Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragserhebung gem § 183 SGB 7. landwirtschaftliches Unternehmen bzw Unternehmen der Jagden im Sinne des § 123 Abs 1 Nr 5 SGB 7. gesonderte Erhebung des Grundbeitrags für zwei Jagdreviere trotz Unternehmeridentität. kein Gesamtunternehmen. Festlegung, gesonderte Führung und Meldung der Jagdbezirke durch die staatliche Jagdbehörde. keine Ungleichbehandlung gegenüber landwirtschaftlichen Unternehmen
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff eines Unternehmens der Jagd im Sinne des § 123 Abs 1 Nr 5 SGB 7.
2. Ein Unternehmen der Jagd im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist durch das Recht zur Jagdausübung entsprechend den Bestimmungen des BJagdG und den sich daraus ergebenden flächenmäßigen Beschränkungen gekennzeichnet.
Orientierungssatz
Die gesonderte bzw doppelte Erhebung des Grundbeitrags für zwei angrenzende und wirtschaftlich sowie betriebstechnisch zusammenhängende Jagdreviere, die als Lehrreviere eines Landesjagdverbandes einer einheitlichen Leitung und Führung unterliegen, ist gem § 183 SGB 7 rechtmäßig.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Klage- und Berufungsverfahren auf jeweils 75,00 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Festsetzung des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2012 für zwei vom Kläger und Berufungskläger bewirtschaftete Jagdreviere streitig. Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte für jedes Jagdrevier neben dem Umlagebeitrag auch einen Grundbeitrag erhoben hat.
Der Kläger ist seit 1. April 2003 Pächter des Gemeinschaftsjagdreviers (GJR) W. mit 490 ha und des Einzeljagdreviers (EJR) L. mit 307 ha. Die Jagdreviere hat er in seiner Eigenschaft als Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Jagdverbandes e.V. (BJV) gepachtet. Beide Reviere werden gemeinsam als Lehrreviere des BJV genutzt. Die Landesjagdschule befindet sich im Bereich des GJR W.. Die Reviere unterstehen der einheitlichen Leitung des Klägers, der damit eine Aufgabe aus seinem Dienstvertrag mit dem BJV erfüllt. Zwischen den Revieren findet ein wechselseitiger Austausch von Arbeitskräften sowie Betriebsmitteln statt. Das Landratsamt (LRA) W-Stadt führt das EJR L. unter der Revier-Nr. 66, das GJR W. unter der Revier-Nr. 67. Für beide Reviere wird jeweils eine eigene Streckenliste und ein eigener Rehwildabschussplan abgegeben.
Der Kläger wurde von der Beklagten mit Aufnahmebescheid vom 4. Dezember 2003 wie folgt veranlagt: Unternehmen in L. (Unternehmer-Nr. 6xxx): Jagd mit 307 ha, Unternehmen W-Stadt (Unternehmer-Nr.: 6xxx): Jagd mit 490 ha. Mit einem Beitragsbescheid vom 26. März 2004 wurde der Kläger für die Umlage 2003 herangezogen. Der Beitragsberechnung wurden die Jagden der Betriebssitze L. und W-Stadt zugrunde gelegt. Es ergab sich ein Zahlbetrag in Höhe von 188,72 Euro (Bruttobeitrag von 141,72 Euro zuzüglich eines Grundbeitrages von 47,00 Euro). Es folgten die Beitragsbescheide für die Umlagen der Folgejahre. Ausgehend von einer Berechnung nach Flächenwert errechnete sich für das Jahr 2011 für beide Betriebssitze ein Beitrag in Höhe von 195,35 Euro (Umlagebeitrag von 120,35 Euro zuzüglich eines Grundbeitrages von 75,00 Euro; Beitragsbescheid vom 13. Januar 2012).
Abweichend von dieser bisherigen Praxis zog die Beklagte den Kläger für das Jahr 2012 nicht mit einem gemeinsamen Bescheid für beide Jagdreviere, sondern mit zwei gesonderten Bescheiden vom 29. Januar 2013 zur Beitragszahlung heran. Für das Unternehmen in W-Stadt errechnete sich eine Umlage in Höhe von 166,07 Euro (bestehend aus einem Umlagebeitrag von 91,07 Euro und einem Grundbeitrag von 75,00 Euro); für das Unternehmen in L. errechnete sich eine Umlage in Höhe von 115,11 Euro (bestehend aus einem Umlagebeitrag von 40,11 Euro und einem Grundbeitrag von 75,00 Euro). Der Grundbeitrag wurde mithin für jedes Jagdrevier gesondert erhoben.
Gegen beide Bescheide erhob der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch und beantragte, die Bescheide insoweit aufzuheben, als ein doppelter Grundbeitrag berechnet worden sei. Die doppelte Berechnung des Grundbeitrages sei nicht gerechtfertigt, da es sich bei den beiden gepachteten Revieren um ein Gesamtunternehmen im Sinne des
§ 123 SGB VII handele, nämlich um die Lehrreviere des BJV. Das GJR W. befinde sich im Umfeld der dortigen Landesjagdschule. Das angrenzende EJR L. sei ebenfalls Lehrrevier des BJV. Sinn und Zweck der zeitgleichen Anpachtung beider Reviere sei gewesen, dass im Lehrrevier alle relevanten Revierverhältnisse (Wald, Feld, Wiese) dargestellt werden könnten. Da der BJV nach den gesetzlichen Vorschriften nicht als Pächter auftreten könne, sei Pächter der Hauptgeschäftsführer des BJV, d.h. der Kläger. Dieser sei aufgrund seines Dienst...