzulässiges Normenkontrollverfahren bereits unzulässig. Sie sei aber auch unbegründet, denn in der Festsetzung des Bundesschiedsamtes für die vertragszahnärztliche Versorgung vom 20.2.1995 (Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern) sei exakt geregelt, was und in welcher Form Daten zu übermitteln seien. Auch bestehe nach § 4 des Vertrages ein Verbot der Zusammenführung der unter § 1 Abs. 3 und § 2 genannten Daten durch die Krankenkassen. Einen Ausnahmefall stelle lediglich § 4 Abs. 2 des Vertrages dar. Im Übrigen sei gemäß § 295 Abs. 3 SGB V das Nähere zu der Datenübermittlung zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen als Bestandteil der Verträge nach § 82 Abs. 1 und § 87 Abs. 1 SGB V zu regeln. Nach dem neuen Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern auf der Basis der Bundesschiedsamtsentscheidung vom 30.01.2008 sei in dessen § 2 insbesondere Art und Inhalt der Abrechnungsunterlagen geregelt worden. Dort sei auch vorgesehen, dass die Zahnarztnummer verschlüsselt übermittelt wird (§ 2 Abs. 1 Ziffer 5). Zur Begründung wurde dort angeführt, § 295 SGB V verlange zwar die Übermittlung der Zahnarztnummer, dies jedoch ohne nähere Angaben. In § 293 Abs. 4 SGB V habe der Gesetzgeber dagegen ausdrücklich die unverschlüsselte Zahnarztnummer genannt. Insofern bestehe ein deutlicher Gegensatz der Normen. Der Gesetzgeber hätte auch in § 295 SGB V eine ausdrückliche Aussage treffen können. Die Beklagte ist der Auffassung, es sei Sache der am Bundesschiedsamtsverfahren beteiligten Krankenkassen bzw. deren Verbände gewesen, hier unmittelbar eine gerichtliche Überprüfung der Festsetzung der Verschlüsselung der Zahnarztnummer herbeizuführen. Im Übrigen sei auch auf § 16 des (neuen) Vertrages (Übergangsregelung) hinzuweisen.

Die Klägerin replizierte darauf, es handle sich um eine zulässige Leistungsklage. Begehrt werde nämlich nicht die Überprüfung der Schiedsamtsentscheidung, sondern die Herausgabe unverschlüsselter Daten. Trotzdem sei anzumerken, dass das Bundesschiedsamt seine Kompetenz überschritten und damit gegen § 295 Abs. 2 SGB V verstoßen habe. Die Klägerin könne ihren Prüfpflichten nach § 106 a Abs. 3 Ziffer 2 SGB V nicht nachkommen, wie entsprechende Beispiele zeigten. Das Bundesschiedsamt sei in seiner Entscheidung von der Anwendung des BEMA-Prüfmoduls ausgegangen und habe deshalb die nicht verschlüsselte Weitergabe von Daten für nicht notwendig erachtet. Die Beklagte behaupte, sie verwende ein ähnliches Prüfmodul. Dessen Inhalte seien aber nicht bekannt und auch nicht konsentiert. Die Beispiele würden zeigen, dass das Programm der KZVB “oberflächlich und falsch„ sei. Auch der Hinweis der Beklagten auf die Möglichkeit der Spitzenverbände, gegen die Schiedsamtsentscheidung vorzugehen, sei nicht zielführend. Denn die Klägerin sei nicht Adressatin des Beschlusses gewesen, könne also auch keine Anfechtungsklage erheben.

Das SG München hat die Klage mit Urteil vom 07.07.2009 abgewiesen. Es handle sich um eine zulässige allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGB V, denn begehrt werde die fortlaufende und unverschlüsselte Übermittlung von Abrechnungsdaten für einen bestimmten Zahnarzt, nicht jedoch eine Normenkontrollklage, gerichtet gegen den Vertrag über...

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