Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung: Gegenstandslosigkeit einer einem Facharzt für Neurologie erteilten Ausnahmegenehmigung zur Erbringung psychiatrischer Leistungen

 

Leitsatz (amtlich)

Waren Bestand oder Rechtswirkungen eines Verwaltungsaktes von vornherein für den Adressaten erkennbar an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, wird er gegenstandslos, wenn diese Situation nicht mehr besteht.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 09.11.2012 (S 28 KA 902/09) wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger berechtigt ist, auch ab dem Quartal 3/08 psychiatrische Leistungen nach dem Kapitel 21 EBM zu erbringen und abzurechnen.

Der Kläger ist seit 1993 als Neurologe in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beklagte erteilte dem Kläger auf Grundlage des Abschnitts 4a Nr. 7 Abs. 5 der "Ergänzenden Vereinbarung" vom 14.09.1995 am 16.12.1996, 06.03.1997, 18.06.1998, 09.12.1998, 16.12.1999 und 14.12.2000 jeweils befristete Ausnahmegenehmigungen zur Erbringung psychiatrischer Leistungen. Das BSG stellte mit Urteil vom 15.05.2002 (B 6 KA 22/01 R) fest, dass die Bescheide rechtswidrig gewesen seien, soweit die Beklagte die Genehmigung zur Erbringung von Leistungen nach Abschnitt G II EBM-Ä befristet hatte. Hinsichtlich des Hauptantrages des Klägers auf Feststellung, ohne spezielle Genehmigung die von ihm für erforderlich gehaltenen psychiatrischen Leistungen nach Abschnitt G II des EBM-Ä erbringen zu dürfen, war die Revision erfolglos.

Nach Einführung des EBM 2000+ zum 01.04.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums nach den Gebührenordnungspositionen 14220, 14221, 14222, 21220 und 21221. Mit Bescheid vom 23.05.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der hierfür erforderliche Sicherstellungsbedarf nicht gegeben sei. Daraufhin beantragte der Kläger bei der Beklagten am 25.06.2006 vorsorglich die Fortführung der psychiatrischen Versorgung seiner Patienten nach Kap. 21 EBM 2000+.

Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Bescheid vom 14.11.2006 die beantragte Genehmigung zur Abrechnung der Gebührenordnungspositionen 21215, 21216, 21217, 21220, 21221, 21230, 21231, 21232, 21233, 21310, 21311, 21320, 21321, 21330, 21340 EBM 2000+ ab dem 01.07.2006. Diese Leistungen dürften jedoch befristet bis zum 30.06.2008 wegen des nur diesbezüglich festgestellten Sicherstellungsbedarfs nur bei den Patienten durchgeführt werden, die der Kläger im Rahmen der bis 31.03.2005 gültigen Genehmigung zur Durchführung psychiatrischer Leistungen betreut habe. Die Beklage stützte die Genehmigung auf die Ziffer 3 der "Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM)". Hinsichtlich der Befristung knüpfte sie an die Vorgaben des BSG zur Regelermächtigungszeit an. Im übrigen wies sie darauf hin, dass die rechtliche Grundlage für die ursprüngliche Genehmigung des Klägers, die "Ergänzende Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes" vom 14.09.1995, Abschnitts 4a Nr. 7 Abs. 5, mit Einführung des EBM 2000+ und der damit einhergehenden neuen Ergänzenden Vereinbarung entfallen sei.

Mit Widerspruch vom 12.12.2006 wandte sich der Kläger gegen die zeitliche Befristung der Genehmigung sowie gegen die Beschränkung auf die bereits bisher bei ihm in Behandlung stehenden Patienten. Er verwies auf das Urteil des BSG vom 15.05.2002, wonach er einen Anspruch auf unbefristete Genehmigung habe. Es sei auch nicht erforderlich gewesen, den lediglich auf Beratung der Beklagten erfolgten erneuten Antrag auf Genehmigungserteilung zu stellen, da das Urteil des BSG vom 15.05.2002 weiterhin Bestand habe. Die Neuregelung im EBM 2000+ habe keine substantielle Änderung für die Fächer Neurologie und Psychiatrie getroffen. Die Behandlung neurologischer Patienten, bei denen zusätzlich psychiatrische Erkrankungen festgestellt würden, sei ein Schwerpunkt seiner Praxis. Da die Behandlung aufgrund seiner Weiterbildung in Psychiatrie einmal genehmigt worden sei, gehöre die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen zu seinen beruflichen Aufgaben. Im Rahmen mehrerer persönlicher Schreiben an den Vorsitzenden der KVB brachte der Kläger seinen Unmut darüber zum Ausdruck, dass die KVB das Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.05.2002, mit dem ihm eine unbefristete Genehmigung zur Erbringung psychiatrischer Leistungen zugestanden worden sei, vollständig ignoriere. Das Urteil des BSG sei nicht aufgehoben worden. Die Abrechnungsziffern im EBM 96 wie auch im EBM 2000+ seien inhaltlich identisch, so dass die ursprünglich erteilte unbefristete Genehmigung, die auf der ergänzenden Vereinbarung von 1995 beruht habe, weiter Bestand habe. Diese könne nicht einfach durch die KVB aufgehoben werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers ...

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